Gliederung:
1. Problemeinführung
2. Die Funktionen des Wettbewerbs
3. Die Bedeutung der Entwicklungskosten
4. Die Rolle der Laufzeit eines Patentes
5. Zur Frage des geistigen Eigentums
6. Die Festlegung im Gesetz
7. Unterschiede zwischen Zollpolitik, Subventionierung und Patentgesetzgebung
8. Schlussbemerkungen
1. Problemeinführung
In jüngster Zeit haben einige Patentverfahren und gerichtliche Prozesse wegen Verletzung des Patentschutzes das Interesse der Öffentlichkeit erweckt. Es sind Zweifel aufgekommen, ob die derzeitig gültige Patengesetzgebung sowohl in Europa wie auch den Vereinigten Staaten von Amerika überhaupt noch in der Lage ist, die letztlichen Ziele, welche zu einem gesetzlich garantierten Patentschutz geführt haben, zu erreichen oder ob diese Ziele in Wirklichkeit gerade in ihr Gegenteil verkehrt werden und ob nicht die vorherrschende Praxis der Vergabe von Patenten gravierende Verletzungen der allgemeinen Wohlfahrt mit sich bringt und nicht mehr garantiert, dass in einer marktwirtschaftlichen Ordnung eine automatische Ausrichtung der Produktion am Bedarf der Konsumenten erfolgt.
Ein US-Gericht hatte im August 2012 die Verletzung von Apple-Patenten festgestellt und dem Apple-Konzern Schadensersatz in Höhe von etwa einer Milliarde Dollar zugesprochen. Experten sprachen davon, dass das Gericht die Schadensersatzsumme hätte sogar noch verdreifachen können, weil die Geschworenen zu dem Schluss kamen, dass Samsung vorsätzlich gehandelt habe. In der Folge hat Apple darüber hinaus durch ein Urteil vor dem Düsseldorfer Landgericht durchgesetzt, dass der Verkauf des Tablet-Computer Galaxy Tab 10.1 in Deutschland untersagt bleibt. Auch der australische Bundesgerichtshof hat in der Zwischenzeit den Verkauf von Samsungs Galaxy Tab verboten.
Diese Urteile führten auf der einen Seite dazu, dass der Aktienkurs von Apple unmittelbar danach um 1,9 % anstieg, dass Samsung hingegen einen Kursverlust von 7,5 Prozent hinnehmen musste – der größte Verlust eines Tages seit fast vier Jahren für Samsung. Auch die Aktienkurse anderer asiatischer Smartphone-Hersteller, die auf Android setzten, sanken, weiterhin auch der Aktienkurs von Google.
Vor allem Greenpeace machte vor einiger Zeit darauf aufmerksam, dass verschiedene Patente auf menschliche Organe von den Patentbehörden zugelassen wurden. So hat z. B. die Firma Amrad aus Australien unter der Nummer EP 380646 ein Patent auf ein „Verfahren zur Herstellung eines nicht-humanen chimären Tieres“ erhalten, das aus einer Mischung von menschlichen und tierischen embryonalen Zellen hergestellt werden soll. Auch die Firma Novartis ließ sich um die Jahrtausendwende ein Patent unter der Nummer EP 669 977 auf menschliche Organe geben. Weiterhin hat die Firma Genentech aus USA im Jahre 1994 ein Patent auf menschliche Organe (Transplantate) angemeldet, welche vor der Transplantation mit einem Wachstumsfaktor behandelt werden sollen (EP 438526). Genannt werden unter anderem Herz, Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse, Schilddrüse, Lunge, Niere, Darm, Blutgefäße und Speiseröhre.
Teile des menschlichen Körpers und innere Organe sind nach der neuen EU-Patentrichtlinie (Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen - 98/44/EG) als Gegenstand des Patentschutzes zulässig. So heißt es in Art. 5(2): "Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens kann als patentierbare Erfindung gelten, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist." Das menschliche Organ selbst unterliegt somit offensichtlich dem Patentschutz.
Die Patentierung menschlicher Organe steht jedoch im Widerspruch zu mehreren Gesetzen wie etwa dem deutschen Transplantationsgesetz. Auch die Bioethik-Konvention des Europarates verbietet die Kommerzialisierung menschlicher Organe. Patienten, Ärzte und Kassen geraten so in Abhängigkeit von den Patentinhabern, obwohl es das erklärte Ziel einer funktionierenden Marktwirtschaft ist, genau dies zu verhindern.
