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Quo Vadis Geldpolitik? Teil II

 

 

Gliederung:

 

1. Die Arbeitsteilung zwischen Geld- und Wirtschaftspolitik

2. Der Einfluss auf das Ziel der Währungsstabilität

3. Der Einfluss auf das Beschäftigungsziel

4. Der Einfluss auf das Wachstumsziel

5. Der Einfluss auf die Allokation

6. Der Einfluss auf die Verteilung und auf die sozialen Ziele

 

 

 

2. Der Einfluss auf das Ziel der Währungsstabilität

 

Wir wollen uns in den folgenden Abschnitten mit der Frage etwas ausführlicher befassen, wie sich die derzeitige expansive Geldpolitik der Europäischen Notenbank auf die einzelnen wirtschaftspolitischen Ziele auswirkt. Wir beginnen mit der Frage, wie diese Geldpolitik das Ziel der Währungsstabilität beeinflusst, das primäre Ziel, das der Notenbank durch ihre Verfassung aufgetragen wurde.

 

Wir hatten bereits gesehen, dass dieses Ziel aus zwei Unterzielen besteht: Es geht einmal darum, Inflation soweit wie möglich zu bekämpfen. Zum andern hat die Notenbank aber auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Wechselkurs des Euro zu den anderen wichtigen Währungen nicht größeren Schwankungen  ausgesetzt ist. Beginnen wir mit der Frage, wie sich eine expansive Geldpolitik auf das Ziel der Inflationsbekämpfung auswirkt.

 

Entsprechend der Quantitätstheorie hängt das Preisniveau, der Maßstab, an dem gemessen wird, inwieweit das Ziel der Inflationsbekämpfung erreicht werden kann, entscheidend von der umlaufenden Geldmenge ab. In einem Wirtschaftssystem, in dem die wichtigsten Tauschakte mit Geld beglichen werden, wird die Nachfrage nach Gütern mit einem Angebot an Geld ausgeübt, sodass die Wertsumme des die Waren kaufenden Geldes gerade der Wertsumme der angebotenen Güter in jedem Augenblick entsprechen muss. Diese beiden Größen sind ex definitione gleich, sie beleuchten lediglich die Tauschakte aus einem jeweils anderen Blickwinkel, einmal aus der Sicht der Nachfrage, zum andern aus der Sicht des Warenangebotes.

 

Ist die im Geldangebot zum Ausdruck kommende Nachfrage größer als das zur Verfügung stehende Angebot an Waren, führt dies in einer freien Marktwirtschaft zu Preissteigerungen und zwar solange, bis die Wertsummen beider Marktseiten übereinstimmen.

 

Dieser in der Quantitätstheorie zum Ausdruck gebrachte einfache Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisniveau darf jedoch nicht so missverstanden werden, dass bei einer Erhöhung der umlaufenden Geldmenge das Preisniveau in jedem Falle ebenfalls genau um diesen Betrag prozentual ansteigt. Wir können nicht davon ausgehen, dass die verwirklichte Inflationsrate gerade der Wachstumsrate der Geldmenge entspricht. Der Zusammenhang zwischen Geldmenge (M) und Preisniveau (P) ist etwas komplizierter.

 

Das Preisniveau wird nämlich entsprechend der Quantitätstheorie nicht nur von der Geldmenge, sondern darüber hinaus auch von der Frage bestimmt, wie oft ein Geldschein im Durchschnitt einer Periode einen Kaufakt auslöst. Wir sprechen hier von der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U). Wenn jeder Geldschein innerhalb einer Periode zweimal ausgegeben wird, ist die Wirkung auf das Preisniveau gleich einem Zustand, in dem eine – nur einen Kaufakt vermittelnde – Geldmenge verdoppelt worden wäre. Das Preisniveau hängt aber auch von der weiteren Frage ab, ob und um wie viel gegebenenfalls das Güterangebot in der betrachteten Periode angestiegen ist.

 

Entsprechend der von Irving Fisher formulierten Verkehrsgleichung entspricht das Produkt aus Geldmenge (M = Money) und Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U) – also der Wertsumme der Nachfrage – dem Produkt aus Preisniveau (P) und Warenmenge (X), also der Wertsumme des Angebotes.

 

Eine Geldmengenausweitung führt insofern nur dann und in dem Maße zu allgemeinen Preissteigerungen, als auf der einen Seite nicht das Güterangebot ansteigt und/oder die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes zurückgeht.

 

Obwohl nun die erklärte Absicht der Europäischen Notenbank darin besteht, mit Hilfe einer Ausweitung der Geldmenge die Konjunktur anzukurbeln und damit das Güterangebot auszuweiten, ist es der Notenbank bisher nicht gelungen, eine spürbare Ausweitung des Angebotes zu erreichen.

 

Auf der anderen Seite hat sich jedoch in den letzten Jahren die Umlaufsgeschwindigkeit drastisch verringert, was zur Folge hatte, dass trotz starker Expansion in der Geldmenge das Güterpreisniveau nicht entscheidend erhöht wurde. In den letzten Monaten ist der Preisniveauindex sogar leicht zurückgegangen, sodass man von einer beginnenden Deflation gesprochen hat und gerade diese auftretende leichte Deflation hat ja letzten Endes die Europäische Notenbank bewogen, diesen Trend umzukehren und eine leichte Inflation von etwa 1 bis 2 Prozent anzupeilen.

