01.10.2014 Startseite
Gliederung:
1. Ziele und Mittel
2. Verbrauch- und Umsatzsteuern
3. Einkommensteuer
4. Vermögen- und Erbschaftsteuer
5. Kraftfahrzeug- und Mineralölsteuer
6. Sozialabgaben
7. Gewinnsteuern und Kopfsteuern
8. Zölle und Subventionen
9. sonstige Steuern (Körperschaftsteuern, Grundsteuern, Gewerbesteuern)
Gliederung:
1. Einführung
2. Vermögensertragsteuer versus Vermögenssubstanzsteuer
3. Einmalige versus laufende Besteuerung
4. Zusatzbesteuerung für Kapitalerträge, da nur Arbeit Wert erzeuge?
5. Gesellschaftliche Funktionen der Vererbung
6. Germanische versus Römische Erbfolge
7. Freie Bestimmung des Erblassers
8. Gesetzliche Erbfolge
9. Einfluss der Erbschaftssteuer
4. Zusatzbesteuerung für Kapitalerträge, da nur Arbeit Wert erzeuge?
Wir hatten bereits gesehen, dass es bei der Einführung einer Vermögensteuer nicht darum geht, dass auch die Kapitalerträge genauso wie die Einkommen aus Arbeit besteuert werden. Die Einkommensteuer sah (zumindest bis zur Einführung der Abgeltungssteuer) schon immer die Besteuerung aller Arten von Erwerbseinkommen, also auch der Kapitalerträge vor. Um also auch die Besitzer von Kapital genauso wie die Arbeitnehmer zur Besteuerung ihrer Einkommen heranzuziehen, bedarf es keiner zusätzlichen Vermögensteuer, diese Besteuerung findet – oder sollte mindestens stattfinden – bereits im Rahmen der Einkommensteuer statt.
Nun ist es zwar – wie wir bereits gesehen haben – richtig, dass die Einführung der Abgeltungssteuer de facto dazu geführt hat, dass Einkommen aus Kapital nicht mehr der Progression unterliegen (dass also der Steuersatz bei Kapitalerträgen nicht mehr mit der Höhe des Einkommens ansteigt) und dass sogar der Steuersatz im Rahmen der Abgeltungssteuer auch bei gleicher Einkommenshöhe oftmals – und zwar gerade bei den höheren Einkommen – geringer ausfällt als bei gleich hohen Arbeitseinkommen. Das mag als ungerecht gelten und es mag auch eine Reform dieser Regelung notwendig machen. Die genannten beiden Mängel der Abgeltungssteuer (keine Progression und ein im Durchschnitt geringerer Steuersatz für Kapitaleinkünfte im Vergleich zum Lohneinkommen bei den Reicheren) lassen sich wie ebenfalls schon gezeigt, nicht über eine zusätzliche Vermögensteuer befriedigend beseitigen.
Bisweilen wird allerdings für Kapitalerträge deshalb eine zusätzliche Besteuerung gefordert, da man von der Überzeugung ausgeht, dass in Wirklichkeit nur Arbeit Wert erzeuge und dass Kapitalerträge nur deshalb möglich werden, weil die Kapitalgeber aufgrund ihrer Marktmacht in der Lage seien, für den Einsatz von Kapital einen Zins zu verlangen. Folgerichtig wurde deshalb im Mittelalter auf der Grundlage dieser Überlegungen ein generelles Zinsverbot gefordert.
Das Zinsverbot im Mittelalter geht auf das Zweite Laterankonzil von 1139 und auf das Konzil von Vienne von 1311 zurück. Danach durften für Geldkredite keine Zinsen erhoben werden. Obwohl in der Zwischenzeit in Europa das Zinsverbot aufgehoben wurde, hatte sich Papst Benedikt XIV. in seiner Enzyklika Vix pervenit von 1745 noch entschieden für ein allgemeines Zinsverbot ausgesprochen:
‚Die Sünde, die usura heißt und im Darlehensvertrag ihren eigentlichen Sitz und Ursprung hat, beruht darin, dass jemand aus dem Darlehen selbst für sich mehr zurückverlangt, als der andere von ihm empfangen hat […] Jeder Gewinn, der die geliehene Summe übersteigt, ist deshalb unerlaubt und wucherisch.
Erst Papst Pius VIII. hat schließlich in einem Schreiben vom 18. August 1830 an den Bischof von Rennes das Zinsverbot eigens aufgehoben.
Ein Zinsverbot findet sich weiterhin bis auf den heutigen Tag im Islam. Das Zinsverbot ist sogar ein zentraler Bestandteil dieser Religion. Im Koran steht in Sure 3, Vers 130:
‚Ihr Gläubigen! Nehmt nicht Zins, indem ihr in mehrfachen Beträgen wiedernehmt, was ihr ausgeliehen habt‘.
Folglich sind Zinsen auf festverzinsliche Wertpapiere als auch auf Guthaben auf Girokonten ausgeschlossen.
Schließlich sahen auch die meisten kommunistischen Staaten ein Zinsverbot vor. Entsprechend der marxistischen Lehre kann nur Arbeit Wert erzeugen, deshalb dürfe auch nur die Beschäftigung von Arbeitnehmern entlohnt werden, während der Bezug von Gewinnen in Form von Zinsen auf das eingebrachte Kapital eine Ausbeutung der Arbeitskraft darstelle.