Da das Patentrecht in einer vorübergehenden Einschränkung des Wettbewerbs besteht, wollen wir uns in einem ersten Schritt die Frage stellen, worin denn die wichtigsten Funktionen des Wettbewerbs im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung liegen. Wir werden sehen, dass es im Wesentlichen der Wettbewerb der Unternehmungen untereinander ist, der sicherstellt, dass die Produktion von Gütern letztlich am Bedarf der Konsumenten ausgerichtet wird. Es muss also gute Gründe dafür geben, wenn dieser Wettbewerb trotz seiner zentralen Bedeutung für das Funktionieren einer jeden Marktwirtschaft und damit der Garantierung des Gemeinwohles zeitweise außer Kraft gesetzt wird.
Wir werden in einem zweiten Schritt sehen, dass diese Forderung nach Einschränkung des unternehmerischen Wettbewerbs mit dem Entstehen von Entwicklungskosten zusammenhängt. Bereits Friedrich List hatte im 19. Jahrhundert die These aufgestellt, dass deshalb, weil der Industrialisierungsprozess in England bereits etwa 40 bis 50 Jahre vor dem in Deutschland begonnen habe, die deutschen Unternehmungen im Wettbewerb mit den englischen Unternehmungen benachteiligt seien. Den Grund hierfür sah Friedrich List darin, dass bei Einführung neuer Techniken hohe Entwicklungskosten entstünden, die dann, wenn die neuen Verfahren und Produkte längere Zeit eingesetzt worden seien, wiederum entfielen.
Dieser Zusammenhang hat nun unmittelbar zur Folge, dass die gesamten Stückkosten einer Unternehmung in den ersten Phasen der Entwicklung und Produktion bedeutend höher seien, als in den späteren Perioden, da später die Entwicklungskosten entfielen. Wenn also nun die industrielle Entwicklung in Deutschland erst 40 bis 50 Jahre später als in England begonnen hatte, wiesen die deutschen Unternehmungen in der damaligen Zeit wesentlich höhere Stückkosten als die englischen Unternehmer auf, da sie ja zusätzlich zu den laufenden Kosten die Entwicklungskosten aufbringen müssten. Die deutschen Unternehmungen wären also im Wettbewerb mit ihren englischen Konkurrenten benachteiligt und deshalb unterlegen.
Friedrich List forderte deshalb die Einführung vorübergehender Schutzzölle auf aus England stammende Importgüter, er sprach von Erziehungszöllen, da die deutschen Unternehmungen in ihrer ersten Entwicklungsphase genauso wie Jugendliche während ihres Erziehungsprozesses gegenüber Außenstehenden geschützt werden müssten. Es entspricht nun weitgehender Überzeugung, dass die Einführung von Schutzzöllen notwendigerweise zu einem führen müsse, da auch die Nationen, gegen die sich die als erste erhobenen Schutzzöllen richteten, als Reaktion hierauf ihrerseits Importzölle einführen. Die Folge sei, dass auf diese Weise die anfänglichen Verbesserungen in den Terms of Trade der einen Schutzzoll einführenden Länder wieder wegfielen und dass darüber hinaus wegen Reduzierung der internationalen Arbeitsteilung die Produktivität und damit auch die Wohlfahrt aller am Außenhandel beteiligten Länder vermindert werde. Zumeist wurde hieraus die Schlussfolgerung gezogen, dass die Einführung eines Patentschutzes sehr viel besser geeignet sei, dieses Problem der vorübergehenden Entwicklungskosten zu lösen als die Einführung von Importzöllen.
Wir sprachen von einer vorübergehenden Aussetzung des unternehmerischen Wettbewerbes, denn nur dann, wenn auf Dauer ein Wettbewerb unter den Unternehmungen gesichert ist, können wir überhaupt davon ausgehen, dass in einer marktwirtschaftlichen Ordnung eine Ausrichtung der Produktion am Bedarf der Konsumenten stattfindet. Wir haben deshalb in einem dritten Schritt der Frage nachzugehen, welches denn der optimale Zeitrahmen darstellt, in dem dieser Patenschutz zu gewähren ist.