 

Aber wie haben wir es denn zu erklären, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes in den letzten Jahren so stark zurückgegangen ist? Es gibt hierfür vor allem zwei Gründe. Auf der einen Seite hatte die vergangene Finanzkrise das gegenseitige Vertrauen der Banken untereinander verringert. In der Vergangenheit hatten sich die Banken untereinander bei Bedarf Kredite gegeben, wenn sich am Ende eines Tages (einer Periode) nicht benötigte Geldüberschüsse herausstellten,welche dann denjenigen Banken kurzfristig zur Verfügung gestellt wurden, welche ihren Geldbedarf nicht abdecken konnten. Auf diese Weise wurde die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes entscheidend vergrößert.

 

Da nun im Zuge der zahlreichen Pleiten im Bankensektor dieses gegenseitige Vertrauen stark eingebrochen war, sank dementsprechend auch die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes.

 

Ein zweiter Erklärungsgrund für die augenblicklich geringe Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes liegt darin, dass das vorhandene Geld noch nicht – wie eigentlich erforderlich – zum Ankauf von Gütern, vor allem von Investitionsgüter verwandt wurde, sondern vorübergehend in anderen Verwendungen versickerte.

 

Zum ersten blieb ein großer Teil des neu geschaffenen Geldes auf den Tagesgeldkonten liegen. Eine Anlage auf einem Tagesgeldkonto bringt zwar in der augenblicklichen Situation nur geringe Zinserträge. Es kann aber  – wie Keynes im Rahmen seiner Liquiditätstheorie gezeigt hat – trotzdem vorteilhaft sein, Gelder vorübergehend in Kasse zu halten und damit auf Zinserträge zu verzichten, da in Zeiten eines Konjunkturtiefs befürchtet werden muss, dass in naher Zukunft die Kurse der festverzinslichen Wertpapiere so stark fallen, dass die Kursverluste die Zinserträge übersteigen.

 

Diese Gefahr hängt damit zusammen, dass im Konjunkturtief damit gerechnet werden kann, dass alsbald der Zins sein Tief erreicht hat und in naher Zukunft wieder ansteigen wird und dass diese erwartete Zinssteigerung dazu führt, dass die Besitzer von festverzinslichen Wertpapieren diese abstoßen werden, um damit auf Wertpapiere mit höheren Zinsen umzusteigen.

 

Die Umlaufsgeschwindigkeit ist aber nicht nur zurückgegangen, weil Gelder vermehrt auf Tageskonten vorübergehend gehortet werden. In den letzten Jahren wurden flüssige Gelder, welche aus Gründen zu hoher Risiken nicht für investive Anlagen ausgegeben wurden, für Goldkäufe verwendet, in der Erwartung, dass Gold eines der wertbeständigsten Güter darstellt.

 

Und da sehr viele von dieser Möglichkeit Gebrauch machten, stieg tatsächlich mit der Nachfrage auch der Goldpreis, die Erwartungen wurden also erfüllt und damit eine weitere Nachfrage nach Gold ausgelöst. Es kann jedoch kein Zweifel darüber bestehen, dass ein anhaltendes Wachstum nur garantiert werden kann, wenn das zur Verfügung stehende Geldkapital auch zur Erneuerung und Ausweitung der Produktionskapazitäten eingesetzt wird. Die Nachfrage nach Gold ist wohl aus – gesamtwirtschaftlicher Sicht – die am wenigsten produktive Anlage.

 

Der weitere Umstand, dass im Zuge dieser expansiven Geldpolitik der Habenzins drastisch gesenkt wurde, er liegt im Augenblick bei 0,2 bis 0,5 Prozent, hat dazu beigetragen, dass es vorteilhafter wurde, stillliegendes Geld auch in Immobilien anzulegen. Während vor einigen Jahrzehnten der effektive Mietertrag einer Immobilie im Wohnungsmarkt deutlich geringer als bei Investitionen im Unternehmungsbereich war, hat sich diese Situation drastisch verändert. Während Zinsen auf Bankkonten und bei festverzinslichen Wertpapieren derzeit unter 0,5 % liegen, können nun wesentlich höhere Erträge im Wohnungsbereich erzielt werden. Wir werden im letzten Abschnitt dieses Artikels sehen, dass gerade dieses Bunkern von Geld für Immobilien zu einer starken Zerrüttung des Wohnungsmarktes geführt hat.

 

Schließlich hat die Überflutung der Volkswirtschaft mit Geld, das zunächst noch nicht zu einer Anlage im produktiven Bereich verwandt wurde sowie der extrem geringe Zinsertrag bei den normalen Geldanlagen auch dazu beigetragen, dass vermehrt in risikobehaftete Wertpapiere an den Börsen investiert wurde. Diese Mehrnachfrage nach Risikopapieren an der Börse wirkte sich dann in einem starken Anstieg in den Kursen aus, was selbst wiederum dazu geführt hat, dass die positiven Erwartungen bei der Anlage dieser Wertpapiere mehr als erfüllt wurden. Selbst dann, wenn der Zinsertrag dieser Papiere nach wie vor gering ist, sind enorme Kurssteigerungen eingetreten und diese brachten deshalb trotzdem hohe Gewinne.

