

Zweck der Vorlesung:
Mit dieser Vorlesung soll ein Überblick über den Gesamtbereich der Außenwirtschaftspolitik
gegeben werden. Hierbei geht es weniger darum, im Sinne einer Wirtschaftskunde
die einzelnen Gesetze und Institutionen zu umschreiben als vielmehr im Sinne
einer allgemeinen Lehre der Wirtschaftspolitik die Ziele, die Mittel und die
Träger der Außenwirtschaftspolitik zu analysieren und aufzuzeigen, wie die
Erkenntnisse der Außenwirtschaftstheorie auf die aktuellen Probleme angewandt
werden können.
Voraussetzungen:
Voraussetzungen zum Verständnis der Vorlesung sind somit erstens Kenntnisse
in Außenwirtschaftstheorie sowie in den Grundlagen der Wirtschaftspolitik.
Literatur zur Vertiefung:
Manfred Willms, Währung
Dieter Bender, Außenhandel
Hartmut Berg, Außenwirtschaftspolitik
Dieter Bender, Entwicklungspolitik
alle in: Vahlens Kompendium der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik,
Bd. 1 und 2, 9. Aufl., München 2007
B. Külp, Außenwirtschaftspolitik, Düsseldorf 1978
Vertiefende Literatur findet sich darüber hinaus auch in den Literaturverzeichnissen der genannten
Artikel.
Anmerkung:
Zum besseren Verständnis werden
die Ausführungen bei sehr komplexen Zusammenhängen durch Animationen ergänzt,
welche mit Powerpoint angefertigt wurden. Hierzu ist an Ort und Stelle die
Schaltfläche: Animation anzuklicken und in Powerpoint die Bildschirmpräsentation
von Beginn an aufzurufen und die einzelnen Schritte mit Hilfe der Pfeiltaste
aufzurufen.
Gliederung der Vorlesung:
01.
Gegenstand und Aufgaben
02.
Währungspolitik: Historische Einführung
03.
Währungspolitik: Theoretische Grundlagen
04.
Währungspolitik: Das Instrumentarium
05. Währungspolitik:
Die policy-mix-Strategie
06.
Handelspolitik: Historische Einführung
07.
Handelspolitik: Theoretische Grundlagen
08.
Handelspolitik: Das handelspolitische Instrumentarium
09.
Arbeitsmarktpolitik
10.
Kapitalmarktpolitik
11.
Integrationspolitik
12.
Politik zugunsten der Entwicklungsländer
Kapitel 1: Gegenstand und Aufgaben
Gliederung:
01.
Definition der Außenwirtschaftspolitik
02. Gründe
für gesonderte Behandlung
03.
Übertragung des allgemeinen Ziel-Mittel-Trägerschemas
04. Das Ziel:
ZB-Ausgleich
05. Das
Ziel: Wechselkursstabilität
01.
Definition der Außenwirtschaftspolitik
Bei dem Versuch, den Bereich der Außenwirtschaftspolitik zu umschreiben und
von anderen Bereichen der Wirtschaftspolitik abzugrenzen, kann man von zwei Kriterien
ausgehen. Das 1. Kriterium fasst unter Außenwirtschaftspolitik alle
wirtschaftlichen Aktivitäten des Staates zusammen, bei denen sowohl Inländer
als auch Ausländer beteiligt sind. Das zweite mögliche Kriterium zählt zur Außenwirtschaftspolitik
alle wirtschaftlichen grenzüberschreitenden Transaktionen.
Beide Definitionen verhalten sich wie zwei sich überlappende Kreise:

Die meisten relevanten Aktivitäten genügen beiden Kriterien. Wenn also z.
B. Waren aus dem Ausland importiert werden, so sind daran in aller Regel Inländer
wie Ausländer beteiligt, die Inländer fragen Produkte nach, welche im Ausland
produziert wurden und die Ausländer exportieren eben diese Güter. Gleichzeitig
überschreiten diese importierten Waren die nationalen Grenzen.
Ein Beispiel für Aktivitäten, welche nur dem 1. Kriterium (Beteiligung von
In- und Ausländern) genügen, wäre ein Urlaub, den Ausländer in der BRD verbringt.
Die Urlauber fragen Güter und Dienstleistungen im Gastland nach. Es sind also
in der Tat an diesen wirtschaftlichen Transaktionen sowohl Inländer (die
Gastwirte z. B.) wie auch Ausländer (die ausländischen Urlauber) beteiligt. Im
Gegensatz zum ersten Beispiel bleiben jedoch die von den Urlaubern verzehrten
Waren im Inland.
Ein Beispiel für nur grenzüberschreitende Aktivitäten (2. Kriterium) wäre
bei einer Auswanderung gegeben. Der Auswandernde überschreitet nationale Grenzen,
ohne dass hier der Auswandernde bereits Tauschakte mit den Ausländern
durchführt. Zwar wird er dann im Zuwanderungsland wirtschaftlich tätig werden
und dabei Transaktionen mit den Ausländern vornehmen. Nach erfolgter Integration
handelt es sich aber hier im wirtschaftlichen Sinne bereits wiederum um
binnenwirtschaftliche Vorgänge. Im juristischen Sinne bliebe allerdings der
Eingewanderte solange Ausländer, als er noch nicht in das Land seiner Wahl
eingebürgert wurde.
02. Gründe für
gesonderte Behandlung
Man könnte sich die Frage stellen, warum es denn überhaupt notwendig ist,
die internationalen Beziehungen gesondert zu behandeln und ob internationale Beziehungen
nicht den gleichen Gesetzmäßigkeiten folgen wie binnenwirtschaftliche
Tauschvorgänge. Im Allgemeinen unterstellen wir doch, dass alle Menschen
Bedürfnisse haben, dass Güter produziert werden müssen, bevor sie konsumiert
werden können, dass überall Knappheit herrscht und dass gleichgelagerte Probleme
bei Produktion, Tausch und Konsumtion vorliegen. Trotzdem haben wir davon
auszugehen, dass bei internationalen Transaktionen andere wirtschaftliche
Bedingungen als in der Binnenwirtschaft vorliegen.
So wird im Rahmen der Außenwirtschaftstheorie erstens von einer
verminderten Mobilität der Faktoren im grenzüberschreitenden Verkehr
ausgegangen. Als Folge gilt im Außenhandel das von David Ricardo formulierte
Gesetz der komparativen Kosten, in der Binnenwirtschaft hingegen das
Gesetz der absoluten Kosten.
Wenn z. B. im Inland zwei Güter gleicher Qualität x1 und x2
unterschiedliche Kosten aufweisen und deshalb auch unterschiedliche Preise
erzielen, so ist es erwünscht, dass das Gut mit den geringeren Kosten
produziert wird und ein freier Markt führt dann auch dazu, dass sich die
Nachfrage dem Gut mit den absolut geringeren Kosten zuwendet.
Im internationalen Handel kommt es aber allein auf die komparativen und nicht
auf die absoluten Kostenunterschiede an, welche Güter die höhere Wohlfahrt
garantieren. Wir werden diese Theorie der komparativen Kosten in Kapitel 7
ausführlich behandeln, hier in diesem Zusammenhang genügt es, darauf hingewiesen
zu haben, dass trotz vieler Gemeinsamkeiten internationale Beziehungen anderen
Gesetzmäßigkeiten als binnenwirtschaftliche Transaktionen folgen.
Es sind zweitens andere politische Rahmenbedingungen gegeben. So erheben
die einzelnen Staaten z. B. unterschiedliche Steuersätze. Gleichzeitig werden
auf importierte Güter oftmals Importzölle erhoben mit der Folge, dass auch die
Preise (jeweils in nationalen Einheiten berechnet) unterschiedliche Höhen
erreichen. Eine der Folgen hieraus besteht darin, dass der Wettbewerb
verfälscht wird und die Mobilität sowie die Preisausgleichstendenz vermindert
werden.
Es ist schließlich drittens mit dem Devisenmarkt ein zusätzlicher Markt
gegeben, auf dem andere Bedingungen gegeben sind als in der Binnenwirtschaft.
Hier ist vor allem die Gefahr zu geringer Elastizitäten größer, da Wertgrößen
im Spiel sind. Bei allgemeinen Märkten in der Binnenwirtschaft kommt es primär
auf Mengenelastizitäten an.
Die Stabilitätsbedingung in der Binnenwirtschaft lautet nämlich:

Die Summe aus Angebots- und Nachfrageelastizität muss also in der Binnenwirtschaft
größer null sein, damit Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage
abgebaut werden. Hierbei gibt die Angebotselastizität an, um wie viel Prozent
die angebotene Gütermenge steigen wird, wenn der Preis um einen Prozent steigt.
Analog hierzu besagt die Nachfrageelastizität, wie viel die nachgefragte Menge
sinkt, wenn der Preis um einen Prozent steigt. Da also das Vorzeichen bei
diesen Elastizitäten unterschiedlich ist, wird die Summe beider Elastizitäten
in absoluten Größen gemessen!
Diese Formel zeigt, dass selbst dann mit einem Abbau eines Marktungleichgewichtes
gerechnet werden kann, wenn die eine Elastizität negativ ist, also anomal
verläuft (Preissteigerungen führen z. B. zu einem Anstieg der Nachfrage),
sofern nur die normale Reaktion der Angebotsseite absolut größer ausfällt als
die der Nachfrage. Nehmen wir beispielsweise an, dass ein Nachfrageüberhang von
100 bestehe und dass dieses Ungleichgewicht zu einer 1%igen Preissteigerung
führe.
Wir wollen weiterhin unterstellen, dass die anomale Nachfrageelastizität 5%
betrage, dass also eine einprozentige Preissteigerung zu einer Steigerung der
Nachfrage um 5 führe, während die normale Angebotselastizität 10% betrage, dass
also das Angebot um 10 Einheiten steige, dann verringert sich trotz der Anomalität
in der Nachfrage das Ungleichgewicht per saldo um 5 und dies bedeutet, dass das
Ungleichgewicht über Preissteigerungen abgebaut wird.
Bei Devisenmärkten sind vor allem die Wertelastizitäten zu beachten.
Die Stabilitätsbedingung lautet hier:

Der entscheidende Unterschied des Devisenmarktes zu den normalen Gütermärkten
besteht darin, dass hier nicht Güter, sondern Devisen gehandelt werden und die
Nachfrage nach Devisen, selbst wiederum davon abhängt, welche Wertsumme
benötigt wird, um Güter zu importieren. Die eigentliche Nachfrage bezieht sich
auf die zu importierenden Gütermengen. Der Umfang der hierzu benötigten Devisen
hängt jedoch von einer Wertgröße, dem Produkt aus Preis mal Menge ab. Da aber die
nachgefragte Menge an Gütern im Normalfall selbst wiederum von der Höhe des
Preises abhängt, reagiert die Nachfrage nach Devisen auf Preisänderungen etwas
komplizierter.
Nehmen wir an, dass die normale Nachfrageelastizität gerade eins sei. Dies
bedeutet, dass eine Preissteigerung von 1% zu einer Mindernachfrage um gerade
ebenfalls 1 % führt. Die Wertsumme der Nachfrage ändert sich in diesem Falle
überhaupt nicht, deshalb wird in diesem Falle trotz des Rückganges in der importierten
Gütermenge der gleiche Betrag an Devisen wie bisher benötigt.
Wenn aber nun die Nachfrageelastizität kleiner eins wäre, so würde der Devisenbedarf
bei einer Kurssteigerung sogar ansteigen, obwohl die Nachfrage nach Gütern
zurückgegangen ist. Wenn nun die Summe der beiden Elastizitäten (im Hinblick
auf die Devisen) größer null, aber kleiner eins wäre, dann würden die durch das
Ungleichgewicht ausgelösten Kursänderungen keinen Abbau des Ungleichgewichtes in der Leistungsbilanz
zur Folge haben.
Machen wir uns diese Schlussfolgerung wiederum an einem Beispiel klar. Ausgangspunkt
sei ein Importüberschuss in der Leistungsbilanz des Landes A. Auf einem freien
Devisenmarkt wird deshalb die eigene Währung de facto abgewertet. Diese
Abwertung bedeutet, dass nun die Ausländer in ausländischer Währung gerechnet
mehr Waren aus Land A als bisher importieren können, sodass die Nachfrage nach
Produkten des Landes A steige.
Wenn wir aber nun unterstellen, dass die Nachfrage nach Produkten des Landes
A zwar normal reagiert, dass aber die Nachfrageelastizität kleiner eins sei, so
wird das Devisenangebot der Ausländer nicht etwa steigen, sondern fallen mit
der Folge, dass das Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz des Landes A sogar
noch ansteigt. In diesem Falle findet also kein Abbau des Ungleichgewichtes in
der Leistungsbilanz statt.
Nur dann, wenn wir unterstellen, dass die Nachfrageelastizität (bzw. sie
Summe aus Nachfrage- und Angebotselastizität) größer eins ist, steigt das
Devisenangebot der Ausländer aufgrund
der ausländischen Mehrnachfrage an, sodass in diesem Falle tatsächlich mit
einem Abbau des Ungleichgewichtes in der Leistungsbilanz gerechnet werden kann.
Die Wechselkursstabilität ist somit eher gefährdet als die Preisstabilität,
da verschiedene Volkswirtschaften und Märkte im Spiel sind und da aufgrund der
Größe der Weltwirtschaft permanente Datenänderungen erwartet werden müssen. Es
gelten also folgende unterschiedliche Stabilitätsbedingungen:

Für die Binnenwirtschaft gilt:

Wir betrachten hierzu einen Binnenmarkt. Wir tragen auf der Abszisse die Gütermenge
(x) sowie auf der Ordinate den Preis dieses Gutes (p) ab. Es wird von normalen
Angebots- und Nachfragereaktionen ausgegangen. Deshalb hat die rot
eingezeichnete Angebotslinie eine positive sowie die blau eingezeichnete Nachfragelinie
eine negative Neigung. Der Ausgangspunkt liege oberhalb des Gleichgewichtspunktes.
Deshalb trete eine Preissenkung ein, welche zur vermehrten Nachfrage und
gleichzeitig zu vermindertem Angebot führe. Die Graphik zeigt, dass diese
Reaktionen von Angebot und Nachfrage zu einem Abbau des Angebotsüberhanges
führen.
Und für die Außenwirtschaft gilt:

Wir betrachten hier einen Devisenmarkt. Hier werden ausländische Währungen
angeboten und nachgefragt und mit einheimischer Währung bezahlt. Auf der
Abszisse tragen wir die einheimische Währung
(€), auf der Ordinate den Kurs der einheimischen Währung (w) ab. Wir
gehen von einem Überangebot an einheimischer Währung (was gleichbedeutend mit
einer Übernachfrage nach Devisen ist) aus. Da ein Überschuss der einheimischen
Währung besteht, sinkt der Kurs der eigenen Währung. Dies führt wiederum zu
einem verminderten Angebot an eigener Währung und gleichzeitig zu einem Anstieg
im Angebot der fremden Währung. Auch hier findet ein Abbau des
Ungleichgewichtes statt, wobei allerdings diese Gleichgewichtstendenz nur zu
erwarten ist, wenn die Summe der Nachfrageelastizitäten größer eins ist.
03. Übertragung des
allgemeinen Ziel-Mittel-Trägerschemas
Wir wollen uns im Folgenden mit den Zielen der Außenwirtschaftspolitik
etwas näher befassen und die einzelnen Ziele in ein übergeordnetes allgemeines
Zielschema einordnen. Generell können wir von folgender Zielhierarchie
ausgehen:
·
immaterielle Ziele;
·
wirtschaftliche Grundziele und
·
instrumentale Ziele.
An oberster Stelle stehen die immateriellen Ziele. Die wirtschaftlichen
Grundziele sind aus diesen immateriellen Zielen abgeleitet und deshalb diesen
obersten Werten untergeordnet. An unterster Stelle stehen dann die
instrumentalen Ziele, welche selbst wiederum von den Grundzielen des
Wirtschaftssystems abgeleitet werden. Bei ihnen überwiegt der Mittelcharakter,
ihr Eigenwert ist zumeist gering, sie werden nur deshalb trotzdem unter den
Zielen und nicht den Mitteln behandelt, weil die Politiker keinen unmittelbaren
Zugriff auf diese Variablen haben und deshalb diese Größen nur auf indirektem
Wege beeinflussen können.
Innerhalb der immateriellen Ziele geht es erstens um die Erhaltung der
individuellen Freiheit, mit den Unterzielen:
·
Freihandel einschließlich freier
Dienstleistungsverkehr,
·
Freizügigkeit einschließlich freiem Reiseverkehr
und
·
volle Konvertibilität der Währungen.
Diese Ziele werden in der öffentlichen Diskussion auch als die in der Europäischen
Verfassung garantierten vier Grundfreiheiten angesprochen.
Innerhalb der immaterielle Ziele wird zweitens das Ziel der politischen Unabhängigkeit
angestrebt, das vorwiegend gefährdet wird durch:
·
ZB-Defizite,
·
der Importnotwendigkeit existenzieller Güter,
verbunden mit einem Angebotsmonopol einzelner Länder
·
sowie bei
Spezialisierung auf ein einziges Exportgut.
Übersteigen die Importausgaben für eine längere Zeit die Exporterlöse, ist
ein Land auf Kredite des Auslandes angewiesen. Die Kreditgeber sind dann
zumeist in der Lage, bestimmte Bedingungen zu verlangen, ohne deren Erfüllung
keine Kredite gewährt werden. Auf diese Weise kann ein Land seine politische
Unabhängigkeit einbüßen.
Auch dann, wenn ein Land nicht über die Rohstoffe verfügt, welche zur Produktion
der inländischen Güter notwendig sind, kann dieses Land in eine Abhängigkeit
ausländischer Staaten geraten, vor allem dann, wenn diese Rohstoffe nur von
einem einzigen Staat oder von ganz wenigen Staaten angeboten werden. Hier kann
das Rohstoff anbietende Land weitgehend die Bezugsbedingungen diktieren.
Hat sich schließlich ein Land auf ein einziges Exportgut spezialisiert,
kann es wiederum in Abhängigkeit anderer Länder geraten, dann nämlich, wenn die
weltweite Konjunktur nachlässt und deshalb auch die Nachfrage nach diesem
Exportgut drastisch zurückgeht.
Drittens wird innerhalb der immateriellen Ziele die politische Integration angestrebt.
Es geht hierbei in erster Linie um eine friedliche Austragung regionaler
Konflikten.
Zu den wirtschaftlichen Grundzielen allgemein zählen:
·
Wachstumsniveau und Wachstumsrate des
Inlandsproduktes
·
Allokation und
·
Verteilung der Produktion.
Mit dem wachstumspolitischen Ziel geht es um die globale Wohlfahrt einer Bevölkerung,
bezogen auf die Außenwirtschaft wird das Ziel verfolgt, eine optimale
internationale Arbeitsteilung zu erreichen und auf diese Weise die Weltproduktivität
zu steigern. Auch im Hinblick auf die Weltwirtschaft hängt jedoch die Wohlfahrt
der Weltbevölkerung nicht nur vom Niveau der gesamten Produktion ab, vielmehr
gilt auch hier – genauso wie in der Binnenwirtschaft –, die Aufteilung der
Ressourcen auf die einzelnen Verwendungsarten so aufzuteilen, dass den sehr
unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Bevölkerungsgruppen und
Nationalitäten bestmöglich entsprochen wird, sowie dass die Ressourcen auch