Offensichtlich ging der bisherige Gesetzgeber von der Überzeugung aus, dass aus Vereinfachungsgründen eine einheitliche Zeitperiode (20 Jahre), in welcher ein Patentschutz gewährt wird, der beste Weg darstellt, um diesen Schutz generell zu gewähren. Da aber der Umfang von Entwicklungskosten bei einzelnen zu patentierenden Verfahren sehr unterschiedlich ist und oftmals überhaupt keine nennenswerten Entwicklungskosten entstehen, soll gezeigt werden, dass die letztlichen Ziele des Patentschutzes nur erreicht werden können, wenn der Bedeutung der tatsächlichen Entwicklungskosten eine größere Beachtung als bisher im Patentverfahren eingeräumt wird. Stets stehen auch bei der Überprüfung eines Patentschutzes mehrere Ziele zur Diskussion, welche in einem Konfliktverhältnis zueinander stehen, sodass im Einzelfall überprüft werden muss, bei welchem Zeitrahmen eine sachgerechte Abwägung aller zur Diskussion stehenden Ziele erreicht wird.
In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung nach Stärkung des geistigen Eigentums zu diskutieren. In der Durchsetzung der Patentierung bestimmter Erfindungen, wird die Vorstellung entwickelt, dass der Erfinder auch das Recht haben müsse, diese Erfindung als einziger zu verwerten und andere Produzenten von einer Verwertung abzuhalten.
In einem vierten Schritt wollen wir auf diese Forderungen eingehen und zeigen, dass an Ideen niemals in gleicher Weise wie an sachlichen Gütern ein Privateigentum erworben werden kann, dass Wissen ganz generell ein Kollektivgut darstellt, das nur im Zusammenhang vieler Individuen überhaupt gewonnen werden kann und das auch immer der Allgemeinheit zur Verfügung stehen muss. Natürlich ist es berechtigt, dass dem Erfinder die Ehre gebührt, ein bestimmtes Konzept als erster entdeckt zu haben und dass diese Leistung genauso wie alle übrigen Marktleistungen einer Honorierung bedarf.
Ob ein Patentschutz verletzt wird, kann immer nur von Gerichten letztendlich überprüft werden. Gerichte haben jedoch in einem freiheitlichen Rechtsstaat immer nur die Möglichkeit zu überprüfen, ob bestimmte Gesetze verletzt werden. Ob auch die Ziele, um derentwillen diese Gesetze erlassen wurden, im Einzelfall erreicht wurden, ist nicht Gegenstand des Gerichtsurteils. Gerade deshalb bedarf es jedoch im Gesetz fünftens einer genauen Festlegung der Verhaltensweisen und Daten, welche darüber entscheiden, ob mit der Gewährung eines Patentschutzes auch tatsächlich die Ziele erreicht werden, welche mit der Patentgesetzgebung angestrebt werden. Wir wollen in diesem Abschnitt zeigen, dass ohne eine solche Festlegung de facto die eigentlichen Gemeinwohlziele gravierend verletzt werden können.
Wir haben eingangs gesehen, dass in dem Streit zwischen Apple und Samsung Geschworenengerichte darüber entschieden, ob Samsung den Apple eingeräumten Patentschutz verletzt hat und ob diese Verletzung vorsätzlich erfolgt ist. Wir werden in einem weiteren Schritt aufzeigen, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob Geschworenengerichte nicht überfordert sind, diese Rechtsfragen zu klären. Geschworenen bringen im Allgemeinen nicht das Sachwissen mit, das erforderlich ist, um diese hoch komplexen Fragen sachgerecht zu entscheiden, sie können sich nur an den Argumenten der streitenden Parteien orientieren, die vom Einzelinteresse und eben gerade nicht von Gemeinwohlüberlegungen geleitet werden.
Zu sehr besteht die Gefahr, dass angeblich nationale Interessen zur Diskussion stehen und deshalb in diesem Falle vom Patentschutz die gleichen Gefahren ausgehen wie von der Erhebung von Schutzzöllen. Selbst die Richter allgemeiner Gerichte dürften nicht die Kenntnisse mitbringen, welche für eine sachgerechte Entscheidung erforderlich sind. Genauso wie sich bei der Klärung arbeitsrechtlicher oder auch sozialrechtlicher Streitfragen spezialisierte Arbeits- und Sozialgerichte herausgebildet haben, bedarf es auch zur Aburteilung von Verletzungen des Patenrechtes eines auf den Patentschutz spezialisierten Gerichtes.