 

Nun muss man sich darüber klar sein, dass die Kurse an den Wertpapierbörsen keineswegs die tatsächliche Entwicklung bei der Produktion widerspiegeln, sondern lediglich zum Ausdruck bringen, welche Erwartungen diejenigen hegen, welche an den Börsen Käufe und Verkäufe tätigen. Die Erwartungen der Börsianer können jedoch deutlich von den tatsächlich zu erwartenden Wachstumsraten der Volkswirtschaft auseinander fallen. Dies gilt vor allem deshalb, weil durch das Online-Banking immer mehr Personen Zugang zu den Börsen erhalten haben, welche nicht die für Börsengeschäfte notwendigen Sachkenntnisse aufweisen.

 

Eines Tages werden jedoch diese Fehlentwicklungen an der Börse wieder zurückgenommen, da die Erwartungen doch nicht erfüllt wurden. Es kommt dann zu einer starken Reduzierung der Kurse, ausgelöst durch Verkauf der Papiere der enttäuschten Börsianer, selbst dann, wenn die betroffenen Unternehmungen Gewinne erzielen und vielleicht sogar Gewinnsteigerungen realisieren konnten. Da aber diese Steigerungen geringer ausfallen, als die Börsianer erhofft hatten, also die Erwartungen enttäuscht wurden, sinkt notwendiger Weise der Kurs dieser Wertpapiere.

 

An und für sich sind in normalen Zeiten Steigerungen in den Kursen der Wertpapiere zwar durchaus positiv zu beurteilen, weil sie für die betroffenen Unternehmungen Anreize geben, neue Wertpapiere auszulegen und mit den hierdurch erzielten Geldern ihre Produktionskapazität zu erweitern oder zu rationalisieren.

 

Solange jedoch die Unternehmungen diese Investitionsvorhaben noch zurückstellen, da ihnen die hiermit zu erzielende Rendite noch zu gering oder mit zu hohen Risiken behaftet erscheint oder auch die Bereitschaft der Banken, für diese Investitionsprojekte Kredite zur Verfügung zu stellen, noch fehlt, kommen diese Wachstumsimpulse nicht zum Tragen und die Entwicklung in den Wertpapieren weicht immer mehr von der Entwicklung in den realen Anlagen ab. Dies bedeutet jedoch dann, dass das vorhandene von der Notenbank zur Verfügung gestellte Geld seinen Zweck: eine Steigerung des realen Wachstums zu ermöglichen, verfehlt hat.

 

Diese hier skizzierte Fehlentwicklung hat also dazu geführt, dass trotz der von der Europäischen Notenbank ausgelösten Geldschwemme das Güterpreisniveau trotzdem nicht – wie eigentlich zu erwarten wäre – angestiegen ist. Der Rückgang in der Umlaufsgeschwindigkeit hat dazu geführt, dass die eigentlich zu befürchtenden Preissteigerungen noch ausblieben.

 

Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass diese Befürchtungen nun für alle Zeiten zu Unrecht bestehen. Entscheidend ist, dass die in der Volkswirtschaft befindliche Geldmenge wesentlich größer ist als der reale Wert des Inlandsproduktes. Der Zweck dieses Geldmengenzuwachses bestand darin, die Gütermenge zu steigern und indem Augenblick, in dem dieses Ziel erreicht wird und somit die Geldmenge nun eingesetzt wird, um reale Güter zu kaufen, wird das Preisniveau notwendiger Weise in dem Maße steigen, in dem die Wachstumsrate der Geldmenge die Wachstumsrate der Güter übersteigt.

 

Nun könnte man sich natürlich fragen, ob dann, wenn diese Wirkungen tatsächlich eintreten und die Nachfrage nach Gütern – wie erwünscht – ansteigt, die Notenbank nicht einfach die überschüssige Geldmenge durch eine dann kontraktive Geldpolitik abschöpfen könnte. In diesem Falle würde ja mit dem Rückgang in der Geldmenge gleichzeitig die Gefahr von Preissteigerungen bei den Gütern gebannt oder zumindest stark reduziert werden.

 

Aber gerade diese Möglichkeit besteht eben nicht und zwar aus allgemeinen Gründen sowie aus Gründen der Art und Weise, wie die Europäische Notenbank die Geldmenge zunächst erhöht hatte.

 

Ganz allgemein müssen wir nämlich davon ausgehen, dass sich ein Konjunkturaufschwung nicht in allen Wirtschaftszweigen gleichzeitig und in gleichem Umfang vollziehen wird. Es wird stets Wirtschaftszweige geben, welche der allgemeinen Entwicklung vorauseilen und solche, die hinterherhinken. Auch muss damit gerechnet werden, dass einige Wirtschaftszweige im Konjunkturaufschwung besonders hohe und andere Wirtschaftszweige wiederum besonders niedrige Wachstumsraten aufweisen werden.