einigermaßen gerecht auf die einzelnen Länder aufgeteilt werden.
Kommen wir schließlich zu den instrumentalen Zielen der Außenwirtschaftspolitik.
Als instrumentale Ziele einer Außenwirtschaftspolitik werden angestrebt:
·
ein ZB-Ausgleich und eine
·
Wechselkursstabilität.
Dies sind auch die beiden Ziele, die nahezu immer im Vordergrund stehen,
wenn über außenwirtschaftliche Probleme diskutiert wird. Der größte Teil der
außenwirtschaftlichen Analysen befasst sich eben mit der Frage, worin denn die
Bestimmungsgründe für Ungleichgewichte in der Devisen- und Leistungsbilanz
eines Landes liegen und auf welchem Wege bestehende Ungleichgewichte auch wiederum
abgebaut werden können. In gleichem Maße befasst sich der größte Teil einer
Außenwirtschaftstheorie mit den tatsächlichen Schwankungen in den Relationen
der einzelnen Währungen, wie sie verursacht werden und mit welchen Mitteln eine
weitgehende Stabilität der Wechselkurse erzielt werden kann.
Kommen wir nun zu der Einteilung der außenwirtschaftspolitischen Mittel. Innerhalb
des Mitteleinsatzes wird erstens nach Eingriffsbereichen unterteilt. Wir
unterscheiden:
·
Devisenmarkt
= Währungspolitik
·
Gütermarkt
= Handelspolitik
·
Arbeitsmarkt
= Wanderungspolitik
·
Kapitalmarkt
= Kapitalpolitik
Es gilt erstens den Devisenmarkt zu beeinflussen, wobei im Vordergrund der Zielsetzungen
die Stabilität des Wechselkurses steht. Wir sprechen hierbei von
Währungspolitik. Im Rahmen der Handelspolitik werden die politischen Einflussnahmen
auf die Güterströme diskutiert, sowohl die Import- wie auch Exportströme. Im
Zeitalter einer Dienstleistungsgesellschaft zählen hierzu nicht nur die Waren
im engeren Sinne, sondern auch die diversen Dienstleistungen, welche über die
nationalen Grenzen hinweg angeboten und in Anspruch genommen werden. Der staatliche Einfluss kann sich aber auch
auf die Produktionsfaktoren beziehen, hier gilt es im Hinblick auf den
Produktionsfaktor Arbeit die Wanderungsströme über die nationalen Grenzen
hinweg zu beeinflussen sowie den internationalen Kapitalverkehr zu regeln.
Innerhalb des Mitteleinsatzes wird zweitens nach Einflussgrößen
unterschieden und zwar nach:
·
Preisen,
·
Mengen und
·
sonstigen Bedingungen.
Eine Außenwirtschaftspolitik kann z. B. über die Einführung oder Erhöhung
von Importzöllen versuchen, den im Inland zu zahlenden Preis für Importgüter zu
erhöhen, um auf diesem Wege den inländischen Unternehmungen Wettbewerbsvorteile
zu verschaffen.
Eine Politik zur Eindämmung der Importe kann jedoch auch z. B. durch Einführung
von Mengenkontingenten die Importgütermenge auf direktem Wege verringern, wiederum
um auf diese Weise die Absatzmöglichkeiten der einheimischen Industrie zu
verbessern.
Schließlich gibt es zahlreiche Versuche, durch nichttarifäre Instrumente
den Importfluss zu beeinflussen, z. B. dadurch, dass die Dauer der Prüfungen an
den Grenzen seitens der Zollbeamten in die Länge gezogen wird, sodass pro Tag
aus diesen technischen Gründen sehr viel weniger ausländische Waren die Grenze
zum Inland überschreiten können.
Innerhalb des Mitteleinsatzes wird drittens nach der Eingriffsintensität
unterschieden. Es geht hierbei um:
·
Rahmenbedingungen;
·
Marktinterventionen des Staates: Agrarmarkt,
Devisenmarkt,
·
Setzen von finanziellen Anreizen (Zöllen,
Prämien),
·
dirigistische Eingriffe: Kontingente und
·
Staatsmonopole (früher in den Ostblockstaaten).
Die Einführung restriktiver Instrumente im Rahmen der Außenwirtschaftspolitik
ist nicht nur ein qualitatives Problem in dem Sinne, dass entweder der internationale
Handel für die Unternehmungen keinen Behinderungen seitens der Staaten
ausgesetzt oder de facto behindert wird, es kommt vielmehr in viel stärkerem
Maße darauf an, wie stark diese Behinderungen sind.
Importzölle können bei maßvollem Einsatz des Zollinstrumentes zu einer
geringfügigen Korrektur der Importströme führen und auf diese Weise unter Umständen
überhaupt erst faire Wettbewerbsbedingungen herbeiführen. Dies war z. B. das
erklärte Ziel Friedrich List’s bei seinem Vorschlag, für Deutschland Erziehungszölle
einzuführen.
List war der Auffassung, dass die deutsche Industrie zu Lebzeiten List’s aufgrund
eines späteren Beginns der Industrialisierung gegenüber England eindeutig
benachteiligt sei und sein zollpolitischer Vorschlag verfolgte das Ziel, diese
Benachteiligung aufzuheben.
Zölle können aber auch ein solches Niveau erreichen, dass sie jeden Import
abwürgen, man spricht in diesem Falle von Prohibitivzöllen.
04. Das Ziel:
ZB-Ausgleich
Wenden wir uns nun den beiden instrumentalen Zielen der Außenwirtschaftspolitik
zu. Hier ist als erstes das Ziel angesprochen, die Zahlungsbilanz auszugleichen.
Beginnen wir mit der Definition der Zahlungsbilanz. Die Zahlungsbilanz
stellt sämtliche Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit dem internationalen
Güter- und Faktorverkehr zusammen. Hierbei lassen sich verschiedene Teilbilanzen
unterscheiden wie Handelsbilanz, Dienstleistungsbilanz Übertragungsbilanz, Leistungsbilanz,
Kapitalbilanz sowie schließlich Devisenbilanz unterscheiden. Folgendes
Schaubild zeigt die Struktur der Zahlungsbilanz: Animation

Hierbei spielt die Leistungsbilanz eine zentrale Rolle:

Es muss allerdings die Frage gestellt werden, ob eine Forderung nach
Ausgleich der ZB überhaupt berechtigt und sinnvoll ist? Zunächst gilt nämlich:
Die gesamte Zahlungsbilanz ist ex definitione ausgeglichen. Die
Ausgleichsforderung kann sich somit allein auf Teilbilanzen beziehen, so etwa
auf die Devisenbilanz oder auf die Leistungsbilanz.
Als Grundidee gilt hierbei die Herstellung des Gleichgewichts. In der
Praxis versucht man z. B. die Leistungsbilanz auszugleichen. Es gilt, auf lange
Sicht eine Gleichheit von Exporterlösen und Importausgaben herbeizuführen. Ein
Land, welches auf Dauer einen Importüberschuss aufweist, lebt auf Kosten des Auslandes.
Es ist nicht in der Lage, mir den Erlösen aus dem Exportgeschäft so viel
Devisen zu erwirtschaften, dass mit dem Exporterlös die oft lebensnotwendigen
Importgüter überhaupt bezahlt werden können. Kein Land ist bereit, anderen
Ländern auf Dauer Güter zur Verfügung zu stellen, die diese nicht bezahlen
können.
Ausgangspunkt ist hierbei die Tatsache, dass sehr viele Nationen nicht über
ausreichend Rohstoffe verfügen, welche zur Produktion unbedingt benötigt
werden. Also müssen diese Rohstoffe aus dem Ausland erworben werden. Um aber
diese Rohstoffe zu erwerben, bedarf es ausländischer Geldeinheiten, der
Devisen. Und diese Devisen erwirbt ein Land dadurch, dass es die im Inland
produzierten Waren exportiert und hierbei die Ausländer mit Devisen bezahlen.
Kritisch gilt es jedoch anzumerken, dass auch Kapitalbewegungen erwünscht
sein können. Deshalb hat Funke vorgeschlagen, nicht die Leistungsbilanz, sondern
die Grundbilanz auszugleichen. Zur Grundbilanz werden zusätzlich zu den Posten
der Leistungsbilanz die langfristigen Kapitalbewegungen hinzugezählt. Animation

Nach einem zweiten Reformvorschlag wird zwischen autonomen und induzierten
Aktivitäten unterschieden. Autonom sind die normalen außenwirtschaftlichen
Aktivitäten, als induziert gelten die Aktivitäten, welche seitens der Staaten
einschließlich der Notenbanken eigens zum Ausgleich der Bilanz durchgeführt werden,
so etwa, wenn die Notenbank oder auch die Regierung Devisen anbietet oder
kauft, mit dem einzigen Zweck, auf diese Weise die Devisenbilanz zum Ausgleich
zu bringen. Bei dieser Unterscheidung wird angestrebt, nur die autonomen
Aktivitäten auszugleichen!

Aber warum ist ein Gleichgewicht der Leistungsbilanz überhaupt erwünscht?
Bei Devisenbilanzdefiziten besteht eine politische Abhängigkeit. Man ist darauf
angewiesen, dass das Ausland im Werte der Importgüter, welche nicht mit Hilfe
der Exporterlöse erworben werden können, Kredite gewährt. Der Kreditgeber hat
hier die bessere Marktposition, er kann die Bedingungen, unter denen die Kredite
gewährt werden, weitgehend bestimmen.
Weiterhin führen Defizite zu Arbeitslosigkeit. Legt man die keynesianische
Theorie zugrunde, so führen Leistungsbilanzdefizite (dLB < 0) zu einem Rückgang
in der Nachfrage, welche eine Reduzierung des Inlandproduktes (Y) herbeiführt
und diese Reduzierung löst selbst wiederum eine Verringerung in der Beschäftigung
aus. Also ist ein Defizit in der Leistungsbilanz auch aus beschäftigungspolitischen
Gründen für erforderlich.

Devisenbilanzüberschüsse (dlB > 0) führen
hingegen zu Inflation. Sie stellen einen Zuwachs in der Nachfrage dar, welche
das nominelle Inlandsprodukt (Y) ansteigen lässt und dieser Anstieg wirkt sich
preissteigernd (P) aus, sobald eine volle Auslastung der Kapazitäten und der
Produktionsfaktoren erreicht ist:

dLB: Leistungsbilanzsaldo
Y: BI
B: Beschäftigung
P: Preisniveau
Überschüsse in der Devisenbilanz wirken weiterhin – legt man die Verteilungstheorie
von Kaldor zugrunde – lohnquotenmindernd. Wir tragen hierzu in einem Diagramm
auf der Abszisse die Gewinnquote und auf der Ordinate die Investitionsquote
(I/Y) sowie die gesamtwirtschaftliche Sparquote sge
ab.
Für die Investitionsquote (I/Y) wird unterstellt, dass sie zumindest
kurzfristig autonom bestimmt wird, sie hängt primär von den langfristigen
Gewinnerwartungen ab und wird somit durch die kurzfristigen Veränderungen in
der Gewinnquote nicht beeinflusst. Wenn wir zu dieser autonom bestimmten Investitionsquote
den Leistungsbilanzüberschuss (LBÜ) hinzuzählen, erhalten wir die gesamte Kaufkraftschöpfung
(von der wirtschaftlichen Aktivität des Staates wird in diesem Modell
abgesehen).
Die Kaufkraftstilllegung wird weiterhin von der gesamtwirtschaftlichen Sparquote
sges bestimmt. Diese errechnet sich aus
der Summe der Sparneigungen der Arbeitnehmer (sl)
und der Selbstständigen (sg), wobei diese
partiellen Sparneigungen jeweils mit dem Anteil dieser beiden
Bevölkerungsgruppen am Inlandsprodukt (also mit der Lohnquote bzw. der
Gewinnquote gewichtet (multipliziert) wird.
Bevor ein Leistungsbilanzüberschuss erzielt wurde, lag das Gleichgewicht zwischen
Kaufkraftschöpfung und Kaufkraftstilllegung bei der Gewinnquote (G/Y)0.
Wird nun ein Leistungsbilanzüberschuss erzielt, steigt die Gewinnquote auf den
Wert (G/Y)1. Dies ist aber gleichbedeutend damit, dass die Lohnquote
(L/Y) sinkt. Animation