In einem letzten Schritt wollen wir die Wirkungen einer Patentgesetzgebung mit denen alternativer Maßnahmen zum Schutz der Erfinderinteressen vergleichen. Hierbei bezieht sich dieser Vergleich sowohl auf die oben erwähnten Schutzzölle als auch auf den Versuch der Regierung, die einheimischen Unternehmungen vor ausländischer Konkurrenz durch Gewährung von Subventionen zu schützen.
2. Die Funktionen des Wettbewerbs
Wie gezeigt, stellt ein Patentschutz eine (vorübergehende) Einschränkung des Wettbewerbes dar. Der Wettbewerb stellt jedoch eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren einer Marktwirtschaft dar. Ohne Wettbewerb würden die Interessen der einzelnen Marktteilnehmer nicht so kanalisiert, dass die Produktion trotz Orientierung am Eigeninteresse letztlich am Bedarf der Konsumenten ausgerichtet wird.
Dem Wettbewerb der Unternehmungen untereinander fallen hierbei insbesondere zwei Funktionen zu: Der Wettbewerb fördert den technischen Fortschritt, indem die Unternehmer unter permanenten Druck stehen, die Kosten zu senken und die Qualität der Produkte zu verbessern. Er sorgt weiterhin dafür, dass diese Kostensenkungen auch an die Endverbraucher in Form von Preissenkungen zumindest zum Teil weitergegeben werden.
Gerade dann, wenn ein Unternehmer befürchten muss, dass seine bisherigen Kunden bei Unzufriedenheit zu seinen Konkurrenten abwandern, sieht er sich gezwungen, jede mögliche Kostensenkung auszunutzen und nach neuen billigeren Verfahren Ausschau zu halten und diese Minderungen der Kosten durch Reduzierung der Preise an seine Kunden weiter zu geben. Ohne Konkurrenz wäre die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmers nicht bedroht, wenn er sich nicht ständig um Verbesserungen in der Produktion bemühen würde und er könnte den Verkaufspreis darüber hinaus durch Verknappung seines Angebotes über die Kosten anheben.
Unter bestimmten Voraussetzungen führt allerdings auch ein intensiver Wettbewerb dazu, dass sich die Unternehmer weder um eine Senkung der Kosten noch um eine Verbesserung der Güter bemühen. Diese Gefahr besteht immer dann, wenn die Unternehmer, welche Erneuerungen einführen, befürchten müssen, dass ihnen noch nicht einmal die Kosten ersetzt werden, welche im Zusammenhang mit der Einführung neuer technischer Verfahren entstehen, weil Konkurrenten diese technischen Verfahren übernehmen, ohne sich an diesen Kosten zu beteiligen.
Ohne Konkurrenz hätten die Unternehmer bei Einführung neuer technischer Verfahren zwar in den ersten Perioden hohe Kosten (die sogenannten Entwicklungskosten), sie könnten aber damit rechnen, dass nach Einführung dieser neuen Verfahren die Verkaufserlöse so stark ansteigen, dass nicht nur die in den ersten Perioden aufgebrachten Kosten ersetzt werden, sondern dass gleichzeitig die Gewinne (die Differenz zwischen Erlösen und Kosten) beträchtlich gesteigert werden.
Allerdings wird durch Einführung des Patentschutzes keinesfalls garantiert, dass diese wohlstandssteigernden Effekte auch tatsächlich eingeführt werden. Der Patentschutz ist nämlich weder eine ausreichende noch eine notwendige Bedingung dafür, dass ein technischer Fortschritt stattfindet und diese Wohlfahrtssteigerung auch an die Konsumenten weitergegeben wird.