 

Dieser asynchrone Konjunkturaufschwung in den einzelnen Wirtschaftszweigen hat jedoch notwendiger Weise zur Folge, dass die vorpreschenden Wirtschaftszweige bereits in einer Zeit ihre Engpässe erreichen, in denen andere Branchen noch hohe überschüssige Kapazitäten aufweisen. In den vorpreschenden Wirtschaftszweigen werden deshalb die Preise wegen Knappheit bereits ansteigen und zwar zu einer Zeit, in der in den nachhinkenden Wirtschaftszweigen noch hohe Arbeitslosigkeit besteht und freie Produktionskapazitäten bestehen.

 

Und wenn nun die vorpreschenden Branchen ihre Produkte als Rohstoffe oder als Halbfabrikate an die anderen Branchen liefern, wird sich die Preissteigerung trotz noch anhaltender Unterbeschäftigung auch auf die gesamte Volkswirtschaft ausdehnen.

 

Die Notenbank wird es also äußerst schwierig haben, mit einer kontraktiven Geldpolitik bereits dann zu beginnen, wenn sich die ersten Zeichen einer inflationären Tendenz abzeichnen. Zu groß ist der politische Druck auf die Notenbank, solange mit dem Herumreißen des Ruders zu warten, bis in allen größeren Wirtschaftszweigen die Arbeitslosigkeit weitgehend abgebaut ist.

 

In diesem Falle kann jedoch die Notenbank erst dann mit der aus der Sicht der Geldwertstabilität notwendigen Reduzierung der umlaufenden Geldmenge beginnen, wenn es schon zu spät ist, die Inflationstendenzen bereits eingetreten sind und diese sich aufgrund der Verflechtung der einzelnen Wirtschaftszweige schnell ausbreiten.

 

Es gibt aber in der derzeitigen Situation einen weiteren Grund, weshalb die Notenbank sich schwer tun wird, das geldpolitische Ruder rechtzeitig herumzuwerfen und – wie eigentlich notwendig – die überschüssige Geldmenge zurückzuholen. Genauso, wie eine expansive Geldpolitik dadurch erfolgt, dass die Notenbank entweder den Privatbanken den Zins, zu dem sich diese bei der Notenbank verschulden können, senkt oder auf dem Kapitalmarkt Wertpapiere in großem Stile aufkauft und damit die umlaufende Geldmenge vergrößert, genauso gilt für eine kontraktive Geldpolitik, dass die Notenbank entweder den Zinssatz für die Privatbanken anhebt oder aber wiederum an den Kapitalmarkt geht und dort nun Wertpapiere aus ihrem Portefeuille verkauft und damit die überschüssige Geldmenge reduziert.

 

Eine solche Politik setzt jedoch voraus, dass die Notenbank in Zeiten der expansiven Geldpolitik nur solche Wertpapiere aufkauft, die als besonders sicher gelten und deshalb jederzeit auf dem Kapitalmarkt wiederum verkauft werden können. Hier liegt auch der Grund, weshalb die Notenbank früher eigentlich gehalten war und auch praktiziert hat, nur sogenannte mündelsichere, also besonders sichere Wertpapiere aufzukaufen. De facto hat jedoch die Notenbank damit begonnen, in starkem Maße die Wertpapiere der verschuldeten europäischen Regierungen aufzukaufen. Diese gelten jedoch schon lange als marode, die Rating-Agenturen haben sie als Ramsch eingestuft und gerade aus diesen Gründen wird die Notenbank auch keine Käufer finden, die bereit sind, diese Wertpapiere zu kaufen.

 

Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn die Geldmenge zuvor durch Kredite an die Banken ausgeweitet wurde. Hier verlangen die Satzungen der Notenbanken, dass die Kreditnehmer Sicherheiten zu bieten haben und die bestehen in allererster Linie darin, dass zur Absicherung dieser Kredite Wertpapiere bei der Notenbank hinterlegt werden. Hier sind im Gegensatz zu einer Offenmarktpolitik die Kreditnehmer gezwungen, bei der Rückzahlung der Kredite die Wertpapiere wiederum zu übernehmen und dies gilt auch dann, wenn es sich um marode Wertpapiere handelt.

 

Die Schwierigkeit der Notenbank bei dem Versuch, eine kontraktive Geldpolitik einzuleiten, besteht vielmehr in dem bisher geringen Zinssatz und der notwendigen Erhöhung des Zinssatzes. Diese Auswirkungen beziehen sich aber in erster Linie auf die realen Größen und werden deshalb dann zur Sprache kommen, wenn wir uns mit den Auswirkungen auf Konjunktur, Wachstum und Allokation in den folgenden Abschnitten befassen werden.

 

Wenden wir uns nun der Frage zu, wie denn die zweite, der Notenbank aufgetragene Zielgröße, nämlich die Wahrung der Stabilität der Währung (des Euro) gegenüber anderen Währungen durch die expansive Geldpolitik der Notenbank beeinflusst wird.