Wenn wir uns die einzelnen Rechtfertigungsgründe, welche im Verlaufe der Geschichte zugunsten eines Zinsverbotes vorgetragen wurden, vor Augen führen, müssen wir feststellen, dass sie auf der einen Seite von falschen Vorstellungen über die Funktion des Kapitals und dem Zins ausgehen und dass auf der anderen Seite lediglich durch Umformulierungen gleicher Tatbestände das eigentliche Zinsverbot immer wieder umgangen wurde.
Es ist falsch, anzunehmen, dass nur durch Arbeit allein materielle Werte geschaffen werden. Der Wert einer Ware hat zunächst überhaupt nichts damit zu tun, auf welchem Wege ein Gut erzeugt wird und wie viel Arbeit zur Erzeugung dieses Gutes aufgebracht wurde. Der Wert eines materiellen Gutes wird vielmehr dadurch bestimmt, inwieweit ein materielles Gut notwendig ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Und da ein Ziel, das zu seiner Befriedigung materieller Güter bedarf, um so weniger erreicht werden kann, je weniger von diesen notwendigen Gütern vorhanden ist, steigt der wirtschaftliche Wert (der Preis) eines Gutes mit seiner Knappheit.
Diese Preissteigerung erfüllt dann auch die primäre Funktion, die Knappheit zu vermindern. Wenn der Preis eines Gutes wegen zunehmender Knappheit steigt, haben die Anbieter dieses Gutes einen Anreiz, von diesem Gut mehr zu produzieren und anzubieten, gleichzeitig haben die Nachfrager einen Anreiz, von diesem Gut weniger nachzufragen und nach Möglichkeit zu anderen Gütern überzuwechseln. Würde eine Preissteigerung oder sogar das Erheben eines Preises verboten, würde nur die Knappheit und mit ihr die hiermit verbundene Ungerechtigkeit verewigt, es wäre nichts gewonnen.
Die Vorstellung, dass eine Kreditgabe ohne jegliche Leistung und damit auch ohne jeglichen Nutzen erfolge, ist aus mehreren Gründen falsch. Hier wird stillschweigend und fälschlicher Weise Arbeit mit körperlicher Arbeit gleichgesetzt, auch der erwerbswirtschaftliche Einsatz von Vermögen bedarf durchaus einer gewissen geistigen Anstrengung. Fast mit jeder Kapitalanlage ist ein mehr oder weniger großes Risiko verbunden und dieses Risiko kann nur dann richtig eingeschätzt werden, wenn zuvor die Rentabilitätslage der betroffenen Unternehmungen erkundet wurde und wenn auch Vergleiche mit anderen Unternehmungen angestellt wurden.
Aber auch der Kapitaleinsatz als solcher stellt im Allgemeinen einen werterzeugenden Faktor dar. Fast alle Produkte können nur durch den Einsatz sowohl von Arbeit als auch Kapital erstellt werden. Ohne Einsatz beider Produktionsfaktoren kann kaum ein wirtschaftlicher Wert erzeugt werden. Auch hängt die Frage, welchen Nutzen ein Gut der Bevölkerung stiftet, nicht davon ab, wie viel Stunden Arbeit die Produktion dieses Gutes erfordert hat. Ein Handwerker kann z. B. noch soviel Arbeit aufgewandt haben, wenn er eine Ware geschaffen hat, welche keinen Käufer findet, weil sie nicht dem Bedarf der Konsumenten entspricht, ist auch kein wirtschaftlicher Wert geschaffen worden.
Fragen wir uns, für welche Leistung oder auch für welchen Aufwand denn ein Zins tatsächlich gezahlt wird. Ein Teil des Zinses dient immer dazu, den Wertverlust zu kompensieren, der durch die allgemeine Geldentwertung entsteht. Für Schulden gilt generell das Nominalprinzip: Wer einen Kredit in Höhe von z. B. 1000 € für zehn Jahre aufgenommen hat, hat nach zehn Jahren diesen nominellen Wert von 1000 € zurückzuzahlen, unabhängig davon, dass der Gläubiger nach zehn Jahren aufgrund der allgemeinen jährlichen Preissteigerungen mit dieser Geldsumme wesentlich weniger Waren kaufen kann.
Der Zins dient nun dazu, diesen realen Verlust zu ersetzen und dies bedeutet, dass der Zins bis zur Höhe der Inflationsrate nur einen Ausgleich für den bereits aufgrund der eingetretenen Inflation auftretenden Wertverlust darstellt. Dieser Teil des Zinses soll also einfach den mit der Kreditgabe verbundenen Wertverlust ausgleichen. Genauso wie jeder Verkäufer einer Ware einen Anspruch hat, im Preis die Herstellungskosten ersetzt zu bekommen, hat auch jeder Kreditgeber einen Anspruch, zumindest den durch Inflation hervorgerufenen realen Wertverlust ersetzt zu bekommen. In der Tat entspricht unter normalen Bedingungen der Zins von Bankguthaben und festverzinslichen Wertpapieren langfristig gerade der augenblicklichen Inflationsrate. Aufgrund einer verfehlten Politik der Zentralnotenbanken liegt der Zinssatz festverzinslicher Wertpapiere einschließlich der Bankguthaben zur Zeit sogar deutlich unterhalb der Inflationsrate.
