Gliederung:
1. Problemeinführung
2. Transfer als Geld- oder Sachleistung?
3. Fremdbestimmung versus Selbstbestimmung
4. Die Bedeutung unerwünschter Nebenwirkungen
1. Problemeinführung
In der Öffentlichkeit wird die Frage lebhaft diskutiert, ob sich der Staat im Hinblick auf die Betreuung von Kindern darauf beschränken solle, den Ausbau von Kindertagestätten finanziell zu unterstützen oder ob denjenigen Eltern, welche die Entscheidung getroffen haben, dass ein Elternteil vorübergehend auf eine erwerbswirtschaftliche Arbeit verzichtet und diese Aufgabe selbst im Rahmen der Familie und des Haushaltes ausführt, für diese Leistungen ein Betreuungsgeld gewährt werden soll. Vor allem die CSU kämpft für die zweitgenannte Lösung, große Teile der CDU und FDP unterstützen diesen Vorschlag insbesondere deshalb, weil ein Betreuungsgeld bei der Bildung der Koalition im Koalitionsvertrag fest vereinbart wurde.
In der Sache selbst bestehen unter den Mitgliedern der CDU und FDP in dieser Frage durchaus unterschiedliche Vorstellungen. Vor allem wird darüber diskutiert, ob der Bezug des Betreuungsgeldes an bestimmte Bedingungen geknüpft werden und ob bei den Hartz IV-Empfängern dieses Transfereinkommen auf das Hartz IV-Geld angerechnet werden soll.
2. Transfer als Geld- oder Sachleistung?
Die Frage, ob bestimmte Leistungen des Staates an private Haushalte als monetäre Geldzahlungen oder in Form von Sachleistungen gewährt werden sollen, wurde schon sehr früh im Rahmen der modernen, paretianischen Wohlfahrtstheorie diskutiert. Wir wollen uns hier mit diesem Ansatz etwas ausführlicher befassen. Zwar handelt es sich im Zusammenhang mit dem Betreuungsgeld aus der Sicht des Staates eigentlich um die Frage, ob der Staat seine Transferzahlungen als Subventionen an die Betreiber der Kindertagesstätten oder direkt an die Eltern entrichten soll, welche die Betreuung ihrer eigenen Kinder selbst übernehmen. Aus der Sicht der begünstigten Familien jedoch steht tatsächlich die Frage zur Diskussion, ob sie die Zuwendungen des Staates in Form von Geldzahlungen oder in der Form erhalten sollen, dass sie ihre Kinder kostenlos oder doch zu einem verminderten (subventionierten) Preis in Kindertagesstätten unterbringen können.
Die paretianische Wohlfahrtstheorie geht bei der Beantwortung dieser Frage von folgenden Annahmen aus:
Es wird das Selbstbestimmungskriterium unterstellt. Dies bedeutet, dass jedes Wirtschaftssubjekt (jeder private Haushalt) das Recht hat, selbst darüber zu entscheiden, wie das privat verfügbare Einkommen bzw. die wirtschaftlichen Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten des Einkommens aufzuteilen sind. Es wird also von der Prämisse ausgegangen, dass jede Privatperson sehr viel besser als ein außenstehender Dritter (also auch der Staat) in der Lage ist, eine optimale Aufteilung des Einkommens auf die einzelnen Verwendungsarten zu finden.
Es wird also expressis verbis ein meritorischer Ansatz abgelehnt, wonach der Staat in verdienstvoller (meritorischer) Absicht für die Privatpersonen über die Aufteilung des Einkommens auf die einzelnen Konsumgüter entscheiden soll, weil die Privatpersonen bei dieser Entscheidung überfordert würden und der Staat über das größere Wissen verfüge.
Erstens wird bezweifelt, dass Staatsbeamte über ein größeres Wissen in dieser Frage verfügen und zweitens wird der freien Entscheidung des Einzelnen über die eigenen Belange per se eine so große Bedeutung beigemessen, dass die Selbstbestimmung des Einzelnen selbst dann zu verteidigen wäre, wenn sich objektiv betrachtet der einzelne Haushalt bisweilen irrational entscheidet.
Die persönlichen Bedürfnisse der einzelnen Wirtschaftssubjekte werden als individuelle Indifferenzkurven abgebildet. Indifferenzkurven geben hierbei an, welche möglichen Güterkombinationen (Aufteilungen des privat verfügbaren Einkommens) überhaupt denkbar sind, welche einen gleichen Nutzen stiften und welche im Vergleich zu einem anderen Güterbündel einen größeren oder einen kleineren Nutzen hervorrufen.
Um die Zusammenhänge anschaulicher darstellen zu können, geht man hierbei von einem graphischen Modell aus, in dem lediglich zwei Konsumgüter (Verwendungsarten des Einkommens) unterschieden werden. Natürlich ist davon auszugehen, dass ein privater Haushalt in Wirklichkeit zwischen einer Vielzahl von Konsumgütern wählen kann. Die Wohlfahrtstheorie kann auch sehr wohl eine Vielzahl von Verwendungsarten des Einkommens berücksichtigen; sofern jedoch mehr als drei Konsumgüterarten unterschieden werden, bedarf es einer analytischen Analyse, graphisch lassen sich maximal nur drei Ebenen (Dimensionen) unterscheiden. Da aber eine analytische Analyse für den mathematisch ungeschulten Betrachter schwer verständlich ist, begnügt man sich bei der Darstellung des Indifferenzkurvensystems zumeist auf zwei Konsumgüter.
Diese beiden zur Diskussion stehenden Güter werden auf den Koordinatenachsen eines Diagramms abgetragen, das eine Gut auf der x-Achse, das andere Gut auf der y-Achse. In unserem speziellen Fall (Betreuungsgeld) bedeutet dies, dass wir auf der x-Achse die Leistungen der Kindertagesstätte und auf der y-Achse ein Güterbündel abtragen, das alle übrigen Konsumgüter umfasst.
