Innerhalb der Koalition, aber auch bei der EU wird die Forderung erhoben, weitere Preissteigerungen bei Gas zu verbieten, also den Gaspreis zu deckeln. Würde man diesen Schritt gehen, wäre dies sicherlich die schlechteste aller möglichen Lösungen.
Preise haben in einer Marktwirtschaft die Funktion, die Knappheit einzelner Güter anzuzeigen. Wird der Gaspreis gedeckelt, entfällt diese Anzeige. Trotzdem ist die Knappheit in keinster Weise beseitigt oder auch nur vermindert worden.
Ganz im Gegenteil. Der Preis hat nämlich in einer Marktwirtschaft eine weitere Funktion und zwar die Knappheit baldmöglichst zu überwinden. Lässt man eine Preissteigerung nicht zu, werden diese Kräfte außer Kraft gesetzt. Eine Lösung kann nur erwartet werden, wenn entweder das Angebot erweitert und/oder die Nachfrage reduziert wird. Eine Preissteigerung bewirkt genau diese beiden Verhaltenskorrekturen.
Preissteigerungen bedeuten für die Anbieter eines Gutes einen Anreiz mehr anzubieten, da eine Preissteigerung zumindest vorübergehend eine Gewinnsteigerung ermöglicht. Preissteigerungen bedeuten hingegen für die Nachfrager einen Anreiz, von dem knappen Gut weniger nachzufragen und auf andere Güter auszuweichen. Eine Preissteigerung führt somit auf einem zweifachen Weg zu einer Verminderung der Knappheit: Das Angebot steigt, die Nachfrage sinkt.
Natürlich haben Preissteigerungen im Energiesektor eine Wohlfahrtsminderung für fast die ganze Bevölkerung zur Folge. Aber lässt man Preissteigerungen zu, ist diese Wohlfahrtsminderung nur vorübergehend. Für Empfänger geringen Einkommens, welche sich nahe an der Armutsgrenze befinden, ist allerdings auch eine vorübergehende Verminderung ihrer Wohlfahrt nicht zu ertragen. Hier muss Abhilfe in Form von staatlichen Geldzuschüssen gewährt werden.
Eine solche Beschränkung der staatlichen Zuwendungen auf die Empfänger geringen Einkommens vermindert die positiven Funktionen einer Preissteigerung nicht nennenswert. Nachwievor haben die Anbieter ein Interesse an einer Angebotsausweitung, auch die Empfänger mittlerer oder höherer Einkommen haben einen Anreiz, ihre Nachfrage zu drosseln. Für die Empfänger geringer Einkommen besteht in diesem Falle zwar kein Anreiz, ihre Nachfrage zu vermindern, dieser Anreiz würde jedoch auch ohne staatliche Geldzuschüsse kaum zur Wirkung kommen: wer nur das Existenzminimum nachfragt, kann auch seine Nachfrage nicht spürbar vermindern.
Diese Überlegungen gelten allgemein für alle Güter. Im Hinblick auf die Energie-Nachfrage gilt es zu berücksichtigen, dass aus umweltpolitischen Gründen ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig ist, sodass die Anpassung bei Preissteigerungen in diesem Sektor vor allem darin bestehen sollte, dass die Nachfrage nach fossilen Energieträgern gedrosselt wird und auf der Angebotsseite nicht das Angebot an fossilen Energieträgern, sondern an alternativen, umweltfreundlichen Energien ausgeweitet wird.