 

Ganz allgemein gilt: Wenn die umlaufende Geldmenge ausgeweitet wird, steigt die Nachfrage nach Gütern generell. Dies gilt nicht nur für die Produkte, welche im Inland produziert werden, sondern auch für die Güter, welche im Ausland produziert werden und deshalb nach Deutschland exportiert werden müssen.

 

Dies bedeutet, dass dem Angebot an Devisen (ausländischen Währungen) eine größere Nachfrage gegenübertritt. Wie auf allen freien Märkten steigt dann, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, der Preis und dies bedeutet in diesem Falle, dass der Kurs für ausländisches Geld ansteigt. Die Kehrseite dieses Anstieges besteht darin, dass der Kurs der inländischen Währung, also des Euro in gleichem Maße sinkt.

 

Was bedeutet nun diese Änderung in den Kursverhältnissen der einzelnen Währungen zueinander? Wenn die Inländer für den Ankauf von Devisen einen höheren Preis entrichten müssen, dann ist dies gleichbedeutend damit, dass sie für die Importwaren, welche sie mit ausländischen Geld bezahlen müssen, in eigener Währung gerechnet einen höheren Preis zu zahlen haben. Importe werden also für die Inländer teurer. Dies gilt wohlbemerkt auch dann, wenn die Preise der Importgüter in ausländischer Währung berechnet konstant bleiben. Die importierten Waren werden einfach dadurch teurer, dass der Ankauf der notwendigen Devisen teurer wird.

 

In Wirklichkeit können wir allerdings damit rechnen, dass gerade diese Entwicklung selbst in aller Regel zu einer Verringerung der ausländischen Preise der Importwaren führt. Gerade weil nämlich in Euro berechnet die Preise der Importgüter steigen, sinkt im Normalfall die Nachfrage nach Importgütern und dies führt wiederum auf normal reagierenden Märkten dazu, dass die ausländischen Anbieter der Importgüter ihrerseits den Preis (gerechnet in ausländischer Währung) reduzieren. Im Allgemeinen bedeutet dies allerdings nur, dass die in Euro gerechnete Preissteigerung der Importgüter etwas geringer ausfällt als dann, wenn die ausländischen Preise nicht nachgegeben hätten. Trotzdem muss im Allgemeinen damit gerechnet werden, dass per saldo Importe aufgrund der Geldmengenvermehrung teurer werden.

 

Das Gegenstück hierzu bilden die Preise bei den Gütern, welche im Inland produziert und exportiert werden: Die Tatsache, dass der Eurokurs sinkt, bedeutet gleichzeitig, dass unsere Exportgüter für die Bewohner außerhalb der Eurozone de facto billiger werden. Auch dann, wenn die Preise dieser Exportgüter in Euro gerechnet konstant bleiben, die nichteuropäischen Ausländer haben diese Güter in Euro zu zahlen, sie müssen sich also zuerst Euro besorgen. Da der Kurs des Euro gesunken ist, haben die Ausländer weniger Devisen im Austausch zu den Euros zu bezahlen und dies ist gleichbedeutend damit, dass sie für eine ausländische Geldeinheit nun mehr Güter aus dem Euroraum beziehen können.

 

Auch hier gilt wiederum, dass diese Verringerung des realen Preises unserer Exportgüter die Nachfrage der Ausländer erhöhen wird und dass aufgrund dieser Erhöhung der Nachfrage auch die Preise der Exportgüter in Euro gerechnet  ansteigen werden. Im Endergebnis ist somit die reale Preissenkung bei den Exportgütern aus der Sicht der Ausländer nicht ganz so groß, wie zunächst unterstellt, es kann jedoch auch hier wiederum damit gerechnet werden, dass per saldo die Dollarpreise der europäischen Waren sinken.

 

Im Endergebnis haben wir deshalb damit zu rechnen, dass die Exportchancen ansteigen, gleichzeitig aber die Importmöglichkeiten aufgrund einer Verteuerung reduziert werden. Wie ist diese Entwicklung zu beurteilen, wie verändert sich mit andern Worten aufgrund dieser Entwicklungen unsere Wohlfahrt?

 

In der Öffentlichkeit wird hierbei zumeist von einer sehr positiven, wohlfahrtssteigernden Entwicklung gesprochen. Die deutsche Wirtschaft kann ihre Exportmöglichkeiten ausweiten und dies bedeutet selbst wiederum eine Steigerung des Inlandsproduktes. Es scheint also, dass auf diese Weise die Ziele der Beschäftigungssteigerung und des Wachstums gefördert werden.

 

Dass gleichzeitig die Importgüter für die Verbraucher teurer werden, wird als weniger bedeutungsvoll abgetan. Wenn die Inländer insgesamt höhere Einkommen erhalten, könne man ihnen auch zumuten, für die Importgüter etwas mehr als bisher zu bezahlen. Man geht davon aus, dass jede Wohltat ihren Preis habe und der Preis dafür, dass unsere Exportmöglichkeiten gesteigert wurden, wird eben darin gesehen, dass die Importgüter etwas teurer geworden sind.