Dieses Diagramm umfasst eine Fläche, deren einzelne Punkte alle Kombinationen dieser beiden Güter (Kindertagesstätte, sonstige Konsumgüter) darstellen, welche überhaupt denkbar sind. Es gilt nun die Frage zu klären, wie denn nun aus der Sicht des privaten Haushaltes diese einzelnen denkbaren Kombinationen bewertet werden, welche einen gleichen Nutzen stiften und welche anderen Kombinationen überlegen bzw. unterlegen sind. Eine Indifferenzkurve fasst hierbei alle Güterkombinationen zusammen, welche einen gleichen Nutzen garantieren.
Zur Entwicklung einer solchen Indifferenzkurve greifen wir einen beliebigen Punkt innerhalb der Fläche dieses Diagramms heraus, den Punkt (x1, y1). Mit anderen Worten: Der Umfang der gewählten Leistungen im Zusammenhang mit der Kindertagesstätte wäre mit x1, der Umfang der in Anspruch genommenen anderen Konsumgüter wäre mit y1 gekennzeichnet. Diesem Güterbündel entspricht ein ganz bestimmtes Nutzenniveau N1.
Wir unterstellen nun, dass für die Anspruchnahme der Leistungen der Kindertagesstätte eine Einkommenseinheit mehr nachgefragt werde. Hierdurch steigt der Gesamtnutzen des Haushaltes geringfügig an. Wir fragen uns nun, auf wie viel Einheiten der übrigen Güter dieser Haushalt verzichten kann, um wiederum auf das bisher verwirklichte Nutzenniveau zu gelangen. Dies sei z. B. der Fall bei der Güterkombination x2, y2. Wir können beide Punkte miteinander verbinden, da annahmegemäß beide Punkte das gleiche Nutzenniveau stiften und deshalb auf einer Indifferenzkurve mit dem Nutzenniveau N1 liegen.
Wir können nun mit dieser Substitution fortfahren, also von Gut x (Kindertagesstätte) immer mehr und damit von Gut y immer weniger nachfragen. In gleicher Weise können wir vom Ausgangspunkt aus immer etwas weniger von Gut x und deshalb immer etwas mehr von Gut y in Anspruch nehmen. Verbinden wir alle diese ausgewählten Kombinationen, erhalten wir eine Indifferenzkurve mit dem Nutzenniveau N1.
Die paretianische Wohlfahrtstheorie unterstellt nun, dass die so gewonnene Indifferenzkurve eine zum Ursprung hin konvexe Krümmung aufweist. Wir sprechen hierbei vom Gesetz der abnehmenden Grenzrate der Substitution. Danach gilt folgende Gesetzmäßigkeit: Wenn wir das eine Gut x stets um eine Einheit vermehrt einsetzen, bedarf es immer weniger Einheiten von Gut y, um wiederum auf das ursprüngliche Nutzenniveau zu gelangen. Dies ist deshalb so, weil auch die Paretianische Theorie vom Gossen’schen Gesetz ausgeht, wonach der Nutzenzuwachs (Grenznutzen) eines Gutes mit jeder zusätzlichen Konsumeinheit zurückgeht. Der Gesamtnutzen steigt zwar bei einer größeren Konsummenge an, der Grenznutzen sinkt jedoch.
Formal gesehen lehnte Vilfredo Pareto das Gossen’sche Gesetz zwar ab, da es stillschweigend unterstellt, dass man Nutzeneinheiten kardinal messen könne, dass man also angeben könne, um das Wievielfache das eine Güterbündel einen höheren Nutzen stiftet als ein Vergleichsgüterbündel. Pareto geht hingegen von davon aus, dass Nutzeneinheiten nur ordinal gemessen werden können, wir können danach nur angeben, ob das eine Güterbündel einen gleichen, größeren oder geringeren Nutzen als ein zweites Güterbündel stiftet. Trotz dieser Ablehnung liegt im Gesetz der abnehmenden Grenzrate der Substitution die gleiche Gesetzmäßigkeit zugrunde wie dem Gossen’schen Gesetz, nur dass bei Pareto eine Substitution, also eine Veränderung zweier Güter, bei Gossen hingegen lediglich die Veränderung eines Gutes betrachtet werden. Gedanklich lässt sich Paretos Vorgehensweise in zwei Einzelakte aufteilen: Von Gut x wird eine Einheit mehr verbraucht und zusätzlich werden von Gut y eine bestimmte Anzahl von Einheiten weniger konsumiert.
Bei einer Substitution von y durch x sinkt somit der Grenznutzen des Gutes x, da von diesem Gut mehr konsumiert wird; gleichzeitig steigt jedoch der Grenznutzen des Gutes y, da von diesem Gut
weniger Einheiten konsumiert werden. Also bedarf es aus zweierlei Gründen immer weniger Gütereinheiten von y um eine Zunahme einer zusätzlichen Gütereinheit von x gerade zu kompensieren. Das vermehrte Gut x hat einen immer geringeren Nutzenzuwachs und das verminderte Gut y hat einen immer höheren Nutzenentgang, sodass auch immer weniger Einheiten von y weggenommen werden müssen, um eine zusätzliche Einheit von x zu kompensieren.
Wir wollen nun unterstellen, dass von Gut x zusätzliche Einheiten konsumiert werden können, dass aber der Konsum von Gut y konstant bleibt. Wir gelangen auf diese Weise in unserem Diagramm auf einen Punkt, der vom Koordinatenursprung aus betrachtet weiter entfernt liegt als jeder Punkt auf der bisherigen Indifferenzkurve N1. Da entsprechend dem ersten Gossen’schen Gesetz jedoch jede Zunahme von einem oder mehreren Gütern (zumindest bis zur Sättigungsmenge) mit einem Zuwachs an Nutzen verbunden ist, liegt die neu gewählte Güterkombination auf einem höheren Nutzenniveau als der Ausgangspunkt.
