Internationale Konflikte lassen sich grundsätzlich auf zweierlei Weise lösen bzw. es kann der Versuch unternommen werden, sie auf zweierlei Weise zu lösen uznd zwar über kriegerische Auseinandersetzungen sowie auf friedliche Weise auf dem Wege von Verhandlungen.
Wird ein Staat angegriffen, so ist es sein gutes Recht, sich mit Waffengewalt zu verteidigen. Allerdings kann nicht davon ausgegangen werden, dass der angegriffene Staat auch in der Lage ist, stets den Angriff abzuwehren und als Sieger hervorzugehen. Wer bei einer kriegerischen Auseinandersetzung als Sieger hervorgeht, hängt einzig und allein von den gegenseitigen Machtverhältnissen ab, also vor allem davon, welcher Staat (der Aggressor oder der angegriffene Staat) die höhere Militärstärke, die bessere Ausrüstung mit Kriegsmaterial und die größere Bevölkerung und damit auch die besseren Möglichkeiten zur Rekrutierung weiterer Soldaten aufweist. Auch spielt hierbei eine entscheidende Rolle, welcher Staat eher bereit ist, Völkerrecht zu brechen, also z. B. ABC-Waffen einzusetzen. Eine geringere Moral nützt dem Aggressor.
In Anbetracht dieser Zusammenhänge kann ein Staat, der angegriffen wird, bisweilen per saldo besser abschneiden, wenn es gelingt, die kriegerischen Auseiandersetzungen zu beenden und Verhandlungen zu führen. Eine solche Lösung hat für den angegriffenen Staat auf jeden Fall den Vorteil, dass keine weiteren Menschenverluste sowie keine weiteren Zerstörungen wirtschaftlicher Güter zu befürchten sind.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Staat bei Verhandlungen per se die besseren Karten hat und deshalb zu seinem Recht kommt. Auch Verhandlungen können damit enden, dass der potentiell angegriffene Staat hohe Verluste erfährt und sein Recht nicht durchsetzen kann. Aber immerhin ist nicht davon auszugehen, dass per se - wie bei einer kriegerischen Auseinandersetzuung - der jeweils kleinere Staat das Nachsehen hat.
Finden Verhandlungen statt, so kommt es entscheidend darauf an, unabhängige Vermittler zu finden, welche von beiden Ländern anerkannt werden. Diese Vermittler müssen darüber hinaus über Einfallsreichtum verfügen, also Themenbereiche finden, welche beiden Seiten Vorteile bringen.
Verhandlungen können darüber hinaus nur dann zum Erfolg führen, wenn beide Seiten zu echten Kompromissen bereit sind. Wenn die Verhandlungspartner von vornherein alle Punkte, welche für das gegnerische Land von essentieller Bedeutung sind, als nicht verhandelbar erklären und bei dieser Haltung verharren, kann keine Verhandlungslösung erreicht werden. Nur wenn der eine Staat zu echten Kompromissen bereit ist, kann er erwarten, dass sein Gegner ebenfalls zu echten Kompromissen bereit ist.
Auch gefährdet es eine Verhandlungslösung, wenn der Partner immer wieder vor der Öffentlichkeit als Kriegsverbrecher beschimpft wird, der vor ein Kriegsgericht gestellt werden müsste. Die Vorwürfe mögen noch so berechtigt sein, es besteht hier stets die Gefahr, dass der Gegner die Beherrschung verliert und schließlich zu kriegerischen Handlungen selbst dann zurückkehrt, wenn dies seinem Land schadet. Dies bedeutet nicht, dass man die aggressive Haltung des Gegners akzeptiert. Es wird aber im Endergebnis mehr erreicht, wenn man sich darauf beschränkt, sachlich darauf hinzuweisen, dass man selbst diese Handlungen für falsch hält.
Verhandlungen führen nur dann zu einem Erfolg, wenn es dem Vermittler gelingt, Lösungen zu finden, bei denen keiner der beiden Gegner das Gesicht verliert. Beide Länder müssen im Endergebnis davon überzeugt sein, dass sie einen gewissen Erfolg erreicht haben.
Dieses Plädoyer zugunsten von Verhandlungslösungen bedeutet allerdings nicht, dass eine einseitige Abrüstung erwünscht sei, weil ja ohnehin kriegerische Auseinandersetzungen unerwünscht seien. Ein einseitiges Abrüsten verringert die Kriegsgefahr nicht, ganz im Gegenteil wird die Gefahr eines Angriffskrieges auf diese Weise vergrößert.
Ob ein potentieller Aggressor zur Aggression bereit ist, hängt nämlich von zwei Faktoren ab und zwar einmal von der Wahrscheinlichkeit, dass der Aggressor mit der Aggression auch Erfolg hat, zum anderen, ob die Kosten, welche dem Aggressor bei einer Aggression selbst entstehen, einen geringeren Wert aufweisen als das Ziel, das mit einer Aggression angestrebt wurde.
Rüstet ein Land einseitig ab und vergrößert damit den Abstand der beiderseitigen Militärstärke, so vergrößert sich automatisch die Wahrscheinlichkeit, dass der Aggressor als Sieger aus der kriegerischen Auseinanderdsetzung hervorgeht, die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Aggression kommt, steigt also.
Auf der anderen Seite hat auch der Aggresor mit Verlusten bei einer Aggression zu rechnen. Diese Verluste sind um so größer, je größer die Streitmacht des angegriffenen Landcs ist. Nach einer einseitigen Abrüstung verliert dieser Staat jedoch die Fähigkeit, seinem Gegner größeren Schaden zuzufügen mit der Folge, dass es wiederum wahrscheinlicher wird, dass die Kriegskosten des Aggressors den Wert des mit der Aggression verbundenen angestrebten Zieles nicht übersteigen. Die Kriegsgefahr steigt deshalb bei einer einseitigen Abrüstung auch aus diesem zweiten Grund.
Natürlich bleibt bestehen, dass eine allgemeine Abrüstung aller Staaten nach wie wünschenswert ist. Auf diese Weise würden zumindest die Verluste an Menschen und an wirtschaftlichen Werten bei einem Kriegsausbruch reduziert. Auch besteht bei einem Verzicht auf einseitige Abrüstung die Chance, dass beide Staaten zu einer beidseitigen Abrüstung bereit sind. An dem Machtverhältnis ändert sich nämlich in diesem Falle nichts, die bei kriegerischen Handlungen auftretenden Verluste sind jedoch geringer. Auch muß zur Erhaltung der Militärmacht insgesamt weniger aufgewandt werden, was automatisch bedeutet, dass andere Ziele realisiert werden können. Der potentielle Aggressor wird bei einer einseitigen Abrüstung seines Gegners wohl kaum bereit sein, ebenfalls selbst abzurüsten, er würde ja dann seine Machtposition schwächen.
Voraussetzung dafür, dass es zu einer beidseitigen Abrüstung kommt, besteht allerdings darin, dass beide Staaten darauf vertrauen können, dass die jeweils anderen Staaten auch tatsächlich abrüsten. Auch von dieser Seite aus ist es wünschenswert, dass darauf verzichtet wird, Agressoren immer wieder als Verbrecher hinzustellen, welche von einem internationalen Kriegsgericht verurteilt werden sollten. Aggressoren kann man mit Erfolg erst dann aburteilen, wenn sie selbst besiegt sind. Werden potentielle Aggressoren immer wieder als Verbrecher bezeichnet, schwindet das wechselseitige Vertrauen und dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit einer wechselseitigen Abrüstung verringert wird.