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Enteignung, kein Weg aus der Krise!

 

 

Die Verschwörungstheoretiker und Ideologen sind wieder auf dem Vormarsch. Dieses Mal ist es eine Handvoll Manager einiger Immobilienkonzerne, welche für die Unzugänglichkeiten auf den Wohnungsmärkten verantwortlich gemacht werden, welche diesen Thesen zu Folge also die Mieten in die Höhe getrieben haben und auch aus reiner Profitgier das Angebot an Wohnungen zu knapp halten.

 

Ideologen glauben auch daran, dass diese Krise durch Einsatz einfacher Mittel beseitigt werden könne. Enteignung heißt das Zauberwort, welche alle Probleme auf dem Wohnungsmarkt mit einem Schlag lösen könnte. Und sie halten sich auch im Recht, da doch unser Grundgesetz in Artikel 14 ausdrücklich die Enteignung als politisches Mittel erlaube.

 

Ganz im Gegensatz zu diesen Vorstellungen geht es im Artikel 14 unseres Grundgesetzes um den Schutz des Eigentums. Zwar sieht dieser Artikel vor, dass dann, wenn vorrangige Ziele der Politik nicht auf anderem Wege realisiert werden können, ausnahmsweise auch eine Enteignung einzelner Grundstücke durchgeführt werden könne.

 

Aber eine solche Enteignung ist nur als ultima ratio erlaubt, das heißt erstens nur dann, wenn keine anderen Maßnahmen, welche die Ziele des Grundgesetzes nicht oder zumindest in geringerem Maße verletzen, bekannt und möglich sind und wenn zweitens auch bei vorherrschendem Wissensstand damit gerechnet werden kann, dass eine Enteignung mit großer Wahrscheinlichkeit zur Lösung der anstehenden Probleme tatsächlich beiträgt.

 

Beide Voraussetzungen sind jedoch bei einer Enteignung zur Lösung der Krise auf den Wohnungsmärkten nicht erfüllt. Eine Enteignung trägt nicht dazu bei, die augenblickliche Knappheit an Wohnungen zu überwinden, durch eine Enteignung wird keine einzige zusätzliche Wohnung errichtet.

 

Gleichzeitig hält eine Enteignung die noch nicht enteigneten Unternehmungen auf dem Wohnungsmarkt davon ab, in neue Wohnungen zu investieren. Niemand ist bereit, neue Wohnungen zu bauen, wenn er die bei einer Produktion entstehenden Kosten nicht nur nicht ersetzt bekommt, also Verluste macht, sondern darüber hinaus befürchten muss, dass er in Zukunft enteignet werden kann.

 

Es kommt noch hinzu, dass das Grundgesetz keine ersatzlose Enteignung erlaubt. Wenn bestimmte Grundstücke aus Gemeinwohlüberlegungen enteignet werden müssen, dann sind die bisherigen Eigentümer angemessen zu entschädigen. In diesem Falle werden jedoch dem Staat Geldmittel entzogen, welche er ohne Enteignung zur Förderung des Wohnungsbaues hätte verwenden können.

 

Geeignete Maßnahmen zur Lösung eines konkreten Missstandes setzen jedoch voraus, dass man sich zunächst darüber klar wird, auf welche Ursachen denn der augenblickliche Notstand auf dem Wohnungsmarkt zurückzuführen ist. Nur dann, wenn es mit den eingeleiteten Maßnahmen gelingt, diese Ursachen zu beseitigen oder zumindest zu verringern, kann erwartet werden, dass politische Maßnahmen auch zum Erfolg führen.

 

Die Ursachen für die derzeitige Misere auf den Wohnungsmärkten sind jedoch vielfältig.

 

Als erstes entspricht das derzeitige Angebot an Bauland und an bezugfertigen Wohnungen nicht der Nachfrage nach Wohnungen. Hierfür verantwortlich sind selbst wiederum mehrere Gründe.

 

Oftmals haben es die Gemeinden versäumt, ausreichend Bauland zur Verfügung zu stellen. Würde nämlich das Angebot an bebaubaren Grundstücken der Nachfrage entsprechen, fiel jeder Versuch, aus spekulativen Gründen Bauland zurückzuhalten in der Erwartung, in Zukunft einen hoch höheren Grundstückpreis zu erzielen, in sich zusammen. Niemand ist bereit, einen höheren Preis zu zahlen, wenn die Gemeinden ausreichendes, der Knappheit entsprechendes, Bauland zur Verfügung stellen würden.