Wir können nun auch für diesen neuen Punkt (x1, y2) wiederum alle Güterkombinationen bestimmen, welche den gleichen Gesamtnutzen stiften und diese Punkte zu einer neuen Indifferenzkurve verbinden, welche ein Nutzenniveau N2 stiftet.
In gleicher Weise können wir schließlich für alle Punkte unseres Diagramms Indifferenzkurven konstruieren, sodass also unser Diagramm eine dichte Schar von Indifferenzkurven enthält, wobei aus Gründen der besseren Übersicht nur wenige Indifferenzkurven eingezeichnet werden und zwar diejenigen, welche Güterkombinationen enthalten, die gerade zur Diskussion stehen.
Diese so gewonnenen Indifferenzkurven weisen nicht nur eine konvexe Krümmung auf. Sie zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie sich aus logischen Gründen nicht schneiden können. Würden sich nämlich zwei Indifferenzkurven schneiden, so müsste die dem Schnittpunkt entsprechende Güterkombination zwei unterschiedliche Nutzenniveaus aufweisen, was aus logischen Gründen zu einem Widerspruch führen würde.
Gleichzeitig gilt eine weitere Begrenzung. Wählen wir zwei Indifferenzkurven aus, wobei der Abstand der zweiten Indifferenzkurve doppelt so weit vom Koordinatenursprung entfernt liege als die erst eingezeichnete Kurve. Da wir mit Pareto davon ausgehen, dass sich Nutzenniveaus nicht kardinal bestimmen lassen, können wir aus der Entfernung beider Indifferenzkurven vom Koordinatenursprung nicht schließen, dass die weiter entfernte Kurve das doppelte Nutzenniveau der erst eingezeichneten Kurve repräsentiert. Wir können zwar eindeutig feststellen, dass die weiter vom Ursprung liegende Kurve ein höheres Nutzenniveau garantiert als die näher am Ursprung liegende Kurve, wir können aber nicht angeben, um wie viel das Nutzenniveau der zweiten Kurve höher ist als das der erst eingezeichneten Kurve.
Unsere bisherigen Überlegungen führten also zu dem Ergebnis, dass wir jede gewählte Güterkombination bewerten können und von zwei oder mehr zur Diskussion stehenden Güterkombinationen eindeutig eine ordinale Wertskala festlegen können. Wir sind somit auch in der Lage, anzugeben, welche von mehreren möglichen Güterkombinationen den höchsten Nutzenwert erzielt.
Wir sprachen bisher davon, dass die einzelnen Punkte unseres Diagramms zwar denkbare Güterkombinationen darstellen, wir wissen aber zunächst nichts darüber, welche Güterkombinationen überhaupt möglich sind. Fragen wir uns also als nächstes nach den tatsächlich realisierbaren Güterkombinationen eines privaten Haushaltes.
Wie viel Güter sich ein privater Haushalt leisten kann, hängt erstens von der Höhe des privat verfügbaren Einkommens und zweitens von den Preisen ab, zu denen dieser Haushalt diese Güter erwerben kann. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass bei konstanten Preisen ein Haushalt ein umso höheres Nutzenniveau erzielen kann, je höher das Einkommen und damit die Gütermengen sind, welche konsumiert werden können.
Umgekehrt gilt, dass bei gegebenem Einkommen das Nutzenniveau umso geringer ist, je höher die Preise der beiden Güter sind. Steigt der Preis des einen Gutes bei Konstanz des Preises des jeweils anderen Gutes oder steigen die Preise beider Güter, vermindert sich das reale Einkommen, das sich aus dem nominellen Einkommen durch Division des Preisniveaus errechnen lässt.
Wir wollen nun ein gegebenes Einkommen e sowie vorgegebene, vom Haushalt nicht selbst zu beeinflussende Preise px und py unterstellen. Wir können aus diesen Annahmen eine Bilanzgerade konstruieren, welche angibt, welche alternativen Gütermengen unter diesen Annahmen konsumiert werden können.
Eine erste Möglichkeit bestünde darin, dass wir das gesamte Einkommen für den Ankauf des Gutes x verwenden. In diesem Falle könnten wir ex definitione die Menge x = e/px kaufen. Wir tragen hierzu auf der x-Achse diese Menge ab.
Als zweites betrachten wir die Möglichkeit, das gesamte Einkommen für das Gut y auszugeben. In diesem Falle könnten wir die Menge y = e/py kaufen. Diese Größe tragen wir auf der y-Achse ab.
Nun verbinden wir beide Punkte miteinander, wir erhalten auf diese Weise eine Linie, welche alle Güterkombinationen umfasst, welche mit dem gegebenen Einkommen und bei gegebenen Preisen erworben werden können. Diese Kurve verläuft linear, da von konstant bleibenden Preisverhältnissen ausgegangen wird. Es gilt: Die Summe der Wertmengen (x * px ) + (y * py) muss gerade dem gesamten Einkommen entsprechen:
Der Winkel α, den diese Bilanzgerade mit der
Abszisse bildet, entspricht somit dem Preisverhältnis px/py:
Wir sind nun in der Lage zu bestimmen, welche Güterkombination dem untersuchten Haushalt das höchstmögliche Nutzenniveau gewährt. Diese Güterkombination ist dort gegeben, wo die Bilanzgerade eine Indifferenzkurve tangiert.