Normaler Weise liegt der tatsächliche Zins nur dann wesentlich über der Inflationsrate, wenn mit der Kreditvergabe ein Risiko verbunden ist, wobei mit dem Risiko auch die Höhe des Zinses ansteigt. Auch hier gilt wiederum, dass mit der Übernahme eines Risikos für die Volkswirtschaft eine Wertsteigerung verbunden ist. Nur dadurch, dass die Bereitschaft besteht, auch für diejenigen Verwendungen Kredite zu vergeben, welche mit einem gewissen Risiko verbunden sind, kann die Produktion von Gütern sichergestellt werden. Fragen wir uns also, aus welchen Gründen die Herstellung von Waren Kapital voraussetzt und warum mit dieser Vergabe von Kapital in aller Regel mehr oder weniger hohe Risiken verbunden sind.
Kapital wird bei der Produktion von Gütern erstens deshalb benötigt, weil bei der industriellen Produktion Geld zum Kauf der notwendigen Rohstoffe und Halbfabrikate sowie der Bezahlung der Löhne für die Arbeitnehmer bereitgestellt werden muss. Die Zurückzahlung dieser Gelder kann erst nach vollendetem Verkauf dieser Waren – und damit erst sehr viel später – erfolgen. Im Produktionsprozess treten nun zahlreiche Risiken auf. Bei der Produktion können unvorhergesehene Unfälle auftreten, ein Teil der bisherigen Kunden reduziert die Nachfrage aufgrund eines veränderten Bedarfs oder auch deshalb, weil neue Produzenten in den Markt eingedrungen sind und ein Teil der bisherigen Kunden nun zur Konkurrenz aus nicht vorhersehbaren Gründen abwandert.
Kapital wird zweitens auch für jede Investition benötigt. Rein äußerlich betrachtet, dient das Kapital zum Ankauf von Maschinen und Werkzeugen. Aus der Sicht der Volkswirtschaft kommt jedoch in der Investition das Einschlagen eines Produktionsumweges zum Tragen. Dieser Zusammenhang lässt sich sehr gut anhand des Romans von Daniel Defoe über Robinson Crusoe erklären.
Danach wurde Robinson auf eine einsame Insel verschlagen und hauste dort als einziger Überlebender einer Schiffskatastrophe. Er versuchte dadurch zu überleben, dass er zunächst jeden Tag für seinen laufenden Bedarf Fische mit seinen bloßen Händen fing. Durch Nachdenken kam er zu der Einsicht, dass er den Ertrag an Fischen wesentlich steigern könnte, wenn er mit Hilfe eines Netzes Fische fängt. Hierzu musste er aber zuerst dieses Netz anfertigen und deshalb musste er bis zur Fertigstellung dieses Netzes mit weniger Fischen pro Tag auskommen. Sobald aber das Netz fertig gestellt war, konnte er pro Tag wesentlich mehr Fische fangen. Er hatte also mit der Herstellung des Netzes einen produktivitätssteigernden Produktionsumweg beschritten.
Jede Anfertigung einer Produktionsmaschine stellt einen solchen Produktionsumweg dar. Anstatt dass wir unterstellen, die von uns betrachtete Unternehmung kaufe in einem Investitionsakt eine fertige Maschine, können wir auch gedanklich unterstellen, dass die Arbeitnehmer in den ersten Perioden dazu abgestellt werden, die Maschine herzustellen und dass sie erst in den darauffolgenden Perioden dazu übergehen, die eigentlichen Produkte mit Hilfe dieser Maschinen zu fertigen. In der Wirklichkeit stellt ein Teil der Unternehmungen Maschinen her, die restlichen Unternehmer die Fertigprodukte, auch hier gilt, dass dann, wenn ohne Maschinen produziert würde, sofort wesentlich mehr Arbeitnehmer bei der Produktion der Fertigwaren beschäftigt werden könnten, wobei allerdings jeder einzelne Arbeitnehmer pro Tag wesentlich weniger Fertigprodukte anfertigen könnte.
Dieser Produktionsumweg erfordert nun einen wesentlich höheren Kapitaleinsatz und auch das hierdurch eingegangene Risiko ist entscheidend gestiegen. Die beanspruchte Geldsumme ist nun wesentlich höher, da die Verkaufserlöse nun nicht mehr bereits nach der ersten Periode, sondern erst nach mehreren Perioden erzielt werden, in den ersten Phasen werden ja nur die Maschinen hergestellt und die Produktion der eigentlichen Güter erfolgt erst nach Fertigstellung der Maschinen, also muss für mehrere Perioden das Geld zur Auszahlung der Löhne bereitgestellt werden, bevor die Kredite mit den Verkaufserlösen zurückgezahlt werden können.
Es ist auch leicht einsehbar, dass die Verlängerung der Zeit, für welche der Kredit bereitgestellt werden muss, auch den Umfang der Risiken erhöht, denn in jeder Periode können ja die oben aufgeführten Risiken auftreten, Unfälle und Abwanderung von Kunden werden natürlich um so wahrscheinlicher, je länger der Produktionsprozess dauert.