 

Übersteigt die Nachfrage auf einem beliebigen Markt das Angebot, kann dieses Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ex definitione nur dadurch beseitigt werden, dass das Angebot ausgeweitet und/oder die Nachfrage eingeschränkt wird.

 

Eine Preiserhöhung ist das wohl einzige Mittel, das genau diese beiden Ziele automatisch erfüllt. Auf der einen Seite haben die Unternehmungen bei einem Preisanstieg einen vermehrten Anreiz, das Angebot zu erhöhen, auf der andere Seite sehen sich jedoch viele Nachfrager gezwungen, aufgrund der erhöhten Preise die Nachfrage einzuschränken.

 

Auf dem Wohnungsmarkt bedeutet dies z. B., dass einige Mieter dann, wenn ihre Wohnung bisher größer als der Bedarf war, entweder in kleinere Wohnungen ziehen oder durch Untervermietung Wohnraum frei geben.

 

Natürlich ist jede Mietpreiserhöhung für die Betroffenen schmerzlich. Da aber eine Mietpreiserhöhung das wirksamste Mittel zur schnellen Beseitigung einer Knappheit darstellt, ist diese Preiserhöhung auch nur vorübergehend.

 

Auf einem freien Markt fallen die Preise sehr schnell und wenn sie tatsächlich trotz Abbau des Marktungleichgewichtes nicht fallen, liegt es daran, dass der Staat monopolistische und oligopolistische Märkte zugelassen und es verabsäumt hat, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen.

 

Auch bedarf eine Freigabe der Mietpreise selbstverständlich einer sozialen Abfederung. Jeder Bürger hat ein Recht auf eine angemessene Wohnung. Und wenn für einen Teil der Bürger wegen zu geringen Einkommens die Mieten unbezahlbar werden, ist es Aufgabe des Staates, diesem Teil der Bürger durch angemessene staatliche Wohnzuschüsse eine bezahlbare Wohnung zu ermöglichen. Wir haben heute bereits staatliche Mietzuschüsse, sie sind jedoch zu gering, um allen Bürgern eine bezahlbare Wohnung zu ermöglichen.

 

Wohnzuschüsse in angemessener Höhe stellen ein marktkonformes Mittel dar, das die Anpassungskräfte des Marktes (Erhöhung des Angebotes und Rückgang in der Nachfrage) nicht behindert. Die Anbieter haben in diesem Falle nach wie vor einen starken Anreiz, das Angebot an Wohnungen zu vergrößern.

 

Für die Nachfrage gilt, dass für den größten Teil der Mieter mit einem durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Einkommen ebenfalls Anreize bestehen, nicht benötigten Wohnraum freizugeben.

 

Nur bei dem Teil der Bürger, welcher einen Anspruch auf Mietzuschüsse hat, ist dieser Anreiz nicht gegeben. De facto wäre jedoch auch ohne Gewährung staatlicher Mietzuschüsse bei diesen Bürgern kein Anreiz zur Verringerung der Wohnfläche gegeben. Wer ohnehin nur über Wohnraum verfügt, der einem Existenzminimum entspricht, könnte und sollte auch bei noch so hohen Mietpreissteigerungen keinen Wohnraum frei geben.

 

Das augenblickliche Ungleichgewicht auf den Wohnungsmärkten hängt aber nicht nur damit zusammen, dass wenige Wohnungen gebaut werden (in Wirklichkeit werden sogar sehr viele Wohnungen gebaut), sondern vor allem auch damit, dass die Nachfrage nach Wohnungen stark angestiegen ist.

 

Kurzfristig gesehen stieg in den beiden letzten Jahren der Wohnungsbedarf einfach deshalb sprunghaft an, weil unter anderem im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsstrom mehr Personen ein- als ausgewandert sind.

 

Langfristig gesehen gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass nicht in allen Teilen der Bundesrepublik Wohnungsnot herrscht. Es ist der allgemeine Trend der Bürger, die ländlichen Gebiete zu verlassen und in die Städte, vor allem Großstädte, zu ziehen, der in diesen Ballungsräumen eine verheerende Wohnungsnot hervorgerufen hat.

 

Der Staat könnte auf lange Sicht sehr wohl diesen Trend verhindern oder zumindest verlangsamen, wenn er die Anreize, die zu einer solchen Wanderung geführt haben, abbauen würde.

 

Dass z. B. so viele Personen in die Stadt ziehen, hängt damit zusammen, dass in ländlichen Räumen zu wenig Unternehmungen angesiedelt sind und deshalb zu wenig Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen.