Zum Beweis betrachten wir verschiedene Punkte, welche alle auf der Bilanzgerade liegen. Durch jeden Punkt dieser Bilanzgerade geht eine (und nur eine) Indifferenzkurve. Wie die Graphik zeigt, liegt hierbei die Indifferenzkurve, welche die Bilanzgerade tangiert, am weitesten vom Koordinatenursprung entfernt, garantiert also das höchste Nutzenniveau unter allen anderen Punkten der Bilanzgeraden. Die gelben Punkte liegen zwar auch auf der Bilanzgerade, werden jedoch von einer Indifferenzkurve geschnitten, welche unterhalb der Tangente liegt und somit ein geringeres Nutzenniveau ermöglicht.
Wir wollen nun unterstellen, dass der Staat einen Teil der Dienstleistungen der Kindertagesstätte subventionieren möchte und vor der Frage stünde, diese Subvention entweder in Form eines Geldtransfers den Haushalten direkt auszuhändigen oder aber die Kindertagesstätten zu subventionieren und damit indirekt erreichen, dass den Haushalten mehr Dienstleistungen im Rahmen der Kindertagesstätten angeboten werden.
Betrachten wir zunächst den zweiten Fall (Angebot zusätzlicher Dienstleistungen im Bereich der Kindertagestätten). Der Tangentialpunkt zwischen Bilanzgerade und einer Indifferenzkurve ist durch den blauen Punkt gegeben. Zusätzlich wird nun auf direktem Wege dem Haushalt eine bestimmte Menge an Dienstleistungen der Kindertagestätten angeboten. Der Haushalt erreicht auf diese Weise eine Güterkombination, welche dem gelben Punkt entspricht. Dieser Punkt liegt auf einer weiter vom Ursprung entfernten Indifferenzkurve und garantiert deshalb auch ein höheres Nutzenniveau.
Wir wollen nun unterstellen, dass der Staat dieselbe Geldmenge dem Haushalt zur freien Verwendung zur Verfügung stellt. Dies bedeutet, dass die Bilanzgerade nach rechts bis zum grünen Punkt verschoben wird. Da die Preisverhältnisse hiervon unberührt bleiben, verschiebt sich also die Bilanzgerade parallel nach rechts. Der neue Tangentialpunkt liegt nun auf einer Indifferenzkurve, welche weiter vom Koordinatenursprung entfernt liegt als die bisherige Indifferenzkurve. Dies besagt, dass die Zurverfügungstellung der Subvention in Form eines Geldtransfers dem Haushalt unter den gemachten Annahmen einen größeren Nutzen stiftet als dann, wenn die gleiche Subventionssumme den Haushalten in vermehrten Dienstleistungen zur Verfügung gestellt worden wäre. Ein Transfer als Geldzahlung ist also –unter den gemachten Annahmen – eindeutig einem Transfer als Sachleistung überlegen.
Wie haben wir uns diese Schlussfolgerung zu erklären? Vergleichen wir hierzu die beiden realisierten Güterkombinationen bei Geldleistungen und bei Gewährung von Sachleistungen. Es fällt auf, dass bei Sachleistungen insgesamt mehr Dienstleistungen der Kindertagestätten in Anspruch genommen werden. Der höhere Nutzen bei Geldleistungen erklärt sich daraus, dass in aller Regel bei einer Zunahme des realen Einkommens dann ein höherer Nutzenzuwachs erzielt wird, wenn der Einkommenszuwachs nicht einseitig nur für ein Gut verwendet wird. Bei der freien Entscheidung (Geldtransfers) verwendet der Haushalt die reale Einkommenssteigerung teilweise auch für das jeweils andere Gut und erzielt gerade deshalb auch einen höheren Nutzenzuwachs als bei Sachleistungen.
Aus der Sicht des Staates mögen Sachleistungen vorteilhafter erscheinen, er war ja lediglich daran interessiert, dass die Dienstleistungen der Kindertagesstätte vermehrt in Anspruch genommen werden und diesem Ziel wird natürlich bei Sachleistungen besser entsprochen. Da aber die paretianische Wohlfahrtstheorie von der Wertprämisse ausgeht, dass die Verwendung der Ressourcen von den Begünstigten selbst bestimmt werden sollte (Selbstbestimmungskriterium) und ein meritorischer Ansatz, nach dem Staat dem einzelnen vorschreibt, wie er sein Einkommen zu verwenden hat, aus grundsätzlicher Überzeugung abgelehnt wird, kamen wir zu dem Ergebnis, dass die Lösung mit Geldleistungen eine höhere Wohlfahrt garantiert als die Lösung mit Sachleistungen.
3. Fremdbestimmung versus Selbstbestimmung
Nun lässt sich gegen diese Argumentation einwenden, dass beim Angebot an Kindertagesstätten gar nicht von einer Selbstbestimmung gesprochen werden könne, da ja die staatliche Subvention nicht den entscheidenden Eltern, sondern den Kindern dieser Eltern zugutekommen soll. Also müsse man davon ausgehen, dass die von den Kindern in Anspruch genommenen Leistungen in jedem Falle eine Fremdbestimmung darstellen, nicht nur bei den Sachleistungen, bei welchen der Staat über den Umfang dieser Dienstleistungen bestimmt, sondern auch bei Geldleistungen, bei welcher die Eltern für ihre eigenen Kinder die Entscheidung treffen.
Das hier vorliegende Problem verlagert sich also auf die Frage, welche Art der Fremdbestimmung – die des Staates oder die der Eltern – die besseren Ergebnisse herbeiführt. Es geht also um die Frage, ob oder besser unter welchen Bedingungen die Kindererziehung primär in den Händen der Eltern oder aber der in den Kindertagestätten angestellten Erzieher liegen sollte.