Risikobehaftetes Kapital wird drittens insbesondere für die sogenannten Innovationen, also für Erfindungen von neuen Gütern und neuen verbesserten Techniken der Produktion benötigt. Erfindungen müssen erst in aufwendigen Versuchen auf ihre Tauglichkeit untersucht werden. Der Produktionsumweg ist nun noch größer, da ja der Anfertigung der neuen Anlage die Erprobungsphase vorausgeht. Das damit verbundene Risiko ist noch größer als bei jeder normalen Investition, auf der einen Seite umfasst der Produktionsumweg weitere zusätzliche Perioden, auf der anderen Seite ist aber auch das Risiko eines unvorgesehenen Unfalls oder einer nicht voraussehbaren Käuferzurückhaltung gestiegen.
Ohne die Bereitschaft, dieses Risikokapital zur Verfügung zu stellen, könnten sehr viel weniger Investitionen und Innovationen durchgeführt werden und es wäre deshalb auch der materielle Wohlstand der Bevölkerung geringer. Somit dient die Bereitstellung von Risikokapital der Werterzeugung in gleicher Weise, wie auch durch Arbeitseinsatz im Allgemeinen Leistung erbracht wird. Es gibt keinen überzeugenden Grund dafür, dass nur die Arbeit, nicht aber auch der Einsatz von Risikokapital zu honorieren ist.
Auch muss man damit rechnen, dass in einer Volkswirtschaft, in welcher für Kapital kein Zins gezahlt werden muss, die Produktionsfaktoren nicht in die Verwendungen gelenkt werden, welche einen effizienten Einsatz garantieren. Wird nämlich für Kapital kein Zins gezahlt, so wird Kapital bei der Produktion genauso eingesetzt, als wäre es ein freies Gut, mit dem man verschwenderisch umgehen kann und das man auch in der Produktion von Gütern einsetzen kann, die sehr viel effizienter mit arbeitsintensiven Produktionstechniken hätten hergestellt werden können.
Obwohl hier also der Anschein erweckt wird, als wäre Kapital im Überfluss vorhanden, ist es in Wirklichkeit knapp wie jeder andere Produktionsfaktor. Der Umstand, dass man verbietet, für die Bereitstellung von Kapital einen Preis (Zins) zu verlangen, hebt ja die Knappheit nicht auf. Ganz im Gegenteil steigt die Knappheit, weil die Nachfrage nach Krediten bei einem Zins von Null ansteigt und gleichzeitig aber auch das Angebot an Kapital zurückgeht. (Man erhält kein Entgelt, obwohl man ein Risiko eingeht). Die Knappheit wird verewigt mit allen bereits oben beschriebenen negativen Folgen.
Diese Argumente richten sich nun nicht nur gegen ein Zinsverbot, sondern gleichermaßen gegen die Begründung, eine zur Einkommensteuer zusätzliche Vermögensteuer sei notwendig, da eigentlich nur aus Arbeit Leistung entstehe und deshalb auch nur Arbeit entlohnt werden dürfe.
Wir kommen also zu dem Ergebnis, dass für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer im Sinne einer Vermögenssubstanzsteuer keine überzeugenden Argumente vorgebracht wurden, auch nicht für den Versuch einer einmaligen Vermögensabgabe. Auf der einen Seite verletzt jede längere Zeit andauernde Vermögenssubstanzsteuer den im Artikel 14 Grundgesetz garantierten Eigentumsschutz. Auf der anderen Seite kann nicht davon ausgegangen werden, dass die zur Begründung einer einmaligen Vermögensabgabe aufgeführten Argumente wirklich einmaliger Natur sind.
5. Gesellschaftliche Funktionen der Vererbung
Wir wollen uns nun in einem zweiten Schritt etwas näher mit der Erbgesetzgebung befassen. Zum Verständnis darüber, wie die derzeitige Erbschaftssteuer gesamtwirtschaftlich zu beurteilen ist, müssen wir uns zunächst darüber klar werden, welche Rolle denn die Vererbung im Rahmen der Gesamtwirtschaft erfüllt.
Unser Grundgesetz basiert nicht nur auf der großen Bedeutung des Privateigentums für das Funktionieren der freien Marktwirtschaft, sondern auch der Familie als tragender Pfeiler unserer Gesellschaftsordnung. Die Vererbung ist jedoch eines der wenigen verbliebenen Elemente, welche die Familienordnung stützt. Wir müssen berücksichtigen, dass der Zusammenhalt der Familie gegenüber dem Mittelalter und der beginnenden Neuzeit aus mehreren Gründen heraus gefährdet erscheint, da mehrere Funktionen, welche die Familie früher zu erfüllen hatte, von anonymen Gesellschaften und vom Staat übernommen wurden. Das gilt sowohl für fast den gesamten Bildungsbereich als auch für die Altersversorgung. Man wird darauf achten müssen, die letzten Anreizsysteme, die eine Familie zusammenhält, nicht ebenfalls abzubauen und damit die Familie durch erneuten Funktionsabbau in ihrem Bestand und in ihrer Rechtfertigung zu gefährden, ohne dass aber die früher den Familien übertragenen Aufgaben genauso gut von diesen anderen Institutionen erfüllt werden können.