 

Dieses Urteil verkennt die tatsächlichen Zusammenhänge. In einer Marktwirtschaft sind Preisänderungen immer eine Reaktion auf bisherige Fehlentwicklungen. Bei normalen Reaktionen der Marktteilnehmer tritt eine Preissenkung immer nur dann auf, wenn Angebotsüberhänge bestanden haben und eine Preissteigerung ist dann zu erwarten, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt.

 

Eine Preissenkung bei einem Angebotsüberhang bewirkt dann, dass auf der einen Seite das Angebot reduziert wird, weil sich das Angebot für die Anbieter weniger lohnt und dass gleichzeitig die Nachfrage ansteigt, weil die von Preissenkungen betroffenen Waren nun im Vergleich zu anderen Waren im Preis gefallen sind.

 

Dies bedeutet: Die Preissenkung, hervorgerufen von einem Angebotsüberhang, baut eben dieses Marktungleichgewicht von zwei Seiten aus ab, der Angebotsüberhang geht einmal zurück, weil weniger angeboten wird, zum andern aber auch deshalb, weil die Nachfrage ansteigt. Und gerade in diesem Abbau des Marktungleichgewichtes liegt die eigentliche Rechtfertigung für die Preisänderungen. Und dieser Abbau vollzieht sich auf funktionierenden Märkten ohne staatliche Maßnahmen und ohne dass eine längere Periode verstreicht, bis diese Änderungen eintreten. Mutatis mutandis gilt natürlich das gleiche sinngemäß für den Fall eines Nachfrageüberhanges und einer hierdurch ausgelösten Preiserhöhung.

 

Diese Überlegungen gelten im Prinzip ganz allgemein für alle Märkte, also auch für Devisenmärkte, also Märkte, auf denen ausländische Währungseinheiten angeboten und nachgefragt werden.

 

Eine Abwertung der eigenen Währung (was gleichbeutend ist mit einer Aufwertung der ausländischen Währungseinheiten) tritt somit in einer funktionierenden Außenwirtschaft immer dann ein und ist deshalb auch nur dann berechtigt, wenn dieser Abwertung ein Defizit in der Leistungsbilanz vorausgeht.

 

Ein Defizit in der Leistungsbilanz bedeutet, dass weniger Güter exportiert als importiert werden oder um es anders zu formulieren, dass die im Export erzielten Devisenerlöse nicht ausreichen, die benötigten Importgüter zu bezahlen.

 

Wenn nun die eigene Währung abgewertet wird, hat dies – wie bereits gezeigt – zur Folge, dass mehr exportiert und weniger importiert wird, dass also wiederum von zwei Seiten aus das Leistungsbilanzdefizit abgebaut wird.

 

Wir kommen somit zu dem Ergebnis, dass eine Abwertung der eigenen Währung nur dann berechtigt ist und somit wohlfahrtssteigernd wirkt, wenn ein Land Leistungsbilanzdefizite aufweist. Die Bundesrepublik zählt nun gerade zu den Ländern, die augenblicklich und auch in den meisten Zeiten in der Vergangenheit nicht nur kein Defizit in der Leistungsbilanz, sondern ganz im Gegenteil hohe Exportüberschüsse aufweisen.

 

In Wirklichkeit wäre also aus der Sicht der deutschen Volkswirtschaft ganz im Gegenteil eine Aufwertung der eigenen Währung angebracht. Die derzeitige expansive Geldpolitik trägt also dazu bei, dass das Ungleichgewicht in der deutschen Leistungsbilanz um ein weiteres vergrößert wird und ist deshalb aus deutscher Sicht sicherlich unbefriedigend.

 

Dies gilt vor allem auch deshalb, weil schon seit sehr langer Zeit die Bundesrepublik Deutschland von den anderen europäischen Staaten eben wegen dieser Exportüberschüsse angegriffen und aufgefordert wird, durch Verlassen des Stabilitätskurses und Übergang zu einer inflationären Wachstumspolitik dafür Sorge zu tragen, dass der Überschuss der deutschen Leistungsbilanz und damit natürlich auch das Defizit in den Leistungsbilanzen der anderen europäischen Staaten abgebaut wird.

 

Nun mag man einwenden, dass aus der Sicht der anderen europäischen Staaten, welche mehrheitlich eher Defizite als Überschüsse in der Leistungsbilanz aufweisen, die expansive Geldpolitik der Europäischen Notenbank durchaus berechtigt sei. Dem muss jedoch widersprochen werden. Diese unterschiedliche Entwicklung in den Leistungsbilanzen der europäischen Staaten weist nur darauf hin, dass bei Gründung der Europäischen Währungsunion gravierende Fehler gemacht wurden. Wir können nämlich nicht davon ausgehen, dass jeder monetäre Zusammenschluss mehrerer Volkswirtschaften zu einer Währungsunion mit einer einzigen gemeinsamen Währung erwünscht ist und dass von jedem Zusammenschluss wohlfahrtssteigernde Effekte ausgehen.