Damit die Erziehung von Kindern zu einem Erfolg führt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Der Erziehungserfolg hängt erstens von der Größe der Gruppe ab, in welcher die Erziehung erfolgt. Je kleiner die Gruppe ist, umso weniger Kinder erzogen werden müssen, umso mehr kann sich der Erzieher dem einzelnen Kind widmen. Es kann kein Zweifel bestehen, dass Kindererziehung keine Leistung darstellt, die unter den Bedingungen der Massenproduktion erbracht werden kann, hierzu bedarf es einer Handarbeit. Auch dann, wenn eine Kindertagestätte noch so klein ist, wird sie doch wesentlich mehr Kinder umfassen als eine einzelne Familie, dies gilt vor allem auch deshalb, weil sich heute der größte Teil der Familien auf ein bis drei Kinder bezieht. Die Eltern können sich somit sehr viel intensiver um das einzelne Kind kümmern, als dies im Allgemeinen für eine unpersönliche Kindertagesstätte gilt.
Allerdings muss auch betont werden, dass eine Ein-Kind-Familie ein Großteil der Erziehungsaufgaben schon deshalb nicht erfüllen kann, da es zu den wichtigsten Erziehungsaufgaben zählt, die Kinder auf die zwischenmenschlichen Beziehungen unter Gleichberechtigten vorzubereiten, diese Aufgabe kann erst in einer Familie mit mindestens zwei oder drei Kinder voll erfüllt werden. Auf der anderen Seite führt eine Einrichtung, welche eine Vielzahl von Personen für einen größeren Zeitraum zusammenführt dazu, informelle Gruppierungen entstehen zu lassen, welche sehr oft im Hinblick auf die Erziehungsaufgaben eher hinderlich als förderlich sind. Zumeist entstehen solche informellen Gruppierungen ja als Gegenreaktion gegen einen Druck, welcher von Seiten der offiziellen Führungskräfte dieser Einrichtungen aufgebaut wird.
Erziehung kann zweitens nur dann erfolgreich sein, wenn ein extrem hohes emotionales Engagement bei den Erziehern vorausgesetzt werden kann. Auch dann, wenn das Arbeiten mit Kindern Freude bereitet, muss man doch anerkennen, dass im Allgemeinen Zeiten des Stress und der oftmals fast übermenschlichen Anstrengung gerade in den ersten Jahren der Kinder überwiegen, sodass bei einer Bilanzierung von positiven und negativen Empfindungen doch sehr oft die negativen überwiegen. Im Altertum und im Mittelalter konnten die Eltern immerhin davon ausgehen, dass sie dann, wenn sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden, von ihren Kindern miternährt werden. Die Bemühungen der Eltern ihren Kindern gegenüber in deren ersten Jahren konnte also als eine Art Versicherung fürs Alter oder als eine Investition in die Zukunft angesehen werden.
Heutzutage ist auf der einen Seite die Notwendigkeit eine solchen Schutzes im Alter aufgrund der Existenz der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr gegeben, auf der anderen Seite ist die Bereitschaft der Kinder, ihre Eltern im Alter zu pflegen – im Gegensatz zu früher – wesentlich geringer geworden, da sich die Lebensgewohnheiten von Generation zu Generation verändern und da auch das berufliche Fortkommen der Kindergeneration oftmals eine räumliche Trennung von Eltern und ehemaligen Kindern notwendig macht.
Trotzdem gilt auch für die heutige Zeit, dass die Erwachsenen, welche eine Familie gründen, doch in überaus großem Maße nachwievor für dieses Engagement bereit sind, vor allem deshalb, weil es sich um ihre eigenen Kinder, um „ihr eigen Fleisch und Blut“ handelt. Demgegenüber wäre es illusorisch zu meinen, man könne eine ähnlich hohe Aufopferung bei Erziehern erwarten, welche die Erziehung berufsmäßig durchführen gegenüber fremden Kindern und in einer im Vergleich zu der Familiengröße sehr großen Anzahl von zu betreuenden Kindern.
Die Aufgabe der Erziehung verlangt weiterhin drittens ein ausgiebiges Wissen, welche Erziehungsmethoden zum Erfolg führen und welche nicht. Im Altertum und im Mittelalter wurde dieses Wissen von Generation zu Generation übertragen, es war auch von geringem Umfang und bestand aus wenigen, einleuchtenden Grundsätzen. Dies ist heute nicht mehr möglich. Auf der einen Seite hat die Erziehungswissenschaft aufgezeigt, dass viele tradierte Methoden zu keinem Erfolg führen, auf der anderen Seite leben wir heute nicht mehr wie früher in einer stationären Gesellschaft, in welcher die Aufgaben und Möglichkeiten von Generation zu Generation die gleichen bleiben.
Wir leben vielmehr in einer dynamischen, sich schnell verändernden Welt, in der sich sowohl die Möglichkeiten ausgeweitet als auch die notwendigen Maßnahmen verändert haben. Wir können heute nicht mehr davon ausgehen, dass nahezu alle Eltern über dieses Wissen verfügen. Selbst dann, wenn wir damit rechnen können, dass das für eine ausreichende Erziehung notwendigste Wissen in den Schulen gelehrt wird, wir müssen davon ausgehen, dass ein Großteil der heutigen Eltern gar keinen ordentlichen Schulabschluss besitzen und deshalb auch nicht über das für eine Erziehung notwendige Wissen verfügen.
Erziehung verlangt aber viertens auch besondere Fähigkeiten zur Erziehung. Wissen allein, wie man bestimmte Aufgaben zu erledigen hat, reicht im Allgemeinen nicht mehr aus, um die Aufgabe der Erziehung ordentlich wahrzunehmen. Auch hier gilt, dass nicht nur das Wissen, sondern auch die Fähigkeiten gegenüber dem Altertum und Mittelalter sehr viel komplexer geworden sind, sodass das theoretisch erlernte Wissen zunächst eingeübt werden muss. Es kann nicht erwartet werden, dass bestimmte Erziehungsmethoden – wenn sie einmal bekannt sind – wie von selbst ausgeführt werden können.