Zu den wenig verbliebenen Anreizsystemen für einen Zusammenhalt der Familie zählt auch die Möglichkeit, das Vermögen der Eltern auf die Kinder und auf nähere Verwandte zu vererben. Für denjenigen, der Vermögen an seine Kinder etc. vererben will, stellt eine Erbschaftssteuer einen negativen Anreiz dar. Vergleichen wir zwei Personen, die ein gleich hohes Einkommen erwirtschafteten und aus diesem Einkommen normale Einkommensteuern gezahlt haben. Der eine verwende sein Einkommen vorwiegend für Konsum und hat hierbei keine weiteren direkten Steuern zu zahlen, während der andere einen Teil seines Einkommens spart, um es seinen Kindern weiterzuvererben. Aus der Sicht des Erblassers erscheint es als ungerecht, dass die eine Verwendungsart seines Einkommens: das Sparen für die Nachkommenschaft einer zweiten direkten Besteuerung unterliegt, die andere Verwendungsart jedoch nicht, wobei diese Umstand besonders gravierend ist, da im allgemeinen Vorsorge für Kinder oder andere Verwandte als die Verwendungsart mit der – moralisch gesehen – höheren Qualität angesehen wird. Wer Vorsorge betreibt, verringert darüber hinaus die Gefahr, der Allgemeinheit im Notfall zur Last zu fallen.
In unserem Zusammenhang ist von entscheidender Bedeutung, dass mit der Bestrafung der Vererbung durch Besteuerung ein wichtiges Anreizelement zur Erhaltung der Familie gelockert wird.
Natürlich mag es richtig sein, dass aus der Sicht des Erbenden dieser Vorgang der Vererbung anders zu beurteilen ist. Das Erbe fließt dem Erben ohne eigene Leistung zu und insofern ist er begünstigt gegenüber einer anderen Person, welche die gleiche Leistung erbringt, aber kein Vermögen erbt. Aus dieser Sicht scheint es als nur gerechtfertigt, dass der Erbende einen Teil seiner Erbschaft an den Staat abführt.
Eine andere Beurteilung ergibt sich allerdings dann, wenn man sich nach den Zielen der Vererbung fragt. Vor allem bei Großvermögen handelt es sich zu einem großen Teil um Unternehmungen und es geht den Vererbenden im Allgemeinen darum, dass die Unternehmung weitergeführt werden kann. Hier könnte das Vererbungsziel bei einer hohen Erbschaftsteuer gefährdet erscheinen. Überhaupt kann man die Vermögensmasse einer Unternehmung nicht gerade als ein zur freien Verfügung stehendes Vermögen ansehen, sondern man wird der Sache gerechter, wenn man davon ausgeht, dass der Erbe mit der Unternehmung eine Aufgabe zugeteilt bekommt, zu deren Erfüllung er die Vermögensmasse benötigt. Er erhält das Erbe somit auch nicht umsonst, sondern vor allem deshalb, um auf diese Weise eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen zu können; die Gegenleistung erfolgt dann später bei der Führung der Unternehmung. Und wenn wir eine funktionierende Marktwirtschaft haben und hierzu zählt vor allem auch starke Konkurrenz, so hat der Erbende zumeist sehr wohl eine hohe Leistung aufzubringen, um vor der Konkurrenz zu bestehen und er wird dann auch nicht die Gelegenheit haben, das geerbte Vermögen zu verprassen.
Weiterhin gilt es zu berücksichtigen, dass Erbteile vor allem für Hausangestellte und Freunde als Gegenleistung für erbrachte Dienste verstanden werden. In diesem Falle ist eine Vererbungssteuer wiederum nicht berechtigt, da ja eine Art Gegenleistung, die bereits erbracht wurde, vorliegt. Hier verlangt die Gerechtigkeitsidee allein, dass Vermögenszuwächse wie jede andere Einkommenssteigerung besteuert werden sollten.
Vererbung rechtfertigt sich unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten sicherlich immer nur dadurch, dass mit der Vererbung auf der einen Seite der Zusammenhalt der Familie gefördert werden soll, auf der anderen Seite dem Erbenden aber auch Pflichten im Umgang mit dem Erbe zuwachsen. Hierzu kann der Vererbende in seinem Testament Auflagen machen, die sicherstellen sollen, dass das Vermögen von den Erbenden auch im Sinne des Erblassers verwaltet und gestaltet wird. Man könnte sich sogar vorstellen, dass der Gesetzgeber dem Erblasser gewisse Verpflichtungen auferlegt, und zwar für eine sachgerechte Nutzung des Erbes zu sorgen, schließlich bestimmt das Grundgesetz ausdrücklich, dass Eigentum sozial verpflichte.
In diesem Zusammenhang kommt der Vererbung weiterhin eine ganz entscheidende Bedeutung zum Zustandekommen einer Armutsbekämpfung zu. Für eine Armutsbekämpfung, der sich auch die Reichen nicht entziehen dürfen, ist von entscheidender Bedeutung der Familienzusammenhalt über die Generationen hinweg; dieser Zusammenhalt wird jedoch ganz entscheidend über die Möglichkeit der Vererbung gestärkt. Nur auf diese Weise können Unternehmungen Ziele verfolgen, welche die Kraft eines Einzelnen übersteigen, die auf Zeiträume angelegt sind, die über eine Generation hinausgehen.
