image001

 

 

Politik des billigen Geldes auf dem Prüfstand Forts.

 

 

 

Gliederung:

 

1. Einführung

2. Die Kritik am keynesianischen Konzept

3. Einfluss einer Politik des billigen Geldes auf die Geldwertstabilität

4. Einfluss einer Politik des billigen Geldes auf weitere Ziele der Wirtschaftspolitik

 

 

 

3. Einfluss einer Politik des billigen Geldes auf die Geldwertstabilität

 

Wir hatten uns im vorhergehenden Abschnitt mit der keynesianischen Beschäftigungspolitik befasst und überprüft, inwieweit eine solche Politik in der Lage ist, Vollbeschäftigung zu erreichen. Die Politik des billigen Geldes kam hierbei dadurch ins Spiel, dass sie wesentlicher Teil dieser keynesianischen Konzeption ist.

 

In den beiden folgenden Abschnitten wollen wir uns dem in der BRD und innerhalb der Eurozone geltenden Paradigma zuwenden. Hier haben wir davon auszugehen, dass die Notenbank nicht die primäre Aufgabe hat, die staatliche Konjunkturpolitik zu unterstützen, sondern vielmehr als eine von der Regierung unabhängige Institution zu betrachten ist, welche die Aufgabe hat, die Stabilität des Geldwertes zu garantieren. Die Notenbank hat zwar in ihren Kräften die Konjunkturpolitik der Regierung zu unterstützen, im Vordergrund steht aber eindeutig das Ziel, eine Inflation zu verhindern. Und da der Staat – vertreten durch Regierung und Parlament – zumindest in der Vergangenheit die wichtigste Institution war, welche für den permanenten Inflationsprozess verantwortlich war, kann dieses Ziel der Geldwertstabilität nur dann erreicht werden, wenn auch das Ziel der Inflationsbekämpfung für die Leitung der Notenbank vorrangig angestrebt wird.

 

Wir wollen in diesem Abschnitt überprüfen, inwieweit denn dann, wenn die Notenbank eine Politik des billigen Geldes verfolgt und also ganz bewusst den Zinssatz unter den Gleichgewichtszins des Marktes absenkt, das Ziel der Geldwertstabilität erfüllt wird.

 

Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist die Tatsache, dass die modernen Volkswirtschaften als Geldwirtschaften organisiert sind und dies bedeutet, dass Waren stets gegen Geld getauscht werden. Dies hat aber auch zur Folge, dass aus logischen Gründen heraus die Wertsumme des Geldes, mit dem die Waren gekauft werden, der Wertsumme der Güter in jedem Augenblick entspricht, welche mit dem Geld gekauft werden. Beide Wertsummen sind notwendigerweise identisch, sie betrachten lediglich den gleichen Kaufakt von zwei verschiedenen Seiten.

 

Wenn wir uns nach der Höhe der getauschten Wertsumme fragen, können wir diese Summe dadurch ermitteln, dass wir die Käufer betrachten und überprüfen, welche Geldsumme sie beim Kauf insgesamt den Verkäufern übergeben. Oder aber wir gehen vom Verkäufer aus und fragen uns, welche Wertsumme die Waren ausmachen, welche die Verkäufer den Käufern anbieten. Es handelt sich hierbei immer um den gleichen Kaufakt, nur einmal aus der Sicht des Käufers und das andere Mal aus der Sicht des Verkäufers betrachtet.

 

Bei der Bestimmung der Geldsumme, welche seitens der Käufer den Verkäufern innerhalb einer Periode angeboten wird, haben wir zu berücksichtigen, dass die gleichen Geldeinheiten (Münzen oder Banknoten) innerhalb einer Periode mehrfach zum Kauf von Waren eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass das Produkt aus Geldmenge (G) multipliziert mit der Zahl der Fälle, in der eine Geldeinheit im Durchschnitt einen Kauf vermittelt, die Wertsumme des Geldes darstellt. Hierbei bezeichnen wird diese Zahl der durch eine Geldeinheit im Durchschnitt vermittelnden Kaufakte als Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U).

 

In ähnlicher Weise können wir auch die Wertsumme der in einer Periode verkauften Waren bestimmen. Die Wertsumme einer einzelnen Warenart entspricht hierbei dem Produkt aus Warenmenge (x1*p1) multipliziert mit dem Güterpreis und wenn wir nun diese partiellen Wertsummen für alle in einer Periode verkauften Waren zusammenzählen, erhalten wir die Wertsumme aller Güter: x1*p1 + x2*p2 + xn*pn, wobei wir diese Wertsumme der Einfachheit halber als X * P bezeichnen können, X bringt hierbei die reale Wertsumme der Güter und P das Preisniveau dieser gehandelten Güter zum Ausdruck.

 

Wir stellen nun beide Wertsummen in einer Gleichung gegenüber, wobei sich aus logischen Gründen beide Wertsummen (des Geldes wie der Waren)  gleichen müssen, da sie sich ja auf die gleichen Kaufakte beziehen. Es gilt also folgender Zusammenhang, welche als Quantitätsgleichung bezeichnet wird:

G * U = P * X

 

 

Von dieser Quantitätsgleichung zu unterscheiden ist die Quantitätstheorie, welche bereits von den frühen Klassikern der Wirtschaftstheorie formuliert wurde. Während die Quantitätsgleichung eine Identität darstellt, die also immer wahr ist, handelt es sich bei der Quantitätstheorie um eine Hypothese, welche sich nicht aus logischen Ableitungen allein ergibt, sie stellt eine Aussage dar, deren Wahrheitsgehalt empirisch überprüft werden muss.