Sowohl im Hinblick auf Wissen wie auch auf Fähigkeiten sind ganz generell Erzieher, welche ihre Aufgaben berufsmäßig ausführen, in aller Regel besser geeignet als dies für die Mehrheit der Eltern gilt. Berufsbezogene Erzieher erfahren eine mehrjährige Ausbildung, wobei hier nicht nur das theoretisch notwendige Wissen, sondern auch die praktische Anwendung dieses Wissens gelehrt wird.
Auch dann, wenn wir heute aufgrund erziehungswissenschaftlicher Entwicklung davon ausgehen können, dass bestimmte veraltete Erziehungsmethoden zumindest in der heutigen Zeit als ungeeignet angesehen werden können, müssen wir doch anerkennen, dass es nicht nur eine richtige Methode der Erziehung geben kann, dass es nachwievor sehr wohl verschiedene Leitbilder der Erziehung gibt und dass die unterschiedlichen Wertsysteme unserer modernen Gesellschaft auch unterschiedliche Leitbilder der Erziehung nahe legen.
Hier müssen wir davon ausgehen, dass unsere Verfassung auf der einen Seite Religionsfreiheit garantiert und das in der Erziehung verfolgte Ziel hängt ganz entscheidend von den religiösen Grundlagen ab. Auf der anderen Seite verbietet unsere Verfassung ganz bestimmte Haltungen wie z. B. Rassendiskriminierung oder Blutrache, die selbst wiederum in einigen religiös geprägten Erziehungsleitbildern anerzogen werden. Das Ziel der Religionsfreiheit lässt sich sicherlich eher in der Familie verwirklichen als in einer Kindertagesstätte; diese können gerade deshalb, weil hier Kinder aus Familien mit den unterschiedlichsten Leitbildern im Hinblick auf die Religion erzogen werden müssen, Unterschiede in den religiösen Leitbildern nicht berücksichtigen.
Nun könnte man einwenden: Gerade deshalb weil unsere Verfassung Religionsfreiheit garantiert, sei es besser, dass der einzelne mit religiösen Überzeugungen erst im Erwachsenenalter konfrontiert wird, damit er frei von den familiären Wurzeln seine religiöse Entscheidung treffen könne. Eine solche Überzeugung verkennt, dass eine religiöse Haltung überhaupt nur dann gebildet werden kann, wenn die Wurzeln einer Glaubenshaltung in den allerersten Jahren gelehrt wurden. Mit der religiösen Erziehung bis zum Erwachsenenalter zu warten, ist genauso falsch wie wenn man die Unterrichtung des für unser Leben notwendigen Wissens auf einen Zeitpunkt verschieben würde, in dem der einzelne bereits erwachsen ist und deshalb auch weiß, welchen Beruf er ergreifen möchte und welches Wissen er also auch benötigt. Die Verschiebung der Aneignung von Wissen und Werten auf das Erwachsenenalter hätte notwendiger Weise zur Folge, dass überhaupt keine Wissensvermittlung mehr möglich wäre.
Damit nämlich der Einzelne später z. B. auf der höheren Schule oder Universität oder auch in der Berufsausbildung in der Lage ist, das vermittelte Wissen aufzunehmen und sich anzueignen, bedarf es grundlegender Anreize im frühesten Kinderalter. Die Erziehungswissenschaft hat erkannt, dass Lernfähigkeit überhaupt nur dadurch erzeugt werden kann, dass das Kind bereits in den ersten Lebensjahren beginnt, durch Fragen erstes Wissen anzueignen. Ob eine Lernfähigkeit entsteht, hängt nun ganz davon ab, ob die Eltern oder Erzieher diese Fragen für das Kind verständlich beantworten oder abblocken. Nur dann, wenn die Wissensbegier der Kleinkinder durch Zuwendung belohnt wird, entsteht auch für die späteren Jahre eine Bereitschaft, weiteres Wissen anzueignen. Sind jedoch die Eltern nicht bereit, diesen Wissens- und Forscherdrang zu honorieren und anzuregen, wird das Kind in späteren Jahren jede Lust am Lernen verlieren und auch nicht bereit sein, die Strapazen des Lernens auf sich zu nehmen.
Diese Zusammenhänge gelten für jede Art von Wissen: für theoretisches wie für praktisches Wissen bzw. der Aneignung von Fähigkeiten. Es gilt aber gleichermaßen für normatives Wissen, auch hier wiederum für die Kenntnisnahme der einzelnen Grundwerte wie auch für die Einübung in diese Grundsätze.
Es ist also zu befürchten, dass jemand, welcher erst im Erwachsenenalter mit den religiösen Wertvorstellungen konfrontiert wird, überhaupt gar keinen Zugang mehr zu religiösen Werten gewinnen kann.
Erziehung ist fünftens eine sehr zeitintensive Aufgabe. Das Erziehen der Kinder kann nicht mit der linken Hand so nebenbei vorgenommen werden, sondern bedarf einer sehr intensiven, Zeit raubenden Beschäftigung und Überwachung der Kinder. Es kann nicht erwartet werden, dass dann, wenn beide Eltern ganztägig einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit außer Hause nachgehen, nebenhier noch die Erziehungsaufgabe gegenüber ihren Kindern in Gänze erfüllt werden kann.