Nach einer These von H. Giersch führen weiterhin Ungleichgewichte in der
Leistungsbilanz zu Fehlallokationen. Das Inflationsratengefälle zwischen der
BRD und dem Ausland in den 60ern schwächte den Wettbewerbs- bzw. Innovationsdruck
ab, da aufgrund des permanenten Leistungsbilanzüberschusses die inländischen Unternehmer eine
Quasi-Monopolstellung innehatten. Es fehlten also den inländischen Unternehmern
aufgrund ihrer Marktmacht die Anreize, nach Produktivitätssteigerungen Ausschau
zu halten. Damit bestand aber die Gefahr, dass die BRD gerade wegen ihrer augenblicklichen
besseren Startchancen diese Position langfristig einbüßen müsste.
05. Das
Ziel: Wechselkursstabilität
Wenden wir und nun dem zweiten instrumentalen Ziel der Außenwirtschaftspolitik
zu, dem Ziel der Wechselkursstabilität. Zunächst seien einige Definitionen und
Unterscheidungen festgelegt:
Es gilt erstens zwischen dem Devisenkurs und dem Kurs der eigenen Währung
zu unterscheiden. Wenn wir vom Devisenkurs oder von der Preisnotierung sprechen,
fragen wir, was kosten Devisen in einheimischer Währung berechnet, beispielsweise
wie viel Euro kostet ein Dollar?
Wenn wir hingegen vom Kurs der eigenen Währung bzw. von der Mengennotierung
sprechen, stellen wir uns die Frage, was kostet ein Euro, beispielsweise wie
viel Dollar bekomme ich für einen Euro?
Zweitens lässt sich – zumindest vor Einführung des Euro im Euroraum – auch
zwischen Leitwährungskurs und bilateralem Kurs sprechen. Vor Einführung des
Euro bestand im EWS ein System fester Wechselkurse für die europäischen
Staaten. Dieses System wurde dann bei der Einführung des Euro für den Euroraum
aufgegeben.
Der Leitwährungskurs bezog sich in einem System fester Wechselkurse z. B.
auf die Frage, wie viel ECU (die europäische Leitwährung) für eine DM gezahlt
wurden, während der bilaterale Kurs z. B. festlegte, wie viel Französische
Francs für eine DM zu zahlen waren.
Eine dritte Unterscheidung im Rahmen der Systeme fester Wechselkurse lässt
sich zwischen Leitkursen und Tageskursen bilden. Die Leitkurse beziehen sich
auf die langfristig angestrebten Kurse, die Tageskurse hingegen auf die kurzfristig
geltenden Kurse.
Eine vierte mögliche Unterscheidung besteht zwischen flexiblen und festen
Wechselkursen als System. In einem System fester Wechselkurse ist die Notenbank
zur Stabilisierung der Kurse zu einer Intervention verpflichtet. In einem
System freier Wechselkurse kann die Notenbank intervenieren, sie muss es aber
nicht.
Eine fünfte Unterscheidung bezieht sich auf die Frage, ob die Kurse im
Zeitablauf relativ stabil sind oder starken Schwankungen unterliegen. In der
unten abgebildeten Graphik tragen wir auf der Abszisse die Zeit (t) und auf der
Ordinate den jeweilig gültigen Wechselkurs (w) ab. Hierbei ist es gleichgültig,
ob wir den Verlauf der Devisenkurse oder des Kurses der eigenen Währung
abtragen.
Die weiße Linie zeigt einen Wechselkurs, welcher im Zeitablauf konstant
geblieben ist, was natürlich in der Wirklichkeit nur möglich ist, wenn der
Staat entweder diesen Kurs fixiert oder wenn die Notenbank durch Käufe und
Verkäufe von Devisen bewirkt, dass der Wechselkurs keine Veränderungen erfährt.