 

Trotz dieser Unterschiede war die Quantitätsgleichung der Ausgangspunkt zur Formulierung der Quantitätstheorie. Die Klassiker der Wirtschaftstheorie gingen nämlich von der Annahme aus, dass zumindest in kurzfristiger Sicht sowohl die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U) als auch das reale gehandelte Gütervolumen (X) vorgegeben und im Zeitablauf konstant sei. Hierbei gingen die Klassiker davon aus, dass die Höhe der Umlaufsgeschwindigkeit in Wesentlichen auf die Zahlungssitten einer Bevölkerung zurückzuführen ist und aus diesen Gründen auch nicht von den anderen wirtschaftlichen Problemgrößen unmittelbar abhängt.

 

Die Schlussfolgerung, dass auch die gesamte reale gehandelte Gütermenge ebenfalls als konstant zu gelten hat und ebenfalls kurzfristig nicht von den anderen wirtschaftlichen Problemgrößen abhängen kann, ergab sich aus der Annahme, dass kurzfristig der Bestand an materiellen Ressourcen, aus denen die einzelnen Waren hergestellt werden, für eine Volkswirtschaft vorgegeben ist und deshalb kurzfristig nicht vergrößert werden kann, sowie der weiteren Annahme, dass auf funktionierenden freien Märkten stets eine Tendenz zum Gleichgewicht besteht. Aufgrund dieser beiden Annahmen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass z. B. die Umlaufsgeschwindigkeit oder das reale Handelsvolumen kurzfristig durch bloße Änderung der Geldmenge beeinflusst werden kann.

 

Wenn man diese beiden Annahmen zugrunde legt, ergibt sich notwendiger Weise, dass eine Veränderung der Geldmenge stets eine gleichgerichtete und auch gleichgroße Veränderung im Preisniveau der Güter auslöst. Eine Geldmengenvermehrung ist also dann sowohl eine notwendige als auch ausreichende Voraussetzung dafür, dass das Güterpreisniveau steigt. Sie ist unter diesen Annahmen ausreichend, da eine autonome Vermehrung (Verringerung) der Geldmenge bei Gültigkeit der Quantitätsgleichung sich nur in einer Preiserhöhung (Preisminderung) ausdrücken kann. Sie ist aber auch unter diesen Bedingungen notwendig, da wiederum nur dann, wenn die Geldmenge ansteigt (verringert wird), auch das Preisniveau in gleicher Richtung sich verändern kann.

 

Nochmals sei auf den Unterschied zwischen Quantitätsgleichung und Quantitätstheorie hingewiesen. Der in der Quantitätsgleichung festgestellte Zusammenhang gilt immer und erwächst aus dem Umstand, dass sich beide Seiten der Gleichung auf ein und denselben Kaufakt beziehen und dass sie diesen Kaufakt nur einmal aus der Sicht der Käufer, zum andern aus der Sicht des Verkäufers zum Ausdruck bringen.

 

Die Quantitätstheorie stellt hingegen eine echte Hypothese dar, sie kann falsch sein und gerade deshalb ist sie nur dann wahr, wenn bestimmte Annahmen (Konstanz von U und X) gegeben sind. Wenn man allerdings von der Richtigkeit dieser Annahmen überzeugt ist, gestattet die Quantitätsgleichung keinen anderen Schluss als den, dass das Güterpreisniveau und damit der Geldwert einzig und allein von der Geldmenge bestimmt wird. Will man also den Geldwert stabilisieren, so muss man dafür Sorge tragen, dass die Geldmenge bei konstanter Gütermenge ebenfalls konstant bleibt bzw. dass Geldmengenänderungen stets in Richtung wie Umfang den Veränderungen in der realen Gütermenge folgen muss.

 

Nun hatten wir erwähnt, dass es die Klassiker der Wirtschaftstheorie waren, welche die Quantitätstheorie formuliert hatten. In der Zwischenzeit war insbesondere von Keynes diese Theorie kritisiert und in Beantwortung dieser Kritik weiterentwickelt worden. Gehen wir zunächst auf die Annahme ein, die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes werde nicht von den ökonomischen Variablen beeinflusst. Hier hatte Keynes im Rahmen seiner Theorie der Liquiditätspräferenz darauf aufmerksam gemacht, dass Veränderungen im Zinssatz die Umlaufsgeschwindigkeit des Geld beeinflussen.

 

Zum Verständnis dieser These müssen wir uns darüber klar werden, dass sich Veränderungen in der Umlaufsgeschwindigkeit darin niederschlagen, wie viel Geld die Wirtschaftssubjekte (Haushalte wie Unternehmungen) in Kasse halten, also nicht zinsbringend anlegen. Entscheiden sich z. B. die Haushalte dafür, einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens in Kasse zu halten, geben sie mehr Geld aus und dies bedeutet, dass das Geld häufiger einen Kaufakt vermittelt. Eine Verringerung der Kasse führt also notwendiger Weise (ceteris paribus) zu einer Erhöhung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes vice versa, es besteht also eine inverse Beziehung zwischen Umfang der Kasse und der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes.