Unsere Überlegungen gelten im Prinzip für alle Abschnitte und Teilaufgaben der Erziehung. Die einzelnen aufgezählten Erziehungsaufgaben wirken allerdings in den einzelnen Abschnitten der Erziehung mit unterschiedlichem Gewicht. Das Aneignen des allgemeinen Wissens kann sicherlich nur in Schulen erfolgen, die Eltern wären vollkommen überfordert, wollten sie auch diese Aufgabe übernehmen, ihnen fehlt hierzu sowohl Wissen als auch Zeit, zumindest dann, wenn beide Elternteile – so wie dies heute üblich ist – einer erwerbswirtschaftlichen Arbeit außer Hause nachgehen. Die oben aufgezählten Vorteile einer Erziehung vorwiegend durch die Eltern dürften aber auch heute noch für die ersten Lebensjahre der Kinder gelten. Hier ist es entscheidend, dass die Kinder zunächst einmal das Urvertrauen gewinnen, das von den leiblichen Eltern am besten geschaffen werden kann.
Wenn diese Vorzüge einer Erziehung durch die Eltern auch für die Mehrheit der Eltern gelten dürfte, kann nicht bestritten werden, dass ein beachtlicher Teil der Eltern die obengenannten fünf Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erziehung nicht aufweist. Aber anstatt dass man aus dieser Tatsache den Schluss zieht, die Erziehung der Kleinkinder schwergewichtig den außerhäuslichen Erziehern zu übertragen, wäre es sinnvoller das Recht der Eltern für eine ganztätige Erziehung der Kleinkinder und für die Gewährung eines Betreuungsgeldes an bestimmte Bedingungen zu knüpfen.
Allerdings gibt es wenig Sinn, in diesem Zusammenhang sachfremde Bedingungen für den Bezug des Betreuungsgeldes zu formulieren, so wie es in Regierungskreisen diskutiert wurde. Bedingungen sollten vielmehr so formuliert werden, dass sie sich allein auf die Befähigung der Eltern für diese Erziehungsaufgabe sowohl was ihr Wissen, ihre Befähigung und ihre moralische Integrität betrifft, beziehen.
4. Die Bedeutung unerwünschter Nebenwirkungen
Bei unseren bisherigen Überlegungen überprüften wir die Berechtigung der hier zur Diskussion stehenden beiden Alternativen (Sach- oder Geldleistungen) allein anhand der Frage, welche dieser beiden Alternativen die eigentlichen Erziehungsaufgaben gegenüber den Kindern sachgerechter und effizienter erfüllt. Nun haben wir allerdings davon auszugehen, dass bei nahezu allen politischen Maßnahmen nicht nur Wirkungen auf die Zielgrößen, um derentwillen diese Maßnahmen eingeführt werden, zu erwarten sind, sondern dass in aller Regel von nahezu allen politischen Aktivitäten unerwünschte Nebenwirkungen auf andere Ziele der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ausgehen.
Ein sachgerechtes Urteil über die Zweckmäßigkeit der anstehenden Alternativen setzt also immer auch voraus, das man sich darüber klar wird, welche anderen Ziele durch diese Maßnahme negativ berührt werden. Erst dann, wenn man sich aller Auswirkungen einer Maßnahme klar wird und deren Wert oder Unwert gewichtet, ist es möglich, zu einem abschließenden Urteil darüber zu gelangen, welche Maßnahme nun insgesamt die zweckmäßigste im Hinblick auf alle betroffenen Ziele darstellt.
Hierzu ist es in erster Linie notwendig, dass man sich aller Ziele, welche von der zur Diskussion stehenden Maßnahme positiv oder negativ betroffen werden, bewusst wird. Gerade im Zusammenhang mit der Diskussion um das Betreuungsgeld scheint mir diesem Prinzip nicht entsprochen zu werden. Im Zusammenhang mit der Einführung eines Betreuungsgeldes werden zwar Fragen diskutiert, inwieweit bestimmte Bedingungen für den Bezug dieser Subvention als gerecht angesehen werden, es wird aber kaum in diesem Zusammenhang offen ausgesprochen, dass die Gewährung eines Betreuungsgeldes von den Gegnern einer solchen Regelung in allererster Linie deshalb abgelehnt wird, weil man befürchtet, auf diese Weise die Ziele der Emanzipation der Frauen und der Berechtigung der Frauen zu einer vollen Erwerbstätigkeit zu gefährden.
Es wird stillschweigend davon ausgegangen, dass die Gewährung eines Betreuungsgeldes eine Ermutigung der Eltern darstellt, dass die Erziehung von den Eltern selbst wahrgenommen werden sollte. Es wird dann weiterhin der Schluss gezogen, dass dies zur Folge habe, dass die Frau wiederum wie in der Vergangenheit die häusliche Arbeit verrichten sollte, während die erwerbswirtschaftliche Arbeit dem Mann vorbehalten sein sollte.
Es ist klar, dass eine solche Aufteilung der Arbeiten zwischen beiden Elternteile unserem Grundgesetz widersprechen würde, da Frauen im Hinblick auf ihr Recht einer Beschäftigung freier Wahl nachzugehen, gegenüber den Männern diskriminiert würden. Allerdings scheint es mir fragwürdig, ob die Betreuung von Kleinkindern vorwiegend in der Familie notwendiger Weise zur Folge hat, dass auf diese Weise Frauen im Hinblick auf die erwerbswirtschaftliche Arbeit diskriminiert werden. Wenn auch in der Vergangenheit wie selbstverständlich eine Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau tatsächlich dazu führte, dass in aller Regel der Mann die erwerbswirtschaftliche Arbeit übernahm und der Frau deshalb die Erziehung der Kinder oblag, diese Art der Arbeitsteilung ist sicherlich nicht die einzig mögliche und auch nicht unbedingt die Art, welche sich aus der Erziehungsaufgabe automatisch ergibt.