Eine letzte sechste Unterscheidung bezieht sich auf nominelle (wn) und reale (wr)
Wechselkurse. Hierbei ist der reale Wechselkurs definiert als:
wr = wn
* Pa / Pi
·
Pa : Preisniveau des Auslandes;
·
Pi : Preisniveau des Inlandes
Wenn der reale Wechselkurs (wr)
hierbei gleich eins ist, spricht man von
Kaufkraftparität, denn dann entsprechen sich der nominelle Wechselkurs (wn) und das Verhältnis der internationalen Preisniveaus
(Pa/Pi). Der Wechselkurs spiegelt hier die Kaufkraft der
Währungen wider. Es gilt:
wn = Pi/Pa
Wenden wir uns nun der Problematik des Stabilitätszieles zu: Begründet wird
das Stabilitätsziel damit, dass das Risiko auf den Devisenmärkten im Allgemeinen
größer ist als auf den Einzelmärkten und dass deshalb die Gefahr besteht, dass
der Außenhandel an zu großem Währungsrisiko scheitert.
Kritisch muss jedoch hinzugefügt werden, dass Möglichkeiten der Kursabsicherung
über die Devisenterminmärkte im Rahmen der Swapsatzpolitik und eines möglichen
Devisenausgleichsfonds bestehen. Beabsichtigt ein Unternehmer für die kommende
Periode einen Import bestimmter Rohstoffe und muss er befürchten, dass der
Devisenkurs in der kommenden Periode steigt, so kann er auf dem
Devisenterminmarkt bereits in der heutigen Periode noch zum niedrigeren Kurs
Devisen für die nächste Periode kaufen und umgeht damit das Risiko eines steigenden
Wechselkurses. Natürlich muss er bei Termingeschäften einen Abschlag in Kauf
nehmen, aber er ist sich dann der tatsächlich entstehenden Kosten klar. Er muss
zwar für das bestehende Risiko bezahlen, kann aber entscheiden, ob dieses
zukünftige Geschäft für ihn gewinnbringend ist oder nicht.
Hat die Regierung oder die Notenbank andererseits einen Devisenausgleichsfonds
gebildet, so können aus diesem Fonds auf dem Devisenmarkt immer dann, wenn der
Devisenkurs stärker steigt als es den realen Veränderungen im Außenhandel
entspricht, Devisen angeboten werden. Dieses Angebot trägt dann dazu bei, dass
der Wechselkurs wiederum fällt.
Besteht ein Ungleichgewicht zwischen Exporterlösen und Importausgaben, so
gibt es stets nur zwei Möglichkeiten zum Ausgleich. Entweder lässt man es zu,
dass die Wechselkurse sich frei nach Angebot und Nachfrage entwickeln können
oder aber man ist bereit, zum Ausgleich der Devisenbilanz Inflationen bzw. Deflationen
zuzulassen. Nehmen wir einmal an, dass die europäische Devisenbilanz gegenüber
den USA negativ sei, dass also die Importausgaben die Exporterlöse übersteigen.
Wenn nun in den USA die Inflationsrate höher ausfällt als in Europa geht
die Importnachfrage nach Gütern aus den USA zurück, da nun die aus USA bezogenen
Waren teurer werden. Umgekehrt steigen die Exportmöglichkeiten Europas an, da
nun die Waren in Europa im Vergleich zu den USA relativ billiger werden. Das
Devisenbilanzdefizit wird somit über Inflations- oder Deflationsprozesse
abgebaut. Das Devisendefizit hätte aber auch dadurch beseitigt werden können,
dass die eigene Währung de facto abgewertet worden wäre.
Hierbei hätte diese Abwertung entweder im Rahmen eines Systems flexibler
Wechselkurse automatisch durch das Wirken der Marktkräfte erfolgen können oder
aber die Abwertung der eigenen Währung wäre in einem System grundsätzlich
fester Wechselkurse durch die Regierungen durchgeführt worden. Natürlich
besteht der Sinn eines Systems fester Wechselkurse darin, dass der Wechselkurs
möglichst konstant bleibt. Wir müssen jedoch mit der Möglichkeit rechnen, dass
die Notenbank aus den verschiedensten Gründen gar nicht mehr in der Lage ist,
durch Interventionen auf dem Devisenmarkt den Kurs zu halten und dass aus
diesen Gründen die Leitkurse neu festgesetzt werden müssen.
Gehen wir z. B. von einem Defizit in der Devisenbilanz aus. Damit würde der
Markt ohne Intervention der Notenbank zu einer Abwertung der eigenen Währung
führen. Um diese Abwertung zu verhindern, müsste die Notenbank Devisen
anbieten. Dies kann sie aber nur dann, wenn sie in ausreichendem Maße über
Devisenvorräte verfügt. Übersteigen nun für längere Zeit die Importausgaben die
Exporterlöse, muss notwendiger Weise eines Tages der Devisenvorrat der
Notenbank erschöpft sein, so dass sie nicht mehr in der Lage ist, eine de facto
Abwertung der eigenen Währung zu verhindern.
Zusammenfassung:
01. Zur Außenwirtschaft zählen alle wirtschaftlichen Aktivitäten, bei denen
entweder sowohl Inländer als auch Ausländer beteiligt sind und/oder bei denen
grenzüberschreitende Transaktionen stattfinden.
02. Eine besondere Behandlung außenwirtschaftlicher Probleme wurde von den
Klassikern der Wirtschaftswissenschaft erstens deshalb für notwendig erachtet,
weil unterschiedliche Bedingungen vor allem im Zusammenhang mit der Mobilität
der Produktionsfaktoren auch unterschiedliche Ergebnisse zur Folge haben.
Während z. B. in der Binnenwirtschaft die absoluten Kosten den Ausschlag geben,
gelte in der Außenwirtschaft die Theorie der komparativen Kosten.
03. Auch unterschiedliche politische Rahmenbedingungen führen zweitens zu
unterschiedlichen Ergebnissen in Binnen- und Außenwirtschaft. In der Binnenwirtschaft
gilt die Forderung nach Gleichbehandlung aller Bürger, während importierte
Waren sehr wohl mit Sonderabgaben (Zöllen) belegt werden können. Als Folge wird
in der Außenwirtschaft das Gesetz des Güterpreisausgleichs außer Kraft gesetzt.
04. Eine eigene Theorie und Politik der Außenwirtschaft erscheint drittens
auch deshalb angezeigt, da es nur in der Außenwirtschaft Devisenmärkte gibt. Während
auf allgemeinen Märkten bereits dann mit Gleichgewichtstendenzen zu rechnen
ist, wenn die Summe der Preiselastizitäten größer null ist, gilt für den
Devisenmarkt die Marshall-Lerner-Bedingung, wonach der Devisenmarkt nur dann
ein Gleichgewicht garantiert, wenn die Summe der Importnachfrageelastizitäten
des In- und Auslandes größer eins ist. Bei dieser Formel spielt die Unterscheidung
zwischen Mengen- und Wertelastizitäten eine Rolle. Bei endlichen Angebotselastizitäten
gilt allerdings die etwas günstigere Robinsonbedingung.
05. Gleichzeitig wurden für Märkte im Allgemeinen möglichst flexible und anpassungsfähige
Preise postuliert, während zumindest ein Teil der Ökonomen für den Devisenmarkt
stabile Kurse verlangt.
06. Das allgemeine Ziel-Mittel-Träger-Schema
lässt sich auch auf die Außenwirtschaftspolitik übertragen. Zu den
immateriellen Zielen der Außenwirtschaftspolitik zählen hierbei Freihandel,
Freizügigkeit, freie Konvertibilität der Währungen, politische Unabhängigkeit
und Integration einzelner Länder. Das wirtschaftliche Grundziel aller
außenwirtschaftlichen Aktivitäten besteht darin, dass sich jedes Land auf die
Güter spezialisiert, in denen es komparative Vorteile aufweist.
07. In verteilungspolitischer Hinsicht kann Freihandel sowohl die
internationalen Faktorpreisverhältnisse beeinflussen, wobei im allgemeinen eine
Nivellierungstendenz unterstellt wird, als auch die interne Einkommensverteilung
verändern, wobei der jeweils bei Autarkie knappe Faktor aufgrund des
Freihandels Einbußen zu befürchten hat.
08. Die Instrumente der Außenwirtschaftspolitik lassen sich nach
Eingriffsbereichen und nach der Eingriffsintensität einteilen. So befasst sich
z. B. die Währungspolitik mit Eingriffen in den Devisenmarkt, die
Handelspolitik mit Eingriffen in die Gütermärkte. Eine marktkonforme
Eingriffsintensität liegt vor, wenn sich der Staat auf die Festlegung von
Rahmenbedingungen beschränkt, inkonforme Eingriffe liegen insbesondere bei
Kontingentierungen vor.