 

Wir haben weiterhin zu berücksichtigen, dass zwischen Zinssatz und Kurs der festverzinslichen Wertpapiere eine inverse Beziehung besteht, dass also eine allgemeine Zinssteigerung einen Kursverlust in den festverzinslichen Wertpapieren auslöst.

 

Die festverzinslichen Wertpapiere unterscheiden sich von von Aktien und Fondsanteilen in zweierlei Hinsicht. Wie der Name schon sagt, erhält der Eigentümer dieses Wertpapieres einen festen, gleichbleibenden Zinsertrag, während die Dividenden der anderen Wertpapiere von der Höhe des Gewinnes der Unternehmungen abhängen. Zweitens haben festverzinsliche Wertpapiere eine feste Laufzeit und werden zum vollen nominalen Kaufpreis nach Ende der Laufzeit von den Unternehmungen zurückgenommen. Die anderen Wertpapiere werden prinzipiell nicht zurückgenommen, Aktien verlieren natürlich bei Konkurs einer Unternehmung ihren Wert.

 

Allen Wertpapieren ist gemeinsam, dass sie jederzeit an der Börse wiederum verkauft werden können, aber dann in aller Regel nicht von den Unternehmungen zurückgekauft werden, die diese Wertpapiere ausgegeben haben, sondern an andere Wirtschaftspersonen verkauft werden.

 

Wenn nun die allgemeinen Zinsen steigen, haben die Eigentümer, welche festverzinsliche Wertpapiere besitzen, ein Interesse daran, ihr Vermögen stärker in Wertpapieren mit einem variablen Zins anzulegen. Sie werden also ihre festverzinslichen Wertpapiere an der Börse verkaufen, um von den Verkaufserlösen Aktien und Fondsanteile zu erwerben. Dieser Verkauf der festverzinslichen Wertpapiere erhöht das Angebot und die weitere Tatsache, dass die Bereitschaft, solche Wertpapiere zu erwerben zurückgeht, vermindert gleichzeitig die Nachfrage. Beide Veränderungen lassen den Kurs der festverzinslichen Wertpapiere sinken.

 

Wenn ein Eigentümer nun vor der Frage steht, ob er festverzinsliche Wertpapiere erwerben oder vielleicht festverzinsliche Papiere aus seinem Portefeuille verkaufen soll, sind für den erwartenden Ertrag dieser Papiere zwei Faktoren entscheidend. Auf der einen Seite bringen Wertpapiere einen Zinsertrag, auf der anderen Seite entstehen jedoch unter Umständen Verluste, dadurch, dass der Kurs dieser Papiere in Zukunft sinkt.

 

Je geringer nun der tatsächliche allgemeine Zins ist, um so wahrscheinlicher wird es, dass der Zins sein Minimum erreicht hat und in naher Zukunft wiederum ansteigt. Die Erwartung eines steigenden Zinssatzes bedeutet jedoch wie gezeigt gleichzeitig, dass Kursverluste befürchtet werden. In einer solchen Situation ist es zweckmäßig, das Geldvermögen noch nicht zinsbringend anzulegen, sondern in Kasse zu halten, da der Zinsertrag wegen der geringen Höhe des Zinses ohnehin gering ist und da dieser Zinsertrag durch hohe Kursverluste kompensiert und überkompensiert wird. Die Kassenhaltung steigt somit in dieser Situation und dies ist wie gezeigt gleich bedeutend damit, dass die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes sinkt.

 

Zinsänderungen haben also im Gegensatz zu den Aussagen der Quantitätstheorie in ihrer klassischen Form einen kurzfristigen Einfluss auf die Umlaufsgeschwindigkeit. Wir müssen allerdings berücksichtigen, dass das noch nicht zinsbringend angelegte Geld in den letzten Jahrzehnten nicht nur in Kasse, sondern in starkem Maße einmal als Gold gehortet wird oder auch dazu benutzt wird, Immobilien zu erwerben. Die Wirkung auf die Nachfrage nach Waren bleibt jedoch davon unberührt.

 

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus diesen Überlegungen für die erforderliche Geldpolitik der Notenbank? Auch dann, wenn Zinsveränderungen kurzfristig eine Änderung der Umlaufsgeschwindigkeit auslösen, gilt nach wie vor die Schlussfolgerung der Quantitätstheorie, dass nur dann Geldwertstabilität (ein konstantes Preisniveau) erreicht werden kann, wenn die Wertsumme des umlaufenden Geldes der realen Summe der zu verkaufenden Waren entspricht. Berücksichtigen wir die möglichen Veränderungen in der Umlaufsgeschwindigkeit, hat allerdings die Notenbank die Aufgabe, nicht die Geldmenge, sondern die Wertsumme des umlaufenden Geldes (G * U) zu steuern, sie muss also auch mögliche Veränderungen in der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes bei der Festlegung der Geldmenge mitberücksichtigen.