Dies bedeutet jedoch, dass das Interesse an der Vererbung erhalten werden muss, vor allem zum Zusammenhalt der Familien. Wir erwähnten bereits, dass im Laufe der Geschichte ohnehin eine Vielzahl von Aufgaben, welche die mittelalterliche Familie zu erfüllen hatte, in der modernen Gesellschaft weggefallen ist, dass die Familien ihrer Aufgaben beraubt und damit funktionslos gemacht wurden und dass damit die Gefahr entstanden ist, dass die Familie als solche ihre überragende Rolle in unserer Gesellschaft verliert.
Nun sehen wir, dass die Vererbung nicht nur aus familienpolitischen Gründen, sondern auch im Rahmen der Umverteilungspolitik zugunsten der Armen eine ganz entscheidende Rolle spielt. Es besteht die Gefahr, dass man aus kurzfristiger Sicht und aus verteilungspolitischen Gründen heraus einen Großteil der Vererbungsmasse wegzusteuern versucht, dass aber auf diesem Wege gerade das wichtigste Umverteilungsziel: die Armutsbekämpfung geschwächt wird.
Auf der einen Seite erreicht man das kurzfristige Ziel, auf diese Weise die Vermögen der Superreichen für verteilungspolitische Ziele einzusetzen, nicht, weil sich die Superreichen zumeist - wohlbemerkt zumeist sogar auf legale Weise - der Besteuerung entziehen können, in dem sie ihr Vermögen ins Ausland transferieren und ins Ausland abwandern; gleichzeitig schwindet bei den Reichen mit dem Interesse an der Vererbung auch das Interesse, sich an einer Armutsversicherung zu beteiligen, wie wir weiter unten noch sehen werden.
Ähnliche Bedenken gelten für den Versuch, die Erbschaftsteuer drastisch zu erhöhen. Fast alle oben bei der Diskussion um die Wiedereinführung der Vermögenssteuer genannten Argumente gelten auch für das Ziel einer Erhöhung der Erbschaftssteuer. Wiederum müssen die Superreichen herhalten, diese Maßnahme zu rechtfertigen, wiederum werden jedoch de facto die Superreichen nicht belastbar sein, da sie ihr Vermögen in die Länder transferieren können, die keine oder eine wesentlich geringere steuerliche Belastung bei der Vererbung vorsehen, wiederum wird die Hauptlast einer mittleren Gruppe zufallen. Auch hier gilt wiederum, dass die eine Aktivität, das Vererben von Vermögen an die Nachkommen, das allgemein gesellschaftlich als positiv eingestuft wird, de facto durch Besteuerungen bestraft wird gegenüber derjenigen Aktivität, bei der das Einkommen konsumtiv ausgegeben wird.
Eine Besteuerung dieses Vermögens bei der Vererbung schafft Anreize, weniger für die Nachkommen zu tun und in diesen Anreizen liegt sicherlich eine unerwünschte Dysfunktion. Die Bürger sollten vielmehr angehalten werden, im Sinne der Forderung nach Nächstenliebe möglichst viel für andere zu tun und sollten deshalb nicht finanziell schlechter gestellt werden und finanziell bestraft werden, wenn sie rechtmäßig erworbene Einkommen nicht konsumieren, sondern an ihre Nachkommen oder an andere vermachen.
Auch wird bei einer Besteuerung der Erbschaft außer Acht gelassen, dass der Möglichkeit der Vererbung eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung der Idee eines Sozialstaates zukommt. Versucht man im Rahmen eines Sozialstaates eine Umverteilung zugunsten der Ärmeren zu erreichen, so werden diese Anstrengungen dadurch begrenzt, dass diejenigen, welche durch Besteuerung belastet werden, sich anstrengen werden, um dieser Belastung möglichst zu entgehen. Leider sind nun die Möglichkeiten, sich dieser Belastung zu entziehen, im Allgemeinen umso größer, je höher die Einkommen und damit auch die Machtpositionen dieser Betroffenen sind. Es besteht deshalb immer die Gefahr, dass ein Großteil einer beabsichtigten Umverteilung durch diese Gegenmaßnahmen der zu Belastenden vereitelt wird.
Nun hat Dennis C. Mueller darauf hingewiesen, dass wir dann eine Art quasialtruistische Haltung erwarten können, wenn Umverteilungsprozesse langfristig angelegt werden. Besteht die Gefahr, dass über eine politische Maßnahme das Einkommen bestimmter Individuen in den unmittelbar auf diese Maßnahme folgenden Perioden geschmälert wird, so wird der Betroffene den Versuch unternehmen, über lobbyistischen Einfluss den Beschluss dieser Maßnahme nach Möglichkeit zu verhindern. Er ist sich darüber klar, dass die beabsichtigten Maßnahmen seine Wohlfahrt einschränken und da diese Einschränkung unmittelbar bevorsteht, muss sie als relativ sicher angesehen werden und geht deshalb auch in das Kalkül des Betroffenen ein. Es entspricht der Rationalität, sich gegen solche Maßnahmen zur Wehr zu setzen.