 

Dies hinwiederum hängt vorwiegend damit zusammen, dass die Voraussetzungen für eine reibungsfreie Produktion auf dem Lande heutzutage schon deshalb nicht gegeben sind, weil kein unbegrenzter Zugang zum Internet besteht. Ein Ausbau des Internets in allen Teilen der Bundesrepublik könnte hier sehr wohl Abhilfe schaffen.

 

Auch das Angebot an medizinischen Leistungen sowie an kulturellen Veranstaltungen ist in weiten Teilen der ländlichen Räume gemessen am Bedarf zu gering. Auch hier könnte dadurch Abhilfe geschaffen werden, dass neue Techniken entwickelt werden, um diesen Bedarf auch auf dem Lande zu befriedigen.

 

So könnten etwa mobile Einrichtungen sowohl im Gesundheitswesen als auch bei kulturellen Veranstaltungen in ländlichen Gegenden verstärkt eingesetzt werden und auf diese Weise die Attraktivität auf dem Lande erhöhen und dies wiederum könnte die Wanderung in die Städte langfristig verringern.

 

Knappheit ist allerdings nicht die einzige Ursache für die Mietpreissteigerungen der letzten Jahre. Auch der Versuch, durch Auflagen im Wohnungsbereich umweltpolitische Ziele durchzusetzen, hat dazu beigetragen, dass Mieten und Wohnnebenkosten drastisch angestiegen sind.

 

Natürlich muss man davon ausgehen, dass diese Ziele berechtigt und notwendig sind. Es geht aber bei der Kritik an diesen Maßnahmen weniger darum, dass umweltpolitische Ziele im Rahmen der Wohnungspolitik verfolgt werden, sondern eher darum, dass in der umweltpolitischen Diskussion oftmals der Eindruck erweckt wird, als gäbe es nur umweltpolitische Probleme und als müssten alle anderen politischen Ziele zugunsten der Umweltpolitik zurückgestellt werden.

 

In Wirklichkeit besteht fast bei jeder politischen Entscheidung eine Konkurrenz verschiedener, mehr oder weniger gleichberechtigter Ziele und dies bedeutet, dass die Kritik, jeder Verzicht auf eine hundertprozentige Durchsetzung der umweltpolitischen Ziele sei ein Verrat an der Umweltpolitik, falsch ist.

 

Vor allem aber ist der Weg, der bei der Umsetzung der umweltpolitischen Ziele im Bereich der Wohnungspolitik beschritten wird, falsch. Die Wahrscheinlichkeit, dass umweltpolitisch erwünschte Technologien zur Anwendung kommen, ist dann am größten, wenn den Unternehmungen finanzielle Anreize gegeben werden, nach neuen, umweltfreundlichen Technologien Ausschau zu halten.

 

Wenn der Staat selbst bestimmt, welche Technologien anzuwenden sind, werden im Endergebnis die umweltpolitischen Ziele in geringerem Maße erreicht. De facto bedeutet ein solcher Weg allein, dass die allgemeinen Kosten des Wohnens stärker steigen als dies zur Erreichung der umweltpolitischen Ziele notwendig wäre.

 

Eine letzte Ursache für den starken Anstieg der Mieten liegt schließlich in der Frage, auf welchem Wege der Staat in der Vergangenheit oftmals Anreize zum vermehrten Bau neuer Wohnungen gegeben hat.

 

An und für sich ist es natürlich erwünscht, dass mehr Wohnungen gebaut werden. Hierdurch wird – wie bereits gezeigt – der Nachfrageüberhang auf dem Wohnungsmarkt und mit ihm auch das Ansteigen der Mieten reduziert.

 

Trotzdem ist Kritik zu üben an der Art und Weise, wie der Staat in der Vergangenheit oftmals diese Förderung betrieben hat. Es ist der falsche Weg, wenn die staatliche Förderung davon abhängig gemacht wird, dass die Mieten durch die tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt werden.

 

Auf diesem Wege wird den Unternehmungen jeglicher Anreiz genommen, nach kostensenkenden technischen Erneuerungen Ausschau zu halten. Der Staat fragt ja in diesem Falle nicht danach, ob nicht auch niedrigere Kosten möglich gewesen wären, es reicht aus, dass die Unternehmungen nachweisen, dass bestimmte Kosten tatsächlich entstanden sind.

 

Und wir können sicher sein, dass die Unternehmungen unter diesen Bedingungen genauso einfallsreich bei der Begründung von Kosten sein werden, wie sie es unter normalen Wettbewerbsbedingungen im Zusammenhang mit dem Auffinden neuerer, kostensenkenden Techniken sind.