 

Dies ist allerdings keine neue Erkenntnis. Schon sehr früh wurde darauf hingewiesen, dass die Banken in ihrer Gesamtheit durchaus die Möglichkeit haben, Giralgeld zu schöpfen. Die gesamte umlaufende Geldmenge wird also nicht allein von der Banknotenmenge bestimmt und die Notenbank hat stets darauf zu achten, dass die Summe aus Banknoten und Giralgeld und nicht allein die umlaufende Banknotenmenge der Wertsumme der Waren entsprechen muss. Alle geldpolitischen Reformmaßnahmen, welche seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts durchgeführt wurden, verfolgten den Zweck, der Notenbank Einfluss auf die Giralgeldschöpfung der Privatbanken zu geben und auf diesem Wege den gesamten Geldumlauf zu kontrollieren.

 

Es ist nun ziemlich unerheblich, ob wir in diesem Zusammenhang davon sprechen, dass neben den Banknoten und Münzen auch Giralgeld im Umlauf ist oder ob wir den gleichen Tatbestand als Vergrößerung der Umlaufsgeschwindigkeit der Banknoten ansehen. Der Umstand, dass die Banken in ihrer Gesamtheit Giralgeld schaffen können, bedeutet eben, dass mit der bestehenden umlaufenden Banknotenmenge nun eine größere Wertsumme an Waren gekauft werden kann und dies ist gleichbedeutend damit, dass die Umlaufsgeschwindigkeit ansteigt.

 

Befassen wir uns nun mit der zweiten Kritik von Maynard Keynes an der klassischen Quantitätstheorie, dass auch die Vollbeschäftigungsannahme der Wirklichkeit nicht entspricht. Die Tatsache als solche ist kaum zu bestreiten. Wenn wir aber in unseren Überlegungen eine Unterbeschäftigung unterstellen müssen, muss eingeräumt werden, dass eine Geldmengenvermehrung durchaus zum Teil zu einer Ausweitung der Gütermenge führt und dass sich insoweit dieser Teil der Geldmengenvermehrung nicht in Form von Preissteigerungen niederschlägt.

 

Trotzdem entspricht die keynesianische Vorstellung, dass Geldmengenvermehrungen solange nur zu einer Ausweitung der Güterproduktion führen, solange noch Unterbeschäftigung gegeben ist und dass erst dann, wenn Vollbeschäftigung erreicht wurde, weitere Zunahmen der Geldmenge nun ausschließlich in Preissteigerungen verpuffen, nicht der Wirklichkeit. Wir haben weiter oben bereits gezeigt, dass eine zusätzliche Nachfrage immer, also auch dann, wenn noch Unterbeschäftigung herrscht,  sich zum Teil in Preissteigerungen niederschlägt.

 

Erstens vergeht eine gewisse Zeit, bis sich das Angebot an die Nachfragesteigerung angepasst hat, zweitens treten auf einzelnen Märkten lange vor Erreichung einer Vollbeschäftigung in der gesamten Volkswirtschaft Knappheitssituationen auf, aufgrund derer bei diesen Gütern die Preise steigen und soweit diese Güter als Rohstoffe oder Halbfabrikate in die Produktion der anderen Güter eingehen, steigen auch generell die Kosten und mit den Kosten auch die Preise der Endprodukte. Drittens schließlich wissen wir aufgrund empirischer Untersuchungen von Cobb und Douglas, dass aufgrund der Eigenschaften der industriellen Produktion ganz generell damit gerechnet werden muss: Bei einer Ausweitung der Produktion steigen die Stückkosten und mit ihnen die Güterpreise an. ***

 

Es bleibt also die Aussage bestehen, dass eine Vermehrung der Geldmenge (Wertsumme des Geldes!) über die erwartete Zunahme der realen Gütermenge zu Preissteigerungen führt, allerdings nicht – wie in der klassischen Version der Quantitätstheorie oftmals unterstellt – in gleichem Umfang wie die Veränderung der Geldmenge.

 

Wir haben noch auf eine weitere Eigenart dieses Prozesses hinzuweisen. Wir stellen nämlich fest, dass in der Wirklichkeit die prognostizierten Preissteigerungen einer Politik des billigen Geldes stark verzögert auftreten, dass also nicht bereits in dem Zeitpunkt, in dem die Notenbank die Zinsen drastisch senkt, das allgemeine Güterpreisniveau ebenfalls steigt. Der Grund für diese Verzögerung liegt nun eindeutig darin, dass – wie gezeigt – solange Gelder in Kasse gehalten werden und deshalb auch nicht den Unternehmungen zur Ausweitung der Produktion angeboten werden, solange nicht klar ist, dass man mit einem anhaltenden Konjunkturaufschwung rechnen kann.

 

Es beginnt nun ein verhängnisvoller Kreislauf. Weil die Gelder nicht sofort angelegt werden, wird der Aufschwung verzögert, weil der Aufschwung noch nicht eingetreten ist, bleibt die Notenbank bei der Politik des billigen Geldes, trägt also dazu bei, dass die umlaufende Geldmenge sich immer stärker von der realen Gütermenge entfernt.