 

Die Frage, welche Eigenschaften denn eine Währungszone aufweisen muss, damit man von einer positiven Wirkung sprechen kann, wird im Rahmen der Theorie eines optimalen Währungsraumes untersucht. Man geht hier im Allgemeinen von der Prämisse aus, dass sich eine Währungsunion nur dann bewährt, wenn die einzelnen Teilvolkswirtschaften ähnliche Strukturen aufweisen, wobei die Ähnlichkeit nicht allein, aber doch vorwiegend daran gemessen wird, ob die einzelnen Volkswirtschaften vor dem Zusammenschluss vergleichbare Wachstums- und Inflationsraten aufgewiesen haben.

 

Bei der Überprüfung dieses Unterscheidungskriteriums hat sich allerdings herausgestellt, dass es sich nicht bewährt hat, zumindest dann nicht, wenn man die Tauglichkeit für einen Zusammenschluss allein oder auch nur vorwiegend an den einzelnen Wachstums- und Inflationsraten misst. Man kann nämlich feststellen, dass z. B. der Währungsraum der USA sowie der Währungsraum Deutschlands vor Gründung der Europäischen Währungsunion allgemein als durchaus gelungene Währungsunionen bezeichnet werden, von denen der Zusammenschluss enorme Wachstumsimpulse ausgelöst hat.

 

Trotzdem weisen beide Wirtschaftsräume beachtliche Unterschiede im wirtschaftlichen Entwicklungsstand der einzelnen Teilgebiete auf. Ob also eine Währungsunion erfolgreich und deshalb auch erwünscht ist, kann sicherlich nicht allein an der Entwicklung der Wachstums- und Inflationsraten gemessen werden.

 

Fragen wir uns deshalb, worin denn die entscheidenden Unterschiede zwischen Volkswirtschaften bestehen, welche zu einer Währungsunion zusammen geschlossen sind und Volkswirtschaften, zwischen denen lediglich gewisse gemeinsame Spielregeln von den einzelnen Notenbanken und Regierungen eingehalten werden, wie dies in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg z. B. für den weltweiten IWF oder für das auf Europa beschränkte EWS der Fall war.

 

Oftmals wird als wesentlicher, als positiv einzuordnender Unterschied die Tatsache erwähnt, dass in einer Währungsunion bei den einzelnen internationalen Transaktionen kein Umtausch der Währung mehr notwendig wird und dass auf diese Weise die Kosten (im Sinne von Nutzenentgängen) des Umtauschs der Währungen in einer Währungsunion geringer ausfallen und dass darüber hinaus bei internationalen Geschäften die Unsicherheit über die wechselseitige Entwicklung des Devisenkurses notwendiger Weise entfällt.

 

Nun mag in grauer Vorzeit in der Tat dieser Unterschied auf den wichtigsten Vorteil eines monetären Zusammenschlusses mit einer einzigen Währung hingewiesen haben. Im heutigen Zeitalter des Computers gelten diese Überlegungen sicherlich nicht mehr. Eine Unternehmung, welche Güter aus dem Ausland importiert oder Güter in ausländische Volkswirtschaften exportiert, kann diese Aufgaben auf ein Computerprogramm übertragen und ist deshalb nicht mehr durch diese Aktivitäten des Umtauschs berührt.

 

Es genügt die einmalige Anschaffung eines Computerprogramms, um diese Aufgaben zu erledigen, wobei die Anschaffungskosten dieses Programms vermutlich geringere Zusatzkosten verursachen als die Umstellung beim Zusammenschluss mehrerer Volkswirtschaften.

 

Viel wichtiger als die Einsparung von Transaktionskosten einer Währung in eine andere ist die Tatsache, dass eine Volkswirtschaft ex definitione nach einem Währungszusammenschluss nicht mehr die Möglichkeit hat, dann, wenn sich in den Leistungsbilanzen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten Ungleichgewichte einstellen, diese durch Ab- oder Aufwertung der eigenen Währung gegenüber den anderen internationalen Tauschpartnern abzubauen. Ein Euro hat in einer Europäischen Währungsunion für alle Länder den gleichen Wert.

 

Wenn also innerhalb einer Währungsunion die Möglichkeit, Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen der Mitgliedsstaaten wie bisher über Veränderung in den Wechselkursen abzubauen, entfällt, dann kann die Tauglichkeit eines Landes, einer Währungsunion anzugehören daran gemessen werden, ob es in Zukunft solcher Umbewertungen in den Wechselkursen bedarf.

 

Hierbei wird man davon ausgehen müssen, dass es solcher Wechselkurskorrekturen in dem Maße bedarf, in dem sich die Leistungsbilanzen der Mitgliedsstaaten auseinander entwickeln und somit immer wieder Ungleichgewichte zwischen Export und Import entstehen. Wir können davon ausgehen, dass in der Tat unterschiedliche Wachstums- und Inflationsraten der häufigste Grund dafür darstellen, dass sich Export und Import unterschiedlich entwickeln.

 

Weist z. B. Land A gegenüber Land B höhere Inflationsraten auf, so ist es für die Bürger der Länder mit der höheren Inflationsrate vorteilhaft, Waren vermehrt aus den Ländern zu beziehen, welche die geringere Inflationsrate aufweisen. Automatisch steigt der Import, aus gleichen Gründen sinkt der Export mit der Folge, dass sich Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen beider Länder einstellen.