Wenn jedoch die befürchtete Einkommensminderung erst in weiter Zukunft zu erwarten ist, ändert sich das Verhalten der Betroffenen. Es ist nun nicht mehr klar, ob und in welchem Umfang die Belastung in Zukunft eintreten wird und welche Personenkreise in Zukunft tatsächlich belastet werden, auch treten die zu befürchtenden Einkommenseinbußen in Zeiten ein, die unter Umständen gar nicht mehr in den Zeithorizont der Einzelnen fallen. Es gilt das von Böhm-Bawerk formulierte Gesetz der systematischen Minderschätzung zukünftiger Bedürfnisse.
Die Folge ist nun – nach Meinung von Mueller – dass die aufgrund der Besteuerung zu erwarteten Einkommenseinbußen gar nicht mehr rational eingeschätzt werden können und dass sich die Betroffenen aus diesen Gründen einer quasialtruistischen Haltung zuwenden. Sie wissen nicht, ob sie zu den Begünstigten oder zu den Belasteten dieser Maßnahme zählen und werden deshalb die Erwünschtheit dieser Maßnahme an objektiven Argumenten ausrichten. Sie richten sich zwar immer noch an ihrem Eigeninteresse aus, de facto aber legen sie ein Verhalten an den Tag, das genauso ausfällt, wie wenn sie altruistisch handeln würden. Deshalb spricht Mueller auch von einem quasialtruistischen Verhalten.
In diesem Kalkül spielt nun die Möglichkeit der Vererbung eine Schlüsselrolle. Wenn Gesetze, welche die Umverteilung festlegen, auf sehr lange Sicht angelegt sind, beziehen sich die Interessen der Betroffenen nicht mehr allein auf das höchstpersönliche Eigeninteresse, sondern schließen die Interessen der Kinder und Kindeskinder mit ein. Da in einer offenen Gesellschaft keine Monopolstellungen auf Dauer möglich sind, hat der einzelne – mag er heute noch so reich oder mächtig sein – immer damit zu rechnen, dass die Einkommenssituation seiner Kinder und Enkel keinesfalls gesichert ist. Er gewinnt auf diese Weise ein Interesse an allgemeinen Fürsorgemaßnahmen des Staates, da sie ja unter Umständen auch seinen Kindern und Enkeln zugute kommen. Würde die beabsichtigte Maßnahme des Staates allein auf die nächsten Jahre abzielen, so könnten viele Superreiche relativ sicher sein, dass sie keinesfalls zu den Begünstigten dieser Maßnahme zählen, sondern auf jeden Fall durch diese Maßnahmen belastet würden.
Fürsorgemaßnahmen werden also dadurch möglich, dass man das Interesse an der Möglichkeit der Vererbung gerade auch bei den Reichen weckt. Zwar hat der Staat prinzipiell die Möglichkeit, Umverteilungen zugunsten der Armen zu erzwingen. Die Reichen haben aber weitgehend die Möglichkeit, sich dieser Belastungen zu entziehen, in dem sie lobbyistisch tätig werden und die Politiker veranlassen, die geplanten Umverteilungsmaßnahmen zu entschärfen, vor allem aber – und dies gilt vor allem in einer globalisierten Welt – sich durch Verlegung des Produktions- und Konsumstandortes der Steuerzahlung zu entziehen. Umverteilungsmaßnahmen lassen sich deshalb in großem Stile auch nur dadurch verwirklichen, dass man das Interesse der Reichen an Handlungen zugunsten Dritter weckt, die Möglichkeit der Vererbung von Vermögen an Kinder und Kindeskinder stellt eine solche Institution dar.
Die Anhänger einer Erbschaftssteuer weisen vor allem darauf hin, es sei ungerecht, wenn Kinder ohne eigene Leistung allein durch Vererbung die Möglichkeit erhielten, in großem Stile zu konsumieren. Dass so etwas möglich ist, mag in der Tat Ärgernis erregen. Es gilt jedoch zu bedenken, dass Vererbung in allererster Linie die Übertragung einer Aufgabe darstellt. So überträgt z. B. ein selbstständiger Unternehmer mit der Erbmasse auch die Aufgabe, die Unternehmung weiterzuführen, an die Erben. Um diese Aufgabe weiterführen zu können, benötigen die Erben jedoch auch Ressourcen. Dass der Erbe auch seinen Konsum ausweiten kann, ist dann nur ein – vielleicht unerwünschter – Nebeneffekt.
In der Tat wird das große Erbvermögen der Superreichen in den USA insbesondere für Gemeinwohlzwecke eingesetzt, der aus diesen Vermögensmassen ausgelöste Mehrkonsum stellt nur den geringsten Teil dieser Vermögen dar. Die Vermögen werden hier zumeist in eine Stiftung umgewandelt, der wissenschaftliche, künstlerische oder auch soziale Aufgaben übertragen werden. Es ist ein sehr positives Zeichen, dass in den USA ein Wettbewerb unter den Reichen stattfindet, zu denjenigen zu zählen, welche die höchsten Beträge einer gemeinnützigen Stiftung zugeführt haben. Es ist erwünscht, dass der Staat für solche Bestrebungen Anreize schafft, z. B. dadurch, dass diese Vermögen keiner generellen Erbschaftssteuer unterliegen. Bei einer solchen Ausgestaltung einer Vererbungsgesetzgebung könnte es dann auch durchaus erwünscht sein, dass vererbte Vermögen dann, wenn sie zum größten Teil dem Konsum zugeführt werden, nachträglich besteuert werden.