Natürlich ist es richtig, dass in den allerersten Monaten nach der Geburt eines Kindes in der Tat nur eine Frau das Kind stillen kann und infolgedessen nur die Möglichkeit besteht, dass die Erziehungsaufgabe in dieser Zeit entweder nur von der Mutter oder einer Amme übernommen werden könnte. Auch dürfte im Allgemeinen Einigkeit darüber bestehen, dass Kinder in den ersten Wochen auch tatsächlich gestillt werden sollten.
Abgesehen von diesen ersten Monaten ist jedoch die Erziehungsaufgabe sicherlich nicht geschlechtsspezifisch der Art, dass diese Aufgabe nur von Frauen oder zumindest von Frauen sehr viel zweckmäßiger erfüllt werden könnte. Dass eine solche Auffassung lange Zeit vorherrschte, hing vielmehr eher mit den früheren Leitbildern der Erziehung als mit tatsächlichen genetischen Unterschieden zwischen Mann und Frau zusammen.
Als erstes ist die Frage zu klären, ob es tatsächlich notwendig oder erwünscht ist, dass beide Eltern ganztägig einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Es fällt auf, dass früher trotz geringerer Produktivität und damit auch geringerem durchschnittlichem Lohneinkommen eines Arbeitnehmers nur ein Elternteil erwerbswirtschaftlich arbeitete und dieses so erworbene Lohneinkommen ausreichte, eine ganze Familie zu ernähren, obwohl die Familiengröße damals im Allgemeinen größer als heute war, da damals mehr Kinder auf eine Familie entfielen. Es bleibt unerklärlich, weshalb heutzutage trotz wesentlich höherer Produktivität und damit höherem Lohneinkommen und trotz geringerer Familiengröße trotzdem die Meinung vorherrscht, dass es notwendig sei, dass beide Elternteile ganztätig erwerbswirtschaftlich tätig sein müssen, um das erwünschte Wohlfahrtsniveau zu erreichen.
Offensichtlich überwiegt heutzutage der Wunsch, die Produktivitätssteigerungen so auszunutzen, dass die Arbeitnehmer immer früher aus dem Erwerbsleben ausscheiden können. Da aber gleichzeitig aufgrund einer gestiegenen Lebenserwartung der Anteil der älteren Jahrgänge stark steigt, geraten die Systeme der Altersversorgung in eine ernsthafte finanzielle Schwierigkeit, da die Finanzierung der Altersrenten nur noch dadurch sichergestellt werden kann, dass die Rentenhöhe entweder drastisch verringert oder die Beiträge zur Altersversicherung drastisch erhöht werden. Es wäre erwünscht, dass die gestiegene Produktivität viel stärker dazu benutzt wird, dass eine Familie auch dann ihr gewünschtes Familieneinkommen realisieren kann, wenn beide Elternteile nicht mehr ganztägig erwerbswirtschaftlich tätig sind.
Weiterhin gilt es zu bedenken, dass eine häusliche Erziehung nicht notwendigerweise voraussetzt, dass ein bestimmter Elternteil – der Vater oder die Mutter – für die gesamte Zeit die Erziehung der Kinder übernimmt. Technisch möglich wäre es auch, wenn sich die Eltern in der Erziehungsarbeit abwechseln. So wäre es denkbar, dass beide Eltern nur halbtags arbeiten und einer der Elternteile, z. B. der Vater vormittags, der andere Elternteil z. B. die Mutter nachmittags einer erwerbswirtschaftlichen Arbeit nachgeht. Oder aber der eine Elternteil verrichtet seine erwerbliche Arbeit einige wenige Jahre, macht dann eine genau solange berufliche Pause, damit der andere Elternteil der erwerbswirtschaftlichen Arbeit nachgehen kann und der erstgenannte während dieser Zeit die häusliche Arbeit verrichtet.
Es wird immer wieder behauptet, dass eine solche Regelung bei Führungskräften nicht möglich sei. Es steht hier nicht zur Diskussion, ob die Unternehmungen und Verwaltungen bereits diese Möglichkeiten anbieten, sondern lediglich, ob sie technisch möglich sind. Bereits im altertümlichen Rom war es möglich, dass die höchsten Führer, die Konsuln ihre Geschäfte zu zweit und lediglich für ein Jahre verrichteten, obwohl es hier darum ging, die Geschicke eines Weltreiches zu leiten. Umso mehr müsste es in der heutigen Zeit aufgrund der technischen Entwicklung des Computers und des Internets möglich sein, dass auch Führungskräfte eine Auszeit nehmen können und trotzdem in der Lage sind, die Entwicklung der Unternehmung auch von Hause aus so zu verfolgen, dass sie nach dieser Auszeit wiederum die Unternehmungsführung übernehmen können.
Bei unseren bisherigen Überlegungen haben wir stillschweigend unterstellt, dass erwerbswirtschaftliche Arbeit stets außerhalb des privaten Haushaltes erfolgt. Die oben erwähnte Entwicklung des Computers und des Internets macht es jedoch möglich, einen Teil der erwerbswirtschaftlichen Arbeit in die eigene Wohnung zu verlagern. Es können prinzipiell alle Daten, welche für eine Entscheidung bekannt sein müssen, über das Internet abgerufen werden, auch ist eine Kommunikation mit anderen Mitarbeitern über das Internet möglich, es können sogar Konferenzschaltungen aufgebaut werden, die es gestatten, dass zur gleichen Zeit mehrere Personen miteinander kommunizieren.
Auch hier gilt natürlich, dass diese Entwicklung noch in den Anfängen steckt und dass sehr viel weniger Arbeitsplätze dieser Art von den Unternehmungen angeboten werden als technisch möglich wäre. Hier wäre es notwendig, dass die Politik Anreize setzt, um diese Entwicklung zu forcieren, aber nicht einfach den Schluss zieht, dass deshalb, weil heutzutage solche Stellen in zu geringem Umfang angeboten werden, eine solche Lösung überhaupt nicht möglich sei.