Politiker der SPD und der Grünen forderten eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte. Bisher galt ein reduzierter Mehrwertsteuersatz, er sei nun auf 19 Prozent zu erhöhen. Gleichzeitig wird gefordert, die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer zweckgebunden für das Tierwohl zu verwenden. In Teilen der CDU werden diese Vorschläge wohlwollend diskutiert.
Fleischprodukte wurden bisher mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% besteuert. Im Vergleich hierzu entfallen auf Hafermilch 19 %. Wiederholt wurde in der Vergangenheit gefordert, die unterschiedliche Behandlung verschiedener Alltagsprodukte zu überprüfen.
Denn durch die Ermäßigungen ergeben sich einige geradezu absurde Schieflagen: Obst und Gemüse unterliegen dem ermäßigten Steuersatz, Obst- und Gemüsesäfte hingegen einem Satz von 19 %, ebenso verpacktes Trinkwasser. Unverständlich ist auch, dass für Tierfutter wie getrocknete Schweineohren oder Knochen der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gilt, für Babynahrung hingegen 19 % bezahlt werden muss.
Der volle Mehrwertsatz gilt auch für Grundbedürfnisse wie Hygieneartikel wie Tampons und Binden. Strom- und Energieerzeugnisse werden ebenfalls mit 19 % besteuert, obwohl auch sie doch zum Grundbedarf zählen. Schließlich sei daran erinnert, dass vor Kurzem der CSU-Chef Markus Söder gefordert hatte, Fernreisen mit der Bahn nur noch mit 7% zu besteuern.
Die Mehrwertsteuer sowie die Einkommensteuer sind die wichtigsten Steuern, welche zur Abdeckung der staatlichen Ausgaben dienen. Prinzipiell gilt das Nonaffektationsprinzip, wonach für Steuern keine Zweckbindung vorgesehen sein darf. Nur dann nämlich, wenn Regierung und Parlament frei entscheiden können, für welche Zwecke die Steuereinnahmen verwendet werden, können die Politiker für diejenigen Projekte die Steuern widmen, welche aus der Sicht der Regierung die höchstmögliche Wohlfahrt garantieren.
Dass vom Grundsatz her der Steuersatz der Mehrwertsteuer auf alle Produkte den gleichen Prozentsatz von der Umsatzsumme ausmachen soll, ergibt sich aus der Forderung, dass der Staat die Ausrichtung der Produktion am Bedarf der Konsumenten nicht beeinflussen sollte. Eine optimale Ausrichtung der Produktion am Bedarf der Konsumenten kann nämlich nur garantiert werden, wenn die Preisverhältnisse der Individualgüter die Knappheit der Ressourcen widerspiegeln.
Erhebt der Staat von den einzelnen Individualgütern unterschiedliche Steuersätze, so werden die Preisverhältnisse verzerrt, da sogar nach dem Willen des Gesetzgebers die Umsatzsteuer auf den Preis der Güter weitergewälzt werden soll.
Die Wohlfahrtstheorie hat nun gezeigt, dass unter optimalen Bedingungen die knappen Ressourcen dann und nur dann bestmöglich auf die einzelnen Güter aufgeteilt werden, wenn die Preisverhältnisse den Knappheitsverhältnissen entsprechen und wenn somit für alle Güter ein gleicher Mehrwertsatz gilt.
Nun gelten diese Ergebnisse allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen, es dürfen keine Monopole und es darf keine oligopolistische, ruinöse Konkurrenz bestehen und es muss weiterhin sichergestellt sein, dass auch alle einer Volkswirtschaft bei der Produktion entstehende Kosten in die Preisrechnung eingehen.
Sicherlich muss man einräumen, dass diese Voraussetzungen in der Realität nicht erfüllt sind, die Kosten der Umweltverschmutzung gehen nicht von selbst in die privatwirtschaftlichen Kosten ein, der Staat hat wiederholt die Bildung von Monopolen zugelassen oder sogar gefördert.
Es wäre jedoch falsch, wollte der Staat diese Mängel über unterschiedliche Steuersätze korrigieren. Da auf diese Weise die Produktion der Güter in eine falsche Richtung gelenkt würde, wäre der Schaden einer solchen Politik vermutlich größer als der partielle Nutzen im Einzelfall.
Eine Korrektur der Missstände kann nur erreicht werden, wenn in einem ersten Schritt die eigentlichen Ursachen der nachgewiesenen Mängel erforscht werden und wenn dann in einem zweiten Schritt der Versuch unternommen wird, diese Ursachen zu beseitigen.
Natürlich müssen wir damit rechnen, dass eine solche Vorgehensweise vorübergehend bei bestimmten Bevölkerungsgruppen zu nicht zu vertretenden Härten führen kann. Diese Härten lassen sich aber sehr wohl durch marktkonforme Maßnahmen vermeiden bzw. abmildern.
Wenn der Staat den Bevölkerungsgruppen, welchen diese vorübergehenden Belastungen nicht zugemutet werden können, Subventionen in einem Umfang gewährt, dass das Einkommen der Betroffenen nicht unter das Existenzminimum fällt, bleibt der Markt funktionsfähig.