Im Zusammenhang mit der Einführung eines gesetzlichen Patentschutzes bestehen drei Gefahren, die diese beabsichtigte positive Wirkung gefährden. Es ist erstens mit der Möglichkeit zu rechnen, dass eine Unternehmung ein Patent aufkauft, nicht um die patentgeschützten Verfahren einzusetzen, sondern lediglich zu verhindern, dass andere Unternehmungen diese Verfahren entwickeln und dass bei Erfolg ein Teil der Kunden zu diesen innovativen Unternehmungen abwandern. So ist z. B. bekannt, dass schon sehr lange Verfahren zur Produktion von Strümpfen, welche unbegrenzt halten, entwickelt wurden, aber deshalb, weil Konzerne dieses Patent aufgekauft haben, ohne es anzuwenden, diese Errungenschaft der Allgemeinheit vorenthalten blieb. Hier wird also technischer Fortschritt nicht gefördert, sondern sogar verhindert.
Eine zweite Gefahr besteht darin, dass zwar bestimmte Erneuerungen von den Unternehmungen, welche das Patent besitzen, tatsächlich in der Produktion eingesetzt werden, aber gar keine überdurchschnittlichen Entwicklungskosten verursacht haben und gerade deshalb auch ohne Patentschutz eingeführt worden wären. Der produktivitätssteigernde Effekt wäre hier auch ohne Patent eingetreten, de facto wäre jedoch durch die Einschränkung des Wettbewerbes verhindert worden, dass diese Wohlfahrtssteigerungen an die Bevölkerung weitergegeben worden wären. Ganz im Gegenteil hätten in diesem Fall die geschützten Unternehmungen die Möglichkeit erhalten, durch künstliche Verknappung der Produkte den Preis über längere Zeit zu erhöhen.
Drittens muss auch damit gerechnet werden, dass die betreffenden Unternehmungen nach Auslaufen des Patentschutzes und einer gewissen Produktionsphase die Produkte wiederum aus dem Markt nehmen und gerade deshalb nicht bereit sind, nun die Preise aufgrund der Kostensenkungen zu reduzieren. Zwar könnte man einwenden, dass es in diesem Zeitpunkt anderen Unternehmungen frei steht, diese Innovationen selbst anzuwenden. Dieses Argument verkennt, dass die anderen Unternehmungen im Allgemeinen gar nicht über das innovative Wissen verfügen, um diese Verfahren einzuführen. Die Unternehmung, welche das Patent besitzt, ist ja nach Ablauf des Patentschutzes nicht verpflichtet, die Entwicklungspläne zu veröffentlichen und den Konkurrenten zur Verfügung zu stellen. Eine erneute Patentierung durch ein zweites Unternehmen ist aber nicht möglich, sodass auch die weiteren Unternehmungen nicht bereit sein werden, hohe Entwicklungskosten für diese Verfahren einzusetzen. Sie müssten ebenfalls mit Konkurrenz dritter Unternehmungen rechnen.
Natürlich gibt es Produktpiraterie und vermutlich dürfte die illegale Beschaffung von Erfindungen wesentlich geringere Kosten verursachen als es bei den sogenannten Entwicklungskosten der Fall ist. Es ist jedoch mehr als fraglich, die Berechtigung eines Patentschutzes auf die Möglichkeit von Piraterie zu stützen. Auf der einen Seite gibt es immer mehrere Alternativen, die Gefahr von Produktpiraterie zu verringern. So kann Wissen durch Sicherungsanlagen geschützt werden, sodass zumindest die Kosten einer Produktpiraterie wesentlich gesteigert werden und deshalb die Gefahr eines Diebstahles geistigen Eigentums verringert wird. Auch gibt es die Möglichkeit, sich gegen Produktpiraterie zu versichern, hier trifft der durch Diebstahl eingetretene Schaden nicht mehr den einzelnen, sondern alle Konkurrenten und vermindert gerade deshalb die Konkurrenzfähigkeit des Einzelnen in geringerem Maße.