Auf jeden Fall würde eine solche Gesetzgebung sehr viel besser dem Grundanliegen eines Sozialstaates entsprechen als die derzeitigen Bemühungen der linken Parteien. Die durch das Bundesverfassungsgericht erzwungene Reform der Erbschaftsteuer brachte auf der einen Seite Entlastungen, in dem für Kinder und Ehegatten die Freibeträge erhöht und die Steuertarife gesenkt wurden. Auf der anderen Seite wurden jedoch für die übrigen Erben die Steuertarife drastisch erhöht und die Freibeträge vermindert. Gleichzeitig sind die Vermögensteile, welche der Fortführung einer Unternehmung dienen, dann von der Erbschaftsteuer befreit, wenn der Betrieb längere Zeit fortgeführt wird. Muss der Betrieb jedoch innerhalb dieser Zeit den Betrieb stilllegen, so ist die Erbschaftssteuer nachträglich zu entrichten.
Eine solche Regelung verkennt vollkommen die Funktionsweise einer freien Marktwirtschaft. Man kann ja nicht davon sprechen, dass eine Stilllegung in der Zukunft immer auf das eigene Verschulden der jeweiligen Unternehmer zurückgeführt werden muss. Eine Marktwirtschaft hat dem Bedarfswandel und dem Wandel in den Technologien zu folgen und dies hat nun einmal zur Folge, dass immer wieder Produktionsstätten geschlossen werden müssen. Eine nachträgliche Entrichtung der Erbschaftssteuer erschwert die Möglichkeiten der Sanierung der Unternehmungen und nimmt darüber hinaus den Erben, welche eine Unternehmung weiterführen wollen, jegliche Sicherheit.
In der Öffentlichkeit wird oftmals der Eindruck erweckt, als würde die heutige Generation aufgrund der hohen Staatsverschuldung die Interessen der nachfolgenden Generation vernachlässigen. Dieser Eindruck entspricht nur sehr oberflächlich der Wirklichkeit. Auf der einen Seite gab es nämlich keine Generation vor der heutigen, welche in so starkem Maße Vermögen aufgehäuft und an ihre Kinder vererbt hat. In früheren Generationen konnte es sich nur die relativ kleine Zahl von Familien der höheren Einkommensklassen überhaupt leisten, nennenswertes Vermögen an ihre Nachkommen zu vererben. Heute kann auch die mittlere Einkommensklasse durchaus nennenswerte Vermögenssummen an ihre Kinder weitergeben. Auch fällt auf, dass im Durchschnitt fast alle Familien für ihre Kinder immer höhere Beträge, einschließlich eines Taschengeldes ausgeben.
Auf der anderen Seite ist auch die Feststellung, dass durch die hohe Staatsverschuldung die zukünftige Generationen belastet werden, nicht ganz korrekt. Es gibt in der Tat eine Art der Staatsverschuldung, welche die zukünftigen Generationen belastet. Aber es ist weniger die Staatsverschuldung als solche, welche darüber entscheidet, in welchem Maße die zukünftigen Generationen belastet werden. Ob über eine Staatsverschuldung eine zukünftige Belastung eintritt, hängt vielmehr entscheidend von der Verwendung der durch Kredite erworbenen Staatseinnahmen ab. Eine zukünftige Belastung ist in erster Line dann zu erwarten, wenn der Staat konsumtive Ausgaben mit Krediten finanziert. Wird nämlich Kapital von einer bisherigen investiven Anlage in ein konsumtive Verwendung umgelenkt, so wird die Produktionskapazität vermindert, was sich unmittelbar darin äußert, dass in der zukünftigen Periode weniger produziert werden kann.
Versucht der Staat hingegen Kredite für einen Ausbau der Produktionsanlagen zu verwenden, dann kommt die heutige Verschuldung der zukünftigen Generation zugute, da in diesem Falle in der zukünftigen Periode die Produktion gegenüber heute gesteigert werden kann. Wenn der Staat z. B. einen Teil der Bildungsausgaben defizitär finanzieren würde, so wäre die hierdurch erzeugte Staatsverschuldung nicht eine Belastung, sondern sogar eine Begünstigung der zukünftigen Generation, gleichzeitig könnten die Bildungsinvestitionen so eingesetzt werden, dass dieser vermehrte Zuwachs vor allem auch den Empfängern geringeren Einkommens zugute käme.
Der Bestand der Familie wird durch die Einrichtung der Vererbung dadurch stabilisiert, dass die Kinder einen Anreiz erhalten, auch in den Jahren, in denen sie das Kindesalter überschritten haben, die Kontakte zu ihren Eltern aufrechtzuerhalten und dann, wenn die Eltern der Hilfe seitens ihrer Kinder bedürfen, diese auch erwarten können. Das wirtschaftliche Wachstum wird durch die Institution der Vererbung selbst wiederum gefördert, da die Eltern – soweit sie Selbstständig sind – an einem Erhalt, am Ausbau und an einer Nachhaltigkeit der elterlichen Betriebe interessiert sind und alles dafür tun, um den Kindern eines Tages einen funktionsfähigen und stabilen Betrieb zu übergeben.
Fortsetzung folgt!