Wenn z. B. die Mietpreise aufgrund einer Knappheit der Wohnungen ansteigen, so bringt diese Preissteigerung nach wie vor den Anbietern von Wohnungen Anreiz, das Angebot zu vergrößern und damit die Knappheit zu beseitigen. Gleichzeitig haben aber auch die besser Verdienenden einen Anreiz, nicht benötigten Wohnraum freizugeben und in kleinere Wohnungen zu ziehen.
Nur bei der Gruppe der Geringverdienenden entfallen die Anreize, die Nachfrage nach Wohnraum zu verringern. Da aber deren Nachfrage ohnehin bereits in der Nähe des Existenzminimums liegt, hätte diese Bevölkerungsgruppe auch ohne diese staatlichen Mietzuschüsse ihre Nachfrage nicht noch weiter einschränken können. Es ist also bei einer solchen Vorgehensweise garantiert, dass der Markt nach wie vor für einen schnellstmöglichen Abbau der Wohnungsknappheit sorgt.
Wenn also die Mehrwertsteuersätze unterschiedlich festgelegt sind, so sollte diese Ungleichheit abgebaut werden, unabhängig davon, wie diese Ungleichheiten in der Vergangenheit begründet wurden.
Die Reformvorschläge einer Korrektur der Mehrwertsteuer verfolgen neben Gerechtigkeitsvorstellungen auch umweltpolitische Ziele. Da es notwendig wird, umweltbelastenden Konsum einzuschränken, soll durch differenzierte Steuersätze der Konsum umweltgerecht umgelenkt werden. So soll z. B. über Verringerungen der Bahnpreise der Verkehr von der Straße auf die Bahn gelenkt werden.
Im Gegensatz zu den oben genannten Beispielen verteilungspolitischer Korrekturen haben wir davon auszugehen, dass hier aufgrund externer Effekte (die privatwirtschaftlichen Kosten sind geringer als die gesamtwirtschaftlichen Kosten) die auf dem freien Markt auftretenden Preisrelationen gerade nicht den Knappheiten entsprechen. Eine Korrektur der Preisverhältnisse ist also hier erwünscht.
Die Diskussion um die Pigousteuer hat jedoch gezeigt, dass diese Korrektur nicht über eine Steuer befriedigend erfolgen kann. Eine Steuerlösung würde nur dann eine Lösung bringen, wenn der Staat jeweils die Höhe der externen Kosten (der Differenz zwischen gesamtwirtschaftlicher und privatwirtschaftlicher Kostenhöhe) kennen würde. Dies wäre jedoch nur dann der Fall, wenn es im Hinblick auf Umweltgüter freie Märkte gäbe.
Die externen Kosten entstehen aber gerade deshalb, weil es z. B. für Luft keine Märkte gibt. Deshalb kann der Staat auch nicht abschätzen, um wie viel eine Umweltsteuer erhöht werden muss, um die externen Kosten auszugleichen. Es ist nicht bekannt, ob eine konkrete Festlegung dieser Steuer unterhalb oder auch oberhalb der externen Kosten liegt.
Nun könnte man einwenden, dass es ja nicht weiter tragisch wäre, wenn die Umweltsteuer über die externen Kosten angesetzt werde. Genau dieser Einwand verkennt, dass auf diese Weise andere, ebenfalls wichtige politische Ziele wie z. B. das Beschäftigungsziel verletzt würden.
Die Diskussion um die Pigousteuer hat gezeigt, dass externe Effekte immer dann auftreten, wenn bestimmte Güter als freie Güter gehandelt werden und wenn deshalb auch keine Eigentumsrechte an diesen Gütern bestehen. Es kommt also darauf an, dass auch für diejenigen bisher freien Güter Eigentumsrechte geschaffen werden, bei denen bisher gesamtwirtschaftliche Ziele verletzt wurden, da diese Ressourcen wie freie Güter gehandelt wurden.
So entstand die Idee, Verschmutzungsrechte an diesen bisher freien Gütern zu schaffen, welche die Produzenten erwerben müssen, wollen sie Güter produzieren, von denen bisher externe Effekte ausgingen.
Der Umstand, dass Unternehmer für diese Zertifikate Geld aufwenden müssen, gibt ihnen einen starken Anreiz, neue Technologien zu entwickeln, bei denen geringere externe Kosten auftreten, sie können in diesem Fall einen Teil der bisher erworbenen Verschmutzungsrechte an der Börse verkaufen.
Damit ist natürlich noch nicht sichergestellt, dass hiermit bereits eine Reduzierung der Umweltbeschädigung eingetreten ist. Es ist lediglich sichergestellt, dass pro Produktionseinheit weniger Umweltschmutz entsteht. Wenn ein anderer Unternehmer diese Verschmutzungsrechte an den Börsen erwirbt, wird die Gesamtproduktion umweltverschmutzender Güter unter Umständen erhöht und der Umfang der Umweltverschmutzung bleibt in diesem Falle erhalten.
Deshalb ist es notwendig, dass die Regierung in dem Umfang Umweltzertifikate zurück erwirbt, als aufgrund der verbesserten Technologie auch eine Reduzierung der Umweltverschmutzung zu keinem größeren Beschäftigungsrückgang führt.
Damit aber die Regierung auch über die Geldmittel verfügt, um die Verschmutzungsrechte zurück zu kaufen, ist es im ersten Schritt notwendig, dass die Verschmutzungsrechte verkauft und nicht vom Staat unentgeltlich abgegeben werden. Erst beide Schritte zusammen führen zu dem erwünschten umweltpolitischen Erfolg.