 

Wenn sich dann die ersten Erholungsanzeichen zeigen, strömt dass bisher gehortete Geld in die produktiven Anlagen, es kommt – weil ja die vorhandene Geldmenge viel zu groß ist – zu starken Preissteigerungen und wegen dieser Preissteigerungen dringen auch Unternehmungen in den Markt, die unter normalen Wettbewerbsbedingungen gar nicht in der Lage wären, rentabel zu arbeiten, welche sich nur deshalb im Markt halten können, weil wegen der überschüssigen Geldmenge jeder von den Verkäufern geforderte Preis von den Käufern gezahlt wird.

 

Diese Gefahr könnte nur dann vermieden werden, wenn nun die Notenbank bereit wäre, sofort das Ruder herumzureißen und den Zinssatz drastisch zu erhöhen. Dies wird sie jedoch nicht tun, weil man ja das noch kleine Pflänzchen der Konjunktur nicht gefährden möchte, weil man also befürchtet, dass der Prozess der steigenden Konjunktur abgewürgt würde, wenn der Zinssatz jetzt schon stark erhöht würde. Man fährt also mit der Politik des billigen Geldes solange fort, bis die Preissteigerungen so stark werden, dass man eine Inflation nur noch dadurch vermeiden kann, wenn man nun die Zinsen drastisch anhebt.

 

Nun bilden sich aufgrund der dann eintretenden Zinssteigerungen allmählich normale Wettbewerbsbedingungen heraus, die aber zur Folge haben, dass die Unternehmungen, die sich bisher nur deshalb halten konnten, weil der Markt jeden Preis akzeptierte, nun unrentabel werden und durch Konkurse aus dem Markt ausscheiden. Damit ist aber schon der erste Sargnagel für den nächsten konjunkturellen Abschwung gelegt. Und je mehr sich solche an und für sich unrentable Unternehmungen in der Zeit der Preissteigerungen halten konnten, um so größer ist die Gefahr, dass der Konkurs dieser kranken Unternehmungen auch an und für sich gesunde Unternehmungen mitreißt, und zwar deshalb, weil die maroden Unternehmungen ihren Zahlungsverpflichtungen auch gegenüber den an und für sich rentablen Unternehmungen nicht mehr nachkommen. Wir müssen also in jedem Falle davon ausgehen, dass eine Politik des billigen Geldes auf lange Sicht inflationär wirkt und dass auf diese Weise das Ziel der Geldwertstabilität nachhaltig verfehlt wird.

 

 

4. Einfluss einer Politik des billigen Geldes auf weitere Ziele der Wirtschaftspolitik

 

Auch dann, wenn wir in Europa davon ausgehen, dass das primäre Ziel der Notenbank in der Wahrung der Geldwertstabilität liegt, muss sich jede verantwortungsvolle Politik darüber klar werden, ob und wie andere Ziele der Wirtschafts- und Sozialpolitik durch die Aktivitäten der Notenbank berührt werden, vor allem ob unerwünschte, negative Nebenwirkungen auf andere Ziele ausgehen.

 

Über den Einfluss der Politik des billigen Geldes auf den Beschäftigungsgrad sind wir bereits im vorhergehenden Abschnitt ausführlich eingegangen, wir hatten dort gesehen, dass auch dann, wenn diese Strategie ja eigentlich geschaffen wurde, um den Beschäftigungsgrad zu steigern, unter gewissen Umständen diese Politik nicht nur das Ziel verfehlt, Massenarbeitslosigkeit zu verhindern, sondern dass sogar bisweilen die Gefahr besteht, dass die Arbeitslosigkeit sogar noch ansteigt.

 

Wir wollen uns deshalb in diesem letzten Abschnitt darauf beschränken, nach möglichen negativen Sekundärwirkungen einer Politik des billigen Geldes einmal auf Wachstum und Allokation, zum andern auf die Einkommensverteilung zu fragen. Beginnen wir mit der Frage, wie denn das Wachstum, gemessen an der jährlichen Wachstumsrate des Inlandsproduktes beeinflusst wird, wenn die Notenbank das Zinsniveau unter den Gleichgewichtszins absenkt.

 

Eigentlich müssten wir davon ausgehen, dass eine Politik des billigen Geldes die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft positiv beeinflusst (also steigert), waren doch die meisten Keynesianer der Überzeugung, dass sie mit dieser Strategie nicht nur den Beschäftigungsgrad, sondern eben auch das wirtschaftliche Wachstum fördern könnten, ja in einer Steigerung des Inlandsproduktes wurde der wesentliche Grund dafür gesehen, dass die Nachfrage nach Arbeit infolge einer keynesianischen Beschäftigungspolitik ansteige. Genauso, wie wir im zweiten Abschnitt dieses Artikels zeigen konnten, dass die Politik des biligen Geldes unter Umständen das Ziel der Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit verfehlen kann, genauso müssen wir überprüfen, ob in diesem Falle nicht auch das wachstumspolitische Ziel verfehlt wird.

 

Es gibt vor allem zwei Gründe, weshalb sich eine Politik des billigen Geldes negativ auf die Wachstumsrate des Inlandsproduktes auswirken kann. Es kann nämlich der Umfang wie auch die Struktur des wirtschaftlichen Wachstums negativ beeinflusst werden.