Auf der anderen Seite gehört Produktpiraterie zu einer allgemeinen Erscheinung von Diebstählen. Aber die Tatsache, dass es vereinzelt Diebstähle gibt, stellt den freien Kauf von Gütern nicht in Frage. Durch den Kauf eines Gutes geht das Eigentum an diesem Gut auf den Käufer über, obwohl natürlich in Ausnahmefällen der Verkäufer dieses Gut gar nicht der rechtmäßige Besitzer dieses Gutes ist, der Verkäufer dieses Gut also durch Diebstahl erworben hatte und gar nicht berechtigt gewesen wäre, diese Ware anzubieten. Zur Wahrung der Rechtssicherheit geht jedoch auch in diesen Fällen die Ware an den Käufer über, sofern nicht zu erkennen war, dass es sich um eine geraubte Ware handelt. Genauso wie die allgemeine Marktordnung nicht in Frage steht, weil es die Möglichkeit des Diebstahles gibt, genauso bedarf es auch nicht der Außerkraftsetzung des Wettbewerbes nur deshalb, weil es einige Fälle von Produktpiraterie gibt.
Diese Überlegungen bedeuten allerdings nicht, dass ein Patentschutz in jedem Falle unerwünscht ist, es wird hiermit lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass es eines sehr ausgeklügelten Systems eines Patentschutzes bedarf und dass die berechtigten Ziele nicht bei jeder beliebigen Ausgestaltung eines Patenschutzes erreicht werden können.
3. Die Bedeutung der Entwicklungskosten
Bei der Rechtfertigung der Einführung eines Patentschutzes spielen die Entwicklungskosten eine besondere Rolle. Es werden Ausgaben getätigt, die zu einer Erneuerung führen und auf diesem Wege zu einem bestimmten wirtschaftlichen Erfolg führen sollen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass andere Unternehmer genauso handeln, also Ausgaben tätigen, um die gleiche Erneuerung herbeizuführen und dass es für den Innovator gerade deshalb unsicher ist, ob diese Aktivität für ihn letztlich zum erwünschten Erfolg führt. Wir wollen also feststellen, dass mit diesen Ausgaben ein hohes Risiko verbunden ist.
Nun ist im Grunde genommen nahezu alles wirtschaftliches Handeln mit Risiken verbunden, man hat Ausgaben und es ist unsicher, ob man als Gegenleistung den Ertrag erzielt, den man erwartet hat. Diese Zusammenhänge treten bereits bei dem allgemeinen Tausch, bei der Produktion und bei jeder Investition auf. Wir wollen uns deshalb in diesem Abschnitt fragen, was denn die Kosten einer Innovation (Erneuerung) mit denen, einer Investition, einer Produktion und eines gewöhnlichen Tausches gemeinsam haben und worin die Unterschiede dieser verschiedenen wirtschaftlichen Tätigkeiten bestehen.
Beginnen wir mit dem Tausch. Der Tauschende (in einer Geldwirtschaft der Käufer einer beliebigen Ware) gibt eine Ware (bzw. Geld) her, um im Austausch hierfür eine andere Ware zu erhalten. Hierbei tauschen sich objektiv betrachtet auf dem Markt gleichwertige Güter (Waren mit einem gleichen Preis), obwohl natürlich ein Tauschender nur deshalb diesen Kauf vornimmt, weil er sich von dem Gut, das er erwirbt, einen höheren Nutzen verspricht als das Gut, das er verkauft, ihm erbracht hätte.
Nun kann man zunächst davon ausgehen, dass oftmals der Augenschein die Eigenschaften des zu kaufenden Gutes erkennen lässt, bzw. dass sich der Käufer darauf verlassen kann, dass der Verkäufer ihm nicht falsche Eigenschaften vorgaukelt. Aber absolut sicher kann sich der Käufer nicht sein, er geht also mit dem Tausch ein gewisses Risiko ein, das um so größer ist, je komplizierter das zu kaufende Gut ist und je weniger der Käufer den Verkäufer und damit seine Lauterkeit kennt. Auch hängt die Höhe des eingegangenen Risikos davon ab, ob in einer Gesellschaft eine funktionierende Rechtsordnung besteht.
Ausgaben im Zusammenhang mit einer Produktion unterscheiden sich in mehrerer Hinsicht von Tauschvorgängen. Auf der einen Seite bestehen zwar auch hier Risiken über die Qualität der eingekauften Rohstoffe, Halbfabrikate und darüber hinaus über die Fähigkeiten der beschäftigten Arbeitnehmer. Darüber hinaus können aber auch im Zusammenhang mit dem Produktionsverfahren z. B. durch Unfälle unerwartete Kosten entstehen. Schließlich muss der Produzent mit der Möglichkeit rechnen, dass sich der Absatz nicht so gut entwickelt wie erwartet, vielleicht kann ein Unternehmer wegen eines Bedarfswandels weniger Produkte als bisher absetzen oder aber ein Teil der bisherigen Kunden ist zu Konkurrenten abgewandert, da diese die Qualität ihrer Produkte verbessert haben oder aufgrund von Kostensenkungen ihre Waren zu geringeren Preisen absetzen können.