09. Das Ziel eines ZB-Ausgleiches bezieht sich stets auf eine Teilbilanz
der gesamten Zahlungsbilanz, da letztere ex definitione stets ausgeglichen ist.
Im Allgemeinen wird ein Ausgleich der Leistungs- oder der Devisenbilanz
gefordert. Dahinter steht die Gleichgewichtsidee.
10. Allerdings wird dem Gleichgewichtsgedanken bei Zugrundelegung der Leistungsbilanz
nur sehr unvollkommen entsprochen. Es gibt deshalb Vorschläge, die Grundbilanz
(Leistungsbilanz + langfristiger Kapitalverkehr) oder die Bilanz autonomer
Aktivitäten zum Ausgleich zu bringen. Aber auch hier ergeben sich praktische
Schwierigkeiten.
11. Ein Ausgleich der Devisenbilanz ist aus mehreren Gründen erwünscht. So
führen längerfristige Defizite in der Devisenbilanz zu politischer Abhängigkeit
zum Gläubigerland. Keynesianisch betrachtet wirken sich Leistungsbilanzdefizite
beschäftigungsmindernd aus. Aber auch Überschüsse der Teilbilanzen wirken sich
wohlfahrtsmindernd aus, sie erzeugen Inflation, verringern die Lohnquote und
bewirken eine Fehlallokation aus neoklassischer Sicht.
12. Unter Wechselkurs versteht man das Austauschverhältnis zweier Währungen
zueinander. Der Devisenkurs informiert darüber, was eine ausländische Währung
in inländischer Währung kostet, während der Euro-Kurs angibt, welchen Wert die
eigene Währung in ausländischen Währungseinheiten erzielt. Man unterscheidet zwischen
Leitwährungskursen und bilateralen Kursen, zwischen Leitkursen und Tageskursen.
13. Auch ist die Frage nach dem Währungssystem (feste oder flexible Kurse)
zu trennen von der Frage nach stabilen und instabilen Bewegungen des Wechselkurses
im Zeitablauf.
14. Der reale Wechselkurs errechnet sich daraus, dass man den nominellen
Wechselkurs mit dem Preisverhältnis Pa/Pi gewichtet. Bei Wahrung der Kaufkraftparität
erreicht der reale Wechselkurs gerade den Wert eins.
15. Die Forderung nach möglichst stabilen Wechselkursen überrascht
zunächst, da sich die Preise einzelner Güter möglichst flexibel verhalten
sollten, und da fast jede Datenänderung eine Anpassung des Preises an die
veränderte Knappheitslage verlangt.
16. Begründet wird die Forderung nach Wechselkursstabilität wie folgt: Auf
einzelnen Gütermärkten sind die Bedingungen des Marktes (Bedarf, Anzahl und
Verhalten der Konkurrenten, Kosten der Rohstoffe etc.) überschaubar, sodass
auch das unternehmerische Risiko nicht übermäßig hoch erscheint. In den
Wechselkurs gehen jedoch Änderungen in allen Gütern, die international gehandelt
werden, und aller Länder, die sich am Außenhandel beteiligen, ein und damit ist
das Wechselkursrisiko wesentlich höher als das Risiko des einzelnen Gütermarktes.
17. Kein Unternehmer kann über alle Änderungen in diesen Daten informiert
sein, sodass das Risiko des Außenhandels bei freien Wechselkursen so hoch ausfallen
muss, dass ohne Risikenschutz überhaupt kein nennenswerter Außenhandel zustande
kommt.
18. Kritisch muss darauf hingewiesen werden, dass über Devisentermingeschäfte
und Swapsatzpolitik der Notenbanken dieses Risiko verringert werden kann.
Weiterhin ist zu bedenken, dass Ungleichgewichte in den Devisenbilanzen immer
nur entweder durch Wechselkursanpassungen oder durch Inflations- und Deflationsprozesse
abgebaut werden können.
Fragen zu Kapitel 1:
01. Nach welchen zwei Aktivitäten werden Maßnahmen der Außenwirtschaftspolitik
von Maßnahmen der Binnenwirtschaftspolitik unterschieden?
02. Die gesonderte Behandlung
außenwirtschaftlicher Fragen wird erstens damit begründet, dass in der
Außenwirtschaft andere Bedingungen vorliegen. Worin bestehen diese
Besonderheiten?
03. Wie wirkt sich die geringere Mobilität in der Außenwirtschaft aus?
04. Inwiefern gelten im Außenhandel auch andere Rahmenbedingungen?
05. Inwiefern gelten auf Devisenmärkten andere Bedingungen als auf allgemeinen Märkten?
06. Welche immateriellen Ziele
werden in der Außenwirtschaftspolitik verfolgt?
07. Wodurch kann bei einem anhaltenden Devisenbilanzdefizit die politische
Unabhängigkeit gefährdet werden?
08. Welche anderen Umstände können ein Land in die politische Abhängigkeit
führen?
09. Warum wird ein Zahlungsbilanzausgleich angestrebt, obwohl die Zahlungsbilanz
doch ex definitione ausgeglichen ist?
10. Welche Grundidee liegt der Forderung nach Ausgleich der Devisen- oder
Leistungsbilanz zugrunde?
11. Worauf wird abgehoben, wenn man einerseits zwischen stabilen und instabilen
Wechselkursen und andererseits zwischen festen und flexiblen Wechselkursen
unterscheidet?
12. Warum fordert ein Teil der Wirtschaftswissenschaftler die Stabilität
der Wechselkurse, obwohl von den allgemeinen Preisen eine permanente Anpassung
an die Datenänderungen verlangt wird?
Antworten zu Kapitel 1:
01. Es gibt zwei Kriterien, Maßnahmen der Außenwirtschaftspolitik von den Maßnahmen
der Binnenwirtschaftspolitik zu unterscheiden. Nach einem ersten Kriterium wird
danach gefragt, ob nicht nur Inländer, sondern auch Ausländer an den
Aktivitäten beteiligt sind. Nach einem zweiten Kriterium wird danach gefragt,
ob die Transaktionen grenzüberschreitend sind.
02. Besondere Bedingungen liegen in der Außenwirtschaft insofern vor, als
die Mobilität über Grenzen hinweg geringer ist als innerhalb einer
Volkswirtschaft.
03. In der Binnenwirtschaft entscheiden die absoluten, in der Außenwirtschaft
hingegen nur die komparativen Kosten über das Zustandekommen von Marktbeziehungen.
04. Während in der Binnenwirtschaft
die Gleichheit vor dem Gesetz gilt, können beim Außenhandel die Güter, welche
mit dem Ausland gehandelt werden, mit Zöllen belegt werden.
05. Die Gleichgewichtsbedingung auf allgemeinen Märkten besagt, dass die
Summe der absoluten Elastizitäten größer null sein muss. Ein Devisenmarkt verfügt
nur dann über eine Gleichgewichtstendenz, wenn entsprechend der Marshall-Lerner-Bedingung die Summe der Elastizitäten größer eins ist.
06. Als immaterielle Ziele der
Außenwirtschaftspolitik gelten die individuelle Freiheit der an der
Außenwirtschaft beteiligten Personen, die politische Unabhängigkeit vom Ausland
sowie die Integration der einzelnen Volkswirtschaften.
07. Die politische Unabhängigkeit kann durch anhaltende Devisenbilanzdefizite
gefährdet werden, da die Gläubigerländer den Schuldnerländern die Bedingungen
diktieren können, die notwendig sind, um das Devisenbilanzdefizit zu verringern.
08. Der Mangel an eigenen Rohstoffen kann eine Volkswirtschaft in Abhängigkeit
ausländischer Staaten bringen. Auch die Spezialisierung auf einige wenige
Exportgüter kann Abhängigkeiten zum Ausland schaffen, wenn die Nachfrage nach
diesen Gütern weltweit zurückgeht.
09. Das Ziel des Zahlungsbilanzausgleiches bezieht sich immer nur auf
Teilbilanzen, da die gesamte Zahlungsbilanz ex definitione immer ausgeglichen
ist.
10. Der Forderung nach Ausgleich der Devisen- und Leistungsbilanz liegt die
Grundidee zugrunde, dass eine Volkswirtschaft nur dann Bestand hat, wenn vorübergehende
Ungleichgewichte stets abgebaut werden.
11. Bei der Unterscheidung zwischen stabilen und instabilen Wechselkursen
wird nach dem zeitlichen Verlauf der Wechselkurse gefragt, bei der Unterscheidung
nach festen und flexiblen Wechselkursen stehen hingegen unterschiedliche
Wechselkurssysteme zur Diskussion.
12. Diese Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern geht davon aus, dass das
mit dem Außenhandel verbundene Risiko wesentlich höher sei als das allgemeine
Unternehmerrisiko bei binnenwirtschaftlichen Entscheidungen. Kein Unternehmer
sei in der Lage, alle Datenänderungen, die in die Wechselkursänderungen
eingehen, zu überschauen.