 

Ein wirtschaftliches Wachstum wird vor allem durch eine Zunahme des Investitionsvolumens und durch Innovationen gesteigert. Investitionen und insbesondere Investitionen, welche aufgrund einer Veränderung der Produktionstechnik notwendig werden, sind jedoch immer mit einem hohen Risiko behaftet. Kein Unternehmer kann mit Sicherheit wissen, ob er auch für die erweiterte und qualitativ verbesserte Produktionskapazität genügend Absatz findet, ob die Kunden überhaupt bereit sind, das neue oder aus der Sicht des Unternehmers verbesserte Produkt anzunehmen, ob sie nicht zu anderen Konkurrenten abwandern und weiterhin mit welchen technischen Schwierigkeiten bei der Produktion zu rechnen ist.

 

Ob und in welchem Umfang die Unternehmer bereit sind, diese Risiken auf sich zu nehmen, hängt natürlich in erster Linie von dem Umfang dieser Risiken ab. Entscheidend ist nun, dass dieser Umfang der Risiken unter anderem auch davon abhängt, ob die Unternehmer auf lange Sicht mit einem weitgehenden stabilen Zinssatz rechnen können. Die Rentabilität einer Investition (Innovation) wird bestimmt durch das Verhältnis vom äußeren Marktzins zur erwarteten internen Verzinsung. Jede Veränderung des Zinssatzes wirkt sich unmittelbar auf dieses Verhältnis aus, eine unerwartete Erhöhung des Marktzinses kann dazu führen, dass der interne Zinsfuß unter den Marktzins fällt und die beabsichtigte Investition unrentabel wird. Die Bereitschaft zur Investition und Risikoübernahme ist im Allgemeinen nur ausreichend, wenn die Unternehmer mit einem langfristig konstant bleibenden Zins rechnen können, wenn sie nicht befürchten müssen, dass der Marktzins plötzlich aus nicht vorhersehbaren Gründen stark ansteigt.

 

Zwar hat es zunächst den Anschein, als würde eine Politik des billigen Geldes die Rentabilität der Unternehmungen aufgrund des geringen Zinses steigern. Wir haben aber gesehen, dass keine Notenbank der Welt in der Lage ist, einen Zinssatz unterhalb des Gleichgewichtszinses auf lange Sicht aufrechtzuerhalten, dass diese Politik zu allgemeinen Preissteigerungen führt, welche die Notenbanken zwingen, das Ruder  eines Tages herumzureißen und den Zins drastisch zu erhöhen. Hierbei ist das absolute Zinsniveau von geringerer Bedeutung. Gerade wenn der Zinssatz zunächst extrem niedrig angesetzt wird, besteht die Gefahr, dass viele Investitionsprojekte begonnen werden, welche unter normalen Wettbewerbsbedingungen gar nicht rentabel gewesen wären und welche dann abgebrochen werden müssen, wenn der Zinssatz auf den langfristigen Gleichgewichtszins angehoben wird. Es ist also primär nicht das absolute Niveau des Zinssatzes, sondern die Differenz zwischen dem Zinssatz, der zu Beginn einer Investition gegolten hat und dem Zinssatz, der dann einige Zeit später mitten in den Investitionsaktivitäten an die Kreditgeber zu zahlen ist.

 

Ist die Notenbank gezwungen, den Zinssatz bei Erreichen der Hochkonjunktur drastisch zu erhöhen, so vergrößert sich diese Zinsdifferenz und dies wiederum bewirkt zweierlei. Auf der einen Seite werden aufgrund des erhöhten Risikos immer weniger Investitionsvorhaben durchgeführt, die unter normalen Bedingungen durchaus rentabel gewesen wären, mit der Folge, dass die Wachstumsrate des Inlandsproduktes sinkt. Auf der anderen Seite werden jedoch auch immer mehr Investitionen begonnen, die unter normalen Bedingungen unrentabel wären, die nur deshalb begonnen werden, weil der Zinssatz zunächst niedrig war, die aber dann, wenn der Zinssatz auf den Gleichgewichtszins angehoben wird, unrentabel werden und deshalb wegen Konkurs der betreffenden Unternehmungen abgebrochen werden müssen. Dies bedeutet jedoch, dass knappe Ressourcen vergeudet wurden mit der Folge, dass auch das Wachstumsniveau reduziert wurde.

 

Damit ist aber auch das Allokationsproblem angesprochen. Wir haben davon auszugehen, dass die materiellen Ressourcen (die Produktionsfaktoren) knapp sind und nicht ausreichen, alle unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Gerade deshalb ist es notwendig, dass die knappen Ressourcen auf die Verwendungen gelenkt werden, welche den Konsumenten den höchstmöglichen Nutzen bringen und dass diejenigen Techniken Anwendung finden, welche die höchste Effizienz aufweisen.