Ein weiterer Unterschied zu einem einfachen Tausch besteht darin, dass der Produzent im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Produktion in aller Regel die Produktionskosten, vor allem die Lohnkosten vorstrecken muss, da die Einkaufspreise und Löhne schon zu Beginn der Produktion zu entrichten sind, während die Erträge erst nach Fertigstellung der Produktion, am Ende der Produktionsperiode anfallen. Der Unternehmer ist also in aller Regel nicht nur Produzent, sondern auch Kapitalgeber. Wie alle Ressourcen ist auch Kapital ein knappes Gut, das in einer Marktwirtschaft wegen seiner Knappheit einen Preis erzielt.
Worin unterscheidet sich nun eine Investition von einer Produktionsentscheidung? Während wir davon ausgehen können, dass die Produktion zumeist in einer Periode fertiggestellt werden kann, sodass sich Ausgaben und Erträge auf eine Periode beziehen, ist eine Investition nahezu immer auf mehrere Perioden angelegt. Die ersten Perioden einer Investitionsaktivität zeichnen sich nun dadurch aus, dass vorwiegend nur Kosten entstehen, während in den späteren Perioden nach Fertigstellung einer Produktionsanlage vorwiegend Erträge erzielt werden, zwar entstehen auch hier weiterhin Kosten, die eigentlichen variablen Produktionskosten, aber die Erträge übersteigen die in diesen späteren Perioden anfallenden Kosten und sind gerade dadurch in der Lage, die Kosten in den anfänglichen Perioden zu kompensieren und zu überkompensieren.
Wir haben davon auszugehen, dass ein Unternehmer nur dann zu einer Investition bereit ist, wenn die Erträge die Gesamtkosten übersteigen, zumindest nicht geringer ausfallen als die Ausgaben. Hier entsteht die Frage, wie denn bestimmt wird, ob die Erträge die Kosten übersteigen und somit die Investition auch als rentabel bezeichnet werden kann. Erträge und Kosten lassen sich nun keineswegs einfach zusammenzählen und ein Saldo bilden. Auf der einen Seite treten die einzelnen Posten (Kosten und Erträge) nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf, die erwarteten Ausgaben und Einnahmen können also nicht einfach zu ihren erwarteten Werten in Rechnung gestellt werden.
Es ist üblich, dass man den Erwartungswert einer erwarteten Variablen (Ertrag oder Kosten) dadurch berechnet, dass man von dem erwarteten Wert ausgeht und diesen mit der erwarteten Eintrittswahrscheinlichkeit multipliziert. Eine Ausgabe im Werte von 100 €, welche mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% (0,5) eintritt, würde dann mit 100 € * 0,5, also mit 50 € bewertet.
Ein solches Verfahren lässt sich eigentlich nur dann rechtfertigen, wenn es sich bei den Ausgaben um immer wiederkehrende Vorgänge handelt. Ist die Zahl dieser Vorgänge nur groß genug, kann mit Recht davon ausgegangen werden, dass im langfristigen Durchschnitt in unserem Beispiel in der Tat die einzelnen Ausgaben einen Wert von 50 annehmen, da annahmegemäß nur jede zweite Handlung diese Erträge auch tatsächlich erzielen lässt. Handelt es sich um einmalige Aktivitäten, so wird im Allgemeinen trotzdem ein wahrscheinlicher Wert auf die gleiche Weise berechnet, obwohl im Nachhinein alles möglich ist, die tatsächliche Ausgabe kann in unserem Beispiel den vollen Wert von 100 € umfassen oder auch gleich null sein. Auch muss berücksichtigt werden, dass sich solche Wahrscheinlichkeiten nur dann berechnen lassen, wenn für die Vergangenheit eine Vielzahl solcher Vorgänge bereits beobachtet werden konnte.