 

Eine ähnliche Wirkung können wir feststellen, wenn zwei Länder unterschiedliche Wachstumsraten aufweisen. Da man davon ausgehen kann, dass die Importmenge wesentlich von der Höhe des Einkommens abhängt, wird dann, wenn das Inlandsprodukt eines Landes ansteigt, die Importwertsumme proportional mit dem Einkommen ansteigen und dies hinwiederum bedeutet, dass bei unterschiedlichen Wachstumsraten zweier Volkswirtschaften die Importwertsummen des Landes mit der höheren Wachstumsrate schneller steigen als die Importwertsummen des Landes mit der geringeren Wachstumsrate. Diese Unterschiede schlagen sich deshalb ebenfalls in einem Anwachsen der Leistungsbilanzungleichgewichte nieder.

 

Eben diese Zusammenhänge sind angesprochen, wenn die Eignung zweier Länder zu einem Währungsverbund mit einer gemeinsamen Währung anhand der Wachstums- sowie der Inflationsraten gemessen wird. Diese Antwort enthält jedoch nur eine Teilwahrheit. Auf der einen Seite sind unterschiedliche Inflations- und Wachstumsraten zwar wichtige Bestimmungsgründe für Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen, aber keinesfalls die einzigen Ursachen. Auf der anderen Seite ist der Abwertungsmechanismus wiederum zwar ein wichtiger Mechanismus zum Abbau von Leistungsbilanzungleichgewichten. Aber auch hier gilt, dass Leistungsbilanzungleichgewichte auch auf andere Weise abgebaut werden können.

 

Zunächst einige Worte zu möglichen Ursachen eines Ungleichgewichts in den Leistungsbilanzen, welche nicht in unterschiedlichen Wachstums- und Inflationsraten liegen. Betrachten wir ein Land, das in der Vergangenheit über zahlreiche Ölquellen verfügte und mit dem Export von Rohöl die Devisenerlöse erwirtschaften konnte, welche zur Bezahlung der notwendigen Importe gedient hatten. Wir wollen nun unterstellen, dass die Ölquellen versiegt sind, sodass in Zukunft aus dem Ölgeschäft nicht mehr in ausreichendem Maße Devisenerlöse erzielt werden können.

 

Wenn nun dieses Land in der Vergangenheit versäumt hatte, rechtzeitig eine Industrie zu entwickeln, welche dann anstelle des Öls Industrieprodukte exportieren kann, entstehen in diesem Land notwendiger Weise Importüberschüsse auch dann, wenn sich dieses Land im Übrigen im Hinblick auf Wachstums- und Inflationsraten nicht entscheidend von den internationalen Handelspartnern unterscheidet.

 

Darüber hinaus kann ein Land jedoch unter bestimmten Bedingungen Leistungsbilanzungleichgewichte, welche durch unterschiedliche Wachstums- oder Inflationsraten hervorgerufen wurden, auch auf anderem Wege abbauen als über Abwertungen. Sowohl der Umfang der Importe wie der Exporte hängt auch entscheidend davon ab, wie sich die Faktorpreise entwickeln und mit welcher Mobilität die Wirtschaftssubjekte auf Preisänderungen reagieren.

 

Nehmen wir den Fall, dass das eine Land A deshalb Importüberschüsse erzielte, weil die Lohnkosten in diesem Land höher ausgefallen seien als im Land B. Die höheren Lohnkosten hätten sich nämlich in höheren Warenpreisen niedergeschlagen und diese Unterschiede in den nationalen Preisniveaus hätten schließlich dazugeführt, dass die Importmöglichkeiten wegen gestiegener Preise zurückgegangen seien und auf diese Weise ein Defizit in der Leistungsbilanz erzielt wurde.

 

Der Umstand, dass in Land A höhere Löhne als in Land B gezahlt werden, führe nun zu einer Abwanderung im Land B und Zuwanderung in das Land A. Diese Wanderungen haben ihrerseits zur Folge, dass die Unterschiede in den Lohnkosten abgebaut werden und dass diese Lohnsatzveränderungen sich schließlich darin äußern, dass auch die Unterschiede in den Warenpreisen zwischen beiden Ländern zurückgehen. Damit entfällt jedoch der hier unterstellte Grund für den Importüberschuss in Land A. Der Importüberschuss geht zurück und es können wieder alle Importe durch die Exportüberschüsse finanziert werden.

 

Dass sowohl die USA wie auch Deutschland allgemein als Währungsräume bezeichnet werden, welche als befriedigend angesehen werden, liegt eben gerade in der Tatsache, dass in diesen Ländern diese anderen möglichen Mechanismen zum Abbau von Leistungsbilanzdefiziten vorhanden sind und dass trotz unterschiedlicher Wachstumsraten in den einzelnen Regionen dieser Währungsgebiete eine einheitliche Währung zum Erfolg geführt hat. Umgekehrt muss jedoch festgestellt werden, dass gerade innerhalb Europas einige Länder diese zusätzlichen Mechanismen nicht kennen und sich deshalb auch nicht für einen Zusammenschluss innerhalb Europas bestens eignen.