 

In einer Marktwirtschaft erfolgt diese Produktionslenkung durch die Preise der Güter, aber auch der Produktionsfaktoren. Dadurch, dass die Preisrelationen den Knappheitsverhältnissen entsprechen, werden die Produktionsfaktoren entsprechend dieser Zielsetzung eingesetzt. Wenn nun der Zinssatz durch eine Politik des billigen Geldes bewusst unter den Zinssatz abgesenkt wird, der auf freien Märkten ein Gleichgewicht ermöglicht hätte, so werden auch aufgrund der hierdurch verfälschten Preisrelationen die Produktionsfaktoren in ineffiziente Produktionen gelenkt. Der Allokationsmechanismus wird außer Kraft gesetzt und damit die Vorteile, welche eine marktwirtschaftliche Ordnung gegenüber einer staatlichen Planwirtschaft besitzt, weitgehend aufgehoben.

 

So haben wir weiter oben bereits gesehen, dass ein zu niedriger Zins in Folge einer Politik des billigen Geldes den Unternehmungen einen Anreiz gibt, vorwiegend arbeitssparenden technischen Fortschritt einzuführen. Wir haben gesehen, dass diese Anreize dann noch verstärkt werden, wenn gleichzeitig die Gewerkschaften den Versuch unternehmen, im Rahmen einer expansiven Lohnpolitik die Lohnsätze über die Arbeitsproduktivität anzuheben.

 

Von Fortschritt kann hier jedoch nur im technischen Sinne gesprochen werden. Technisch gesehen wird natürlich auch bei einem arbeitssparenden technischen Fortschritt das Einsatzverhältnis zwischen Input und Output verbessert, wir können dann in der Tat mit einer Arbeitseinheit mehr Gütermengen als bisher produzieren. In wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht liegt jedoch bei Einführung arbeitssparender Techniken nur dann ein Fortschritt vor, wenn wir bisher wegen Knappheit der Arbeitskräfte weniger Güter produzieren konnten, nach denen ein Bedarf besteht. Wenn Arbeitskräfte, welche arbeitswillig sind, arbeitslos bleiben, ist dies ein Anzeichen dafür, dass gar nicht aus Gründen einer Knappheit an Arbeitskräften eine Mehrproduktion verhindert wurde, technisch gesehen hätten ja diese jetzt arbeitslosen Arbeitnehmer dann, wenn sie beschäftigt worden wären, zu einer Ausweitung der Produktion beitragen können. Wenn dies nicht möglich war, liegt der Grund nicht in der Knappheit, sondern darin, dass Mängel im Gleichgewichtsmechanismus eine optimale Allokation verhindert haben.

 

Wenden wir uns nun der Frage zu, welchen Einfluss eine Politik des billigen Geldes auf die Einkommensverteilung hat. Wir haben weiter oben gesehen, dass ein zu niedriger Zins zu allgemeinen Preissteigerungen führt. Inflationsprozesse führen jedoch zu unerwünschten Umverteilungen der Einkommen. Als erstes werden von einer Inflation all diejenigen Gruppen benachteiligt, deren Einkommen weitgehend fix ist, also nicht automatisch an Preissteigerungen angepasst wird. Für einen Empfänger eines Fixeinkommens bleibt trotz jährlichem Anstieg des Preisniveau der Konsumgüter das nominelle Einkommen ex definitione konstant, dies bedeutet jedoch, dass das reale Einkommen, die Kaufkraft des Einkommens, um so stärker sinkt, je höher die Inflationsrate ist.

 

Nun können wir zwar davon ausgehen, dass seit Einführung der dynamischen Altersrente auch das nominelle Niveau der Renten grundsätzlich auf indirekte Weise an die Preisentwicklung angepasst wird. Aber aus mehreren Gründen müssen wir nach wie vor davon ausgehen, dass die Einkommen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen unterschiedlich an die Preisentwicklung angepasst werden. Für die Altersrenten gilt, dass der Gesetzgeber eine automatische Anpassung der Renten an die Entwicklung der Lohneinkommen nur für die Zugangsrenten, also für das erste Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vorgesehen hat. Für die restlichen Renten (den sogenannten Bestandsrenten) hat die Regierung zu entscheiden, ob und wie groß die Anpassung auch dieser Renten erfolgt. In der Vergangenheit wurde in der Tat bisweilen die Anpassung der Bestandsrenten ausgesetzt bzw. nicht vollständig an die Lohneinkommensentwicklung angepasst.

 

Weiterhin gibt es nach wie vor Transfereinkommen, aber auch Lohneinkommen, welche nur sehr unvollkommen an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst werden. Inwieweit nämlich eine solche Anpassung erfolgt, hängt in unserer Gesellschaft vor allem davon ab, ob hinter einer Einkommensgruppe eine starke Interessengruppe steht, welche durch politischen Druck für eine laufende Anpassung der Nominaleinkommen an die allgemeine Einkommensentwicklung sorgt. Nicht alle Einkommensgruppen werden durch eine starke Lobby politisch vertreten.