Aber auch dann, wenn es uns gelungen ist, diese wahrscheinlichen Werte der einzelnen Kosten und Erträge korrekt zu berechnen, wäre es falsch, wenn wir die so ermittelten Werte einfach zusammenzählen und subtrahieren würden. So haben nämlich Ausgaben z. B. im Werte von 100 in jeder Periode einen anderen Wert. Dies erklärt sich dadurch, dass Gelder, welche wir erst in einer späteren Periode benötigen, heute zinsbringend angelegt werden können. Aufgrund dieser Zinserträge können wir heute einen geringeren Betrag anlegen, um dann zusammen mit den angelaufenen Zinserträgen an dem Termin, an dem diese Ausgaben anfallen, die benötigte Geldsumme zur Verfügung zu haben. Umgekehrt gilt, dass wir dann, wenn wir bereits heute über einen erst in der Zukunft anfallenden Ertrag verfügen wollen und einen Kredit nehmen, in der heutigen Periode über einen geringeren Betrag verfügen können, da ja ein Teil des zukünftigen Ertrages als Zinsen an den Kapitalgeber abgeführt werden muss.
Diese Zusammenhänge lassen sich nun dadurch berücksichtigen, dass wir alle Ausgaben und Erträge auf eine bestimmte Periode, z. B. auf die Gegenwart beziehen, dass also der Wert der zukünftigen Ausgaben und Erträge mit dem gültigen Zinssatz abdiskontiert wird. Haben wir einmal die Gegenwartswerte aller Ausgaben und Einnahmen errechnet, können wir in der Tat durch Zusammenzählen des Gegenwartswertes der Kosten und Erträge und durch subtrahieren der so berechneten Kostensumme von der Ertragssumme die Rentabilität dieser Investition bestimmen.
Worin unterscheiden sich schließlich Ausgaben im Zusammenhang mit einer Innovation von denen einer normalen Investition? In beiden Fällen handelt es sich um eine Investition, eine Innovation stellt immer eine Investition, allerdings besonderer Art dar. Dies bedeutet, dass auch bei einer Innovation all die Risiken zu erwarten sind, welche bei fast allen Investitionen auftreten. Der Unterscheid besteht nur darin, dass bei einer gewöhnlichen Investition Produktionsverfahren gewählt werden, die bereits bekannt sind, während sich eine Innovation stets dadurch auszeichnet, dass entweder das herzustellende Produkt oder auch das technische Verfahren zur Herstellung bereits bekannter Produkte neu eingeführt wird.
Während es also bei einer normalen Investition aufgrund der bisherigen Erfahrungen weitgehend bekannt ist, mit welchen Risiken zu rechnen ist, ist es bei einer Innovation zunächst vollkommen offen, ob der erwünschte Erfolg auch eintritt und mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Über den Erfolg bestehen zunächst bei einer Innovation nur theoretische Überlegungen, aber erst das Durchführen dieser Überlegungen kann zeigen, inwieweit die theoretischen Überlegungen tatsächlich zutreffen. In allererster Linie unterscheidet sich also eine Innovation von einer normalen Investition im Umfang der eingegangenen Risiken. Auch die Qualität des Risikos hat sich verändert, bei einer normalen Investition bestehen immerhin Erfahrungen der vergangenen Perioden, aufgrund derer der Umfang der zu erwartenden Risiken berechnet werden kann. Diese Möglichkeiten bestehen bei einer Innovation in der Regel nicht.
Im Zusammenhang mit einer Innovation gilt es zu unterscheiden zwischen dem Erfinder, der eine bestimmte Entdeckung gemacht hat und dem Unternehmer, der bereit ist, das Risiko der Innovation auf sich zunehmen. Allerdings gab es vor allem zu Beginn der Industrialisierung eine Reihe von Unternehmern, welche wie etwa Alfred Nobel oder James Watt selbst die Erfindung gemacht haben und dann alles daran setzten, um diese Erfindung auch anzuwenden. Trotzdem ist heute davon auszugehen, dass große Konzerne vor allem im Pharmaziebereich entweder Patente aufkaufen oder selbst Wissenschaftler beschäftigen, welche dann technische Verfahren so weiter entwickeln, dass sie dann von diesen Unternehmungen im Produktionsprozess eingesetzt werden können.
Fortsetzung folgt!