 

Nach weitverbreiteter Überzeugung wirken sich Inflationsprozesse zweitens auch gegen die Lohnempfänger aus. Steigen die Güterpreise, so kommen zunächst diese Erlöszuwächse nur den Gewinnempfängern zugute. Solange die Faktorpreise noch nicht an die Preissteigerung angepasst sind, schlagen sich Erlöszuwächse einseitig in einer Steigerung der Gewinne nieder. Langfristig werden die Gewerkschaften für die Arbeitnehmer eine Anpassung der Tariflöhne an die gestiegenen Lebenshaltungskosten durchsetzen. Aber diese Korrektur erfolgt verzögert, da Tarifverträge für eine bestimmte Zeit (zumeist für ein bis zwei Jahre) Geltung haben und in dieser Zeit die Tarifverträge nicht gekündigt werden können. Diese Verzögerung (dieser wage lag) bringt es mit sich, dass die Lohnentwicklung stets hinter der Preisentwicklung hinterherhinkt mit der Folge, dass vor allem in Zeiten steigender Inflationsraten auch die Lohnquote sinkt.

 

Empirisch ließ sich allerdings diese Hypothese vom Einfluss eines wage lag auf die Lohnquote nicht bestätigen. Der Grund hierfür mag entweder darin liegen, dass auch während der Laufzeit eines Tarifvertrages die Unternehmungen bereit sind, übertarifliche Lohnzuschläge zu gewähren, die dann einen Ausgleich für die zwischenzeitlich eingetretenen Preissteigerungen bringen. Oder aber es ist auch denkbar, dass die Gewerkschaften aus dieser Entwicklung gelernt haben und ihre Lohnforderungen gar nicht mehr an die Preissteigerungen der Vorperiode anpassen, sondern an die für die kommende Periode erwartete Inflationsrate. In diesem Falle tritt anstelle des wage lag ein wage lead, welcher sich aus den gleichen Gründen in einem Anstieg der Lohnquote niederschlagen müsste, da ja in diesem Falle die Unternehmer erst in den kommenden Erlössteigerungen eine Kompensation für die bereits im Tarifvertrag vereinbarten tariflichen Lohnsteigerungen erhalten.

 

Inflationsprozesse beeinflussen die Einkommensverteilung drittens dadurch, dass Gläubiger benachteiligt, Schuldner also bevorzugt werden und dass sich auch die Besitzer von Realvermögen besser stellen als die Besitzer von Geldvermögen. Der Schuldner wird gegenüber dem Gläubiger bei Inflation begünstigt, da die Schuldverträge zumeist in nominellen Größen abgeschlossen werden. Der Schuldner hat nach Ablauf der Kreditfrist die nominelle Geldsumme zurückzuzahlen, die ihm beim Abschluss des Kreditvertrags gewährt wurde. Faktisch kann jedoch der Gläubiger aufgrund der vergangenen Preissteigerungen nach der Rückzahlung mit der gleichbleibenden Geldsumme sehr viel weniger Güter erwerben als im Zeitpunkt der Kreditgewährung. In gleicher Weise gilt, dass das Realvermögen dessen, der sein Kapital in Geldforderungen angelegt hat, mit der Inflation zurückgeht, während der Besitzer von Realvermögen von diesen Entwertungen verschont bleibt.

 

Kritisch muss allerdings hinzugefügt werden, dass der Gläubiger in der Zinszahlung unter normalen Bedingungen für diesen inflationsbedingten Vermögensverlust entschädigt wird. Aber gerade diese normalen Bedingungen sind bei einer Politik des billigen Geldes außer Kraft gesetzt. Die Tatsache, dass die Notenbanken den Privatbanken Kredite einräumen, für die lediglich ein Zinssatz unter einem Prozent zu zahlen ist, bringt es mit sich, dass die Banken ihrerseits die Habenzinsen gegenüber den Sparkonten ihrer Kunden senken. Wenn eine Bank jederzeit ihren Geldbedarf bei der Notenbank zu extrem geringen Zinsen abdecken kann, kann man auch nicht erwarten, dass diese Banken ihren Kunden für Spareinlagen wesentlich höhere Zinsen einräumen. Im Augenblick liegen die von den Banken gewährten Habenzinsen deutlich unter der Inflationsrate und dies bedeutet, dass all diejenigen, welche ihre Ersparnisse bei der Bank anlegen noch nicht einmal einen Zins erhalten, der die durch die allgemeine jährliche Preissteigerung ausgelösten Realverluste ausgleicht.

 

Nun besteht zwischen den einzelnen Vermögensanlagen eine Substitutionsbeziehung, als im Allgemeinen die eine Art der Kapitalanlage durch eine andere ersetzt werden kann. Aufgrund dieser Substitutionsbeziehungen wird diese Zinssenkung auch auf andere Kapitalanlagen übertragen. So weisen vor allem die festverzinslichen Wertpapiere, die ähnlich wie Anlagen in Sparbüchern nur ein geringes Risiko aufweisen, ebenfalls in Folge dieser Geldpolitik Zinsen auf, welche unter der Inflationsrate liegen. Hierin muss in der Tat eine unerwünschte Veränderung in der Einkommensverteilung zu Lasten derjenigen gesehen werden, welche möglichst risikofreie Anlagen nachfragen. Unter normalen Bedingungen würden diese Kapitalanlagen gerade einen Ausgleich für die inflationsbedingten Verluste gewähren.

 

Wir kommen also abschließend zu dem Ergebnis, dass eine Politik des billigen Geldes die meisten gesamtwirtschaftlichen Ziele der Wirtschaftspolitik in